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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda
Autoren: Magdalen Nabb
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Kinder, kleine Sorgen, große Kinder…«
    Als sie außer Hörweite waren, wiederholte sie lachend: »›Ich hoffe, du machst dir ins Hemd‹, hast du das gehört? Für die Kleine muß das wohl das Schlimmste gewesen sein, was sie ihrer Mutter wünschen konnte, auch wenn sie den Ausdruck sicher noch nicht versteht.«
    Der Maresciallo fand das offenbar gar nicht lustig.
    »Was ist denn mit dir? Du warst schon beim Mittagessen so einsilbig.«
    »Nichts, es ist nichts… ich bin nur ein bißchen müde.«
    »Salva, wenn du dich nicht gut fühlst, hätte ich auch allein gehen können.«
    »Nein, nein.« Sie bogen in die Via dei Cardatori ein und betraten kurz darauf das Schulhaus.
    Wie konnte man wissen, was für die Kinder richtig war? Gesagt wurde es einem ja nicht. Man wurstelte sich recht und schlecht durch und suchte nach der hoffentlich richtigen Lösung für ein Problem nach dem anderen. Früher, ja, da hatten die Eltern sich an überlieferte Regeln gehalten, die niemand in Frage stellte und die nicht aus der Mode kamen. Er konnte sich nicht vorstellen, daß seine Mutter je an ihren Grundsätzen gezweifelt hatte: Aber die war ja auch tagaus, tagein damit beschäftigt gewesen, ihre Kinder zu Sauberkeit und Anstand zu erziehen und dafür zu sorgen, daß sie satt zu essen hatten. Und deren Zukunft, das war für sie ein ordentlicher Beruf und eine krisenfeste Arbeitsstelle, auf daß sie weiter sauber und anständig bleiben und satt zu essen haben würden. Und er? Wie sollte er wissen, ob Toto zusammen mit seinen Freunden in der englischen Leistungsgruppe besser abgeschnitten hätte als im Französischkurs in dem scheinbar günstigeren, weil kleineren Klassenverband? Der Gedanke, sein Sohn könne sitzenbleiben, erschreckte ihn, aber weil er das nicht zugeben wollte, behauptete er störrisch: »Das wird ihm gut tun, es wird ihm eine Lehre sein.« Wirklich? Woher wollte er das wissen? Und wenn die Jungs größer wurden, drohten ja noch viel heiklere Entscheidungen, die er sich erst recht nicht zutraute. Wie schaffte Teresa das alles nur so spielend? Kamen ihr denn nie Bedenken, ihre Kinder könnten sich eines Tages gegen sie wenden und ihr die Schuld an irgendeiner falschen Weichenstellung geben?
    »Salva!«
    »Was ist?«
    »Du sollst dich hinsetzen.« Und als die Lehrerin sich abwandte, um die Frage eines Kollegen zu beantworten, flüsterte Teresa ihm zu: »Versuch doch wenigstens so zu tun, als ob du zuhörst, mein Gott!«
    Vormittags war er in dem Krankenhaus gewesen, in dem Olivia Birkett seit zwei Wochen wegen katarrhalischer Lungenentzündung behandelt wurde. Als er kam, waren die Fotografen bei der Contessa, und er hatte auf dem Flur warten müssen, wo Elettra Cavicchioli Zelli sich einen erbitterten Disput mit Caterina Brunamonti lieferte. Die Damen waren so in Fahrt, daß er den im hitzigen Flüsterton geführten Wortwechsel schon hörte, als die beiden ihn noch gar nicht bemerkt hatten. Elettras Stimme drang als erste an sein Ohr.
    »Es ist völlig egal, ob die das was angeht oder nicht. Und ich finde es nur natürlich, daß sie auch ein paar Blumen auf ihren Fotos haben wollen. Sogar der Arzt hat sich erkundigt, wo sie geblieben sind, verdammt noch mal! Also, wo zum Teufel sind sie, angefangen mit den meinen – Freesien, ihren Lieblingsblumen?«
    »Die Schwestern haben sich beschwert, weil es viel zu viele waren. Das ist schließlich eine Klinik und kein Opernhaus. Sie kann hier nicht die Primadonna spielen.«
    »Ich faß es nicht! Und Patricks Orchideen? Du willst mir doch nicht erzählen, du hättest einen ganzen Korb voll Orchideen weggeworfen?«
    »Ich habe gar nichts weggeworfen. Ich habe alle Sträuße für sie nach Hause geschafft.«
    »Für sie? Oder für dich?«
    Einer der Fotografen steckte den Kopf durch die Tür.
    »Signorina? Könnten wir eine Aufnahme von Ihnen am Bett Ihrer Frau Mutter haben?« Und Caterina enteilte, das Kameralächeln bereits im Gesicht.
    »Maresciallo! Ach, bin ich froh, Sie zu sehen! Sie können sich ja nicht vorstellen, was hier los ist! Aber erst die gute Nachricht: Olivia ist außer Gefahr. Das Fieber ist runter, und der Arzt meint, von nun an würde sie sich daheim, in ihrer vertrauten Umgebung, besser erholen als hier. Und jetzt kommt’s: Der Doktor sagt, Leo habe ihn gebeten, sie noch eine Woche länger in der Klinik zu behalten!«
    »Ihr Sohn wollte das?« Guarnaccias Blick folgte der Tochter, in der er die wahre Übeltäterin vermutete.
    »Ich weiß, was Sie denken,
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