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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Familiennamen zu unterschreiben, und man muss seine eigenen Handtücher mitbringen. Die ganze Anlage wirkt leicht schmuddlig, so dass Hannah ihre Badeanzuglüge trotz des schwülen Frühabends keineswegs bereut. »Wie habt ihr euch kennengelernt, du und Darrach?«, fragt sie.
    |25| »Kennst du die Geschichte noch nicht? Oh, sie wird dir gefallen. Also – ich wohne in einer Hausgemeinschaft mit meinen durchgeknallten Freunden; einer der Typen nennt sich Panda und stellt bunten Glasschmuck her, den er quer durch das ganze Land karrt und auf Parkplätzen verkauft, wo immer Konzerte stattfinden. Ich habe gerade meinen ersten Job angetreten, und unter meinen Patienten gibt es diesen seltsamen alten Mann, der an mir einen Narren frisst. Er hat Bauchspeicheldrüsenkrebs, kaum ist er gestorben, stellt sich heraus, dass er mir einen Batzen Geld vererbt hat. Ich glaube, so an die fünftausend Dollar, heute wären das ungefähr achttausend. Zunächst kann ich gar nicht glauben, dass ich es behalten darf. Ein vor Urzeiten vergessener Verwandter muss doch aus der Torte springen. Aber die Anwälte setzen alle Hebel in Bewegung, ohne einen einzigen Verwandten ans Licht zu zerren. Das Geld gehört also wirklich mir.«
    »Unglaublich«, sagt Hannah.
    »Wenn ich so schlau wäre wie dein Vater, hätte ich es zur Bank gebracht. Doch stattdessen spende ich einen Teil an eine Stiftung für Krebskranke, weil ich solche Schuldgefühle habe, und mit dem Rest schmeiße ich eine Party. Du ahnst ja nicht, was es für mich bedeutete. Ich war immer so schüchtern und unsicher gewesen, aber dann sagte ich mir, scheiß drauf, und ich gab allen Bescheid, die ich kannte, und meine Mitbewohner sagten allen Bescheid, die sie kannten, und wir engagierten eine Band, die im Hinterhof spielen sollte. Es war im August, wir hatten Fackeln aufgestellt und massenweise Essen und Bier aufgefahren, und es kamen Hunderte von Leuten. Alles tanzte und schwitzte, es war einfach eine großartige Party. Und da taucht mit einem Kumpel dieser große, dürre Ire auf, der attraktivste Mann, der mir je begegnet ist. Der Ire sagt zu mir: ›Du bist Rachel, stimmt’s?‹ Ich sage: ›Wer zur |26| Hölle ist Rachel?‹ Er sagt: ›Rachel, die Gastgeberin.‹ Und so stellt sich heraus, dass er und sein Freund – Mitch Haferey, der später Rorys Patenonkel wurde – auf der falschen Party gelandet sind. Sie hätten eine Straße weiter gehen müssen, aber sie hatten die Musik gehört und kamen gleich zu uns, ohne die Adresse zu überprüfen. Drei Monate später heirateten Darrach und ich.«
    »Und lebtet glücklich miteinander allezeit.«
    »Ich sage ja nicht, dass wir besonders klug vorgegangen sind. Wir haben es vermutlich etwas übereilt, aber wir hatten tatsächlich Glück. Und wir waren längst keine Kinder mehr. Ich war damals siebenundzwanzig, und Darrach war zweiunddreißig.«
    »Julia Roberts ist dreiundzwanzig.«
    »Großer Gott! Sie ist ja noch ein halbes Kind.«
    »Sie ist doch nur vier Jahre jünger, als du damals warst!«, sagt Hannah. Mit dreiundzwanzig ist man ganz bestimmt kein Kind mehr: Man hat das College abgeschlossen (Julia Roberts ist gar nicht erst hingegangen – sie ist mit siebzehn von Smyrna nach Hollywood abgehauen, einen Tag nach ihrem High-School-Abschluss). Man hat einen Job und wahrscheinlich auch ein Auto, man darf Alkohol trinken, man lebt nicht mehr bei seinen Eltern.
    »Oh!«, sagt Elizabeth. »Sieh mal, wer hier ist.« Rory steht neben Elizabeths Stuhl, mit klappernden Zähnen hinter bläulichen Lippen, er zittert am ganzen Körper. Seine schmalen Schultern hängen herab; sein Oberkörper ist ganz bleich, wie pfirsichfarbene Münzen stechen seine Brustwarzen hervor. Elizabeth wickelt Rory in ein Handtuch und zieht ihn auf den Liegestuhl, den sie nach hinten kippen lässt, und als Hannah die ersten Anzeichen des Küss- und Tröst-Rituals erkennt, steht sie auf. Das Ritual ist zwar herzallerliebst, aber weniger für die Öffentlichkeit bestimmt.
    |27| »Ich geh dann mal«, sagt sie. »Ich muss noch meine Schwester anrufen.«
    »Willst du nicht lieber warten und mit uns im Auto heimfahren?«, fragt Elizabeth. »Wir brechen bald auf.«
    Hannah schüttelt den Kopf. »Ein bisschen Bewegung kann nicht schaden.«
     
    Heiraten bedeutet also: Du wurdest einmal von wenigstens einem Mann geliebt; du warst diejenige, die er über alles liebte. Aber wie bringst du einen Mann dazu, dich derart zu lieben? Bemühst du dich um ihn oder er sich um dich?
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