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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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küsst ihm Wangen und Nase ab. »Hier ist mein Junge also«, sagt sie. »Hier ist mein großer hübscher Junge.« Rory quietscht und windet sich.
    Im Schwimmbad sitzen Elizabeth und Hannah nebeneinander auf weißen Plastikliegestühlen. Elizabeths Badeanzug ist braun, am Bauch wirft das Material Falten, auf die Hannah mehrmals verstohlen blickt, bevor ihr klar wird, woher die Falten rühren. Weil es aber unhöflich wäre, direkt zu fragen, sagt sie: »Ist dieser Badeanzug neu?«
    »Machst du Witze?«, antwortet Elizabeth. »Den hab ich, seit ich mit Rory schwanger war.«
    Also ist es tatsächlich ein Umstandsbadeanzug. Elizabeth ist allerdings sicher nicht schwanger, denn kurz nach Rorys Geburt hat sie sich die Eileiter abbinden lassen (diesen Ausdruck hatte Hannah von ihren Eltern aufgeschnappt, damals stellte sie sich Elizabeths Fortpflanzungsorgane wie verknotete Würstchenketten vor).
    Rory ist am seichten Ende des Beckens. Während sie ihn beobachtet, legt sich Elizabeth die Hand über die Augen, um sie gegen die tiefstehende Nachmittagssonne zu schützen. Hannah fällt auf, dass er nicht mit den anderen Kindern spielt, sondern an einer Wand lehnt, er hat sich aufblasbare Schwimmflügel über die Arme gestreift, obwohl ihm das Wasser nur bis zur Taille reicht. Rory starrt zu einer Gruppe von vier oder fünf Kindern, die alle kleiner sind als er und sich gegenseitig mit Wasser bespritzen. |23| Hannah würde gern zu Rory ins Becken steigen, aber sie trägt keinen Badeanzug. Tatsächlich hat sie Elizabeth erklärt, sie hätte keinen, was gelogen ist. Sie besitzt sogar einen nagelneuen Badeanzug – den ihre Mutter bei Macy’s für sie besorgt hat, bevor Hannah Philadelphia verließ, als machte sie eine Urlaubsreise –, aber Hannah traut sich nicht, ihn in der Öffentlichkeit zu tragen, vor all diesen Leuten.
    Und Elizabeth sagte auch nicht:
Natürlich hast du einen Badeanzug! Jeder hat einen Badeanzug!
Oder:
Dann gehen wir eben in die Mall und kaufen dir einen.
    »Was treiben deine Filmstars?«, fragt Elizabeth. »Bald ist Julias großer Tag.«
    Das stimmt – die Hochzeit findet an diesem Freitag statt.
    »Dann müssen wir uns für die Party wohl ranhalten«, fährt sie fort. »Erinnere mich Donnerstag daran, dass ich nach der Arbeit eine Backmischung besorge, oder vielleicht sollten wir in Luxus schwelgen und beim Bäcker Petits Fours kaufen.«
    »Was sind Petits Fours?«
    »Ich glaub’s nicht! Haben dir deine niveauvollen Eltern nie beigebracht, was Petits Fours sind? Das sind winzige Törtchen, das letzte Mal habe ich sie wohl beim Debütantinnenball gegessen.«
    »Du warst Debütantin?«
    »Warum nicht? Dringt mir die feine Erziehung nicht aus jeder Pore?«
    »So habe ich das nicht gemeint …«, hebt Hannah an, aber Elizabeth fällt ihr ins Wort.
    »War nur ein Scherz. Ich fand es grässlich. Man hat uns in irgendeinem Museum
vorgeführt
, unsere Väter geleiteten uns über einen langen Teppich, damit wir vor diesen greisen Aristokraten einen Knicks machten. Und ich |24| dachte, ich würde garantiert stolpern. Mir war die ganze Zeit zum Kotzen zumute.«
    »Haben dich deine Eltern gezwungen?«
    »Mom war es ziemlich egal, aber mein Vater hatte große gesellschaftliche Ambitionen. Er nahm es furchtbar wichtig. Und du weißt sicher, dass auch dein Großvater ziemlich jähzornig war, oder?« Elizabeth spricht betont beiläufig, findet Hannah; ihre Tante horcht sie aus. »Aber ich sollte wohl nicht meinen Eltern die Schuld an dieser ganzen Misere geben«, fährt Elizabeth fort. »Schlimm war es vor allem, weil ich so gehemmt war. Wenn ich mir vor Augen führe, wie gehemmt ich war, denke ich:
Gott, was für eine Zeitverschwendung

    »Warum warst du denn so gehemmt?«
    »Ach, wegen allem Möglichen. Mein Aussehen. Meine Dummheit. Da schaffte es dein Vater erst auf die Penn und dann zum Jurastudium nach Yale, während ich mich mit Temple abmühte. Aber dann beschloss ich, Krankenschwester zu werden, ich bekam einen Job, ich lernte Darrach kennen, mit Abstand das beste Exemplar seiner Spezies. Apropos, kannst du sehen, wo Rory abgeblieben ist?«
    »Er ist hinter diesen beiden Mädchen.« Hannah streckt den Arm über den Zementboden aus. Rund um das Becken ist alles aus Zement, als befände es sich mitten auf einem Bürgersteig. Im Countryclub ihrer Eltern ist das Schwimmbecken mit Steinplatten eingefasst. Und hier muss man drei Dollar Eintritt berappen und am Erfrischungsstand bar bezahlen, anstatt mit dem
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