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Als würde ich fliegen

Als würde ich fliegen

Titel: Als würde ich fliegen
Autoren: Diana Evans
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Anblick einer riesigen Honigbiene auf einem Werbeplakat und die Tatsache, dass Lucas ständig sein Stoffbuch »Tiere auf dem Bauernhof« aus dem Kinderwagen fallen ließ. Er war ein schlechter Schläfer, später Geher und später Sprecher. Carla hatte es während der Wehen nicht rechtzeitig ins Krankenhaus geschafft, ihre Mutter hatte die Rolle der Hebamme übernehmen müssen. Im Anschluss hatte Toreth gesagt, als Carla meinte, sie sollte Antoney das mit dem Baby vielleicht doch erzählen: »Es ist am besten für uns alle, wenn wir ihn fernhalten. Ich hab immer gewusst, dass das einer von den Typen ist, die eine Frau im Stich lassen.«
    Als sie aus dem Bus stiegen, redete Carla weiter. »Allmählich genieß ich es. Es ist so anders. Und wenn ich Kind wäre, ich fänd es toll, auf einem Boot zu leben, du nicht? Einen Umzug kann ich mir in absehbarer Zeit sowieso nicht leisten.«
    »Du solltest dir einen Job in einem dieser schicken Restaurants in der Stadt suchen«, sagte Simone. »Da wird man allein vom Trinkgeld reich.«
    »Mami, guck mal, ein Rad! Rosa!«
    »Ja, es ist rosa.«
    »Das ist mein Rosa.« Denise beanspruchte Rosa ganz für sich, wie auch die Farbe Violett und den Buchstaben D.
    »Im Café ist jedenfalls kein Geld zu verdienen«, sagte Carla. »Wie ist denn eigentlich das Vortanzen letzte Woche gelaufen?«
    »Das Übliche. Wir rufen Sie an. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist, Carla? Dass man nicht von dem, was man liebt, leben kann.«
    »Aber das können doch ohnehin nur sehr wenige – Lucas … Ich nehm ihm das Ding gleich weg.«
    »Dann gibt es wieder Geschrei.«
    »Denise, heb es bitte auf.«
    »Und«, fragte Simone neugierig, »gehst du am Donnerstag hin?«
    »Ich denke darüber nach«, sagte Carla.
    »Ich wusste es. Ich wusste, du würdest weich.«
    »Er will doch nur reden, sagst du. Denise, was machst du denn da?«
    Vor ihnen lockte der Jahrmarkt. Denise konnte sich nicht beherrschen und trat auf die Straße. »Willst du überfahren werden? Nimm die Hand von Tante Simone, oder wir gehen auf der Stelle nach Hause.« Denise gehorchte. Simone war ein ziemlich strenger großer Mensch, aber allmählich bauten sie ein Verhältnis zueinander auf. Sie führten eine aufregende Unterhaltung über das Riesenrad. »Da oben sind Leute.« »Ja, und die kreischen.« (Simone hatte Höhenangst.) »Ich kann auch kreischen.« Denise führte es vor. »Jetzt du.« »So gut wie du kann ich das nicht«, sagte Simone, worauf Denise sehr stolz war. Sie machte Simone darauf aufmerksam, dass deren rosa Oberteil zu ihrer Boa passte.
    Es war drei Uhr nachmittags, die Wiese war voller Menschen. Kinderwagen, die mit Jacken, Sonnenhüten und Tüten beladen waren, hinterließen ihre Spuren im Gras. Jungs spazierten gruppenweise herum und checkten die Frauen ab, Paare stolperten aus dem Riesenrad und dem Kopfüberstand des Dive Bombers. Auf Augenhöhe hing ein Wolkenhimmel aus Zuckerwatte.
    Als es ernst wurde, fand Denise das Karussell doch zu beängstigend, aber sie fuhr mit der Achterbahn drei Mal bis ganz oben und sauste hinunter, was Simone nicht fassen konnte. Und dann war da die Geisterbahn. Simone erduldete acht Minuten ersatzweises Muttersein, während Carla ihre Tochter durch die Geisterbahn schleuste. Lucas war nicht zu beruhigen, im Arm nicht und auch nicht im Wagen, bis Carla endlich zurückkam. Teddybären blickten sie mit starren schwarzen Pupillen von schiefen Tombolaregalen aus an. Simone gewann eine Plastikschlange.
    Carla wollte so richtig wagemutig sein. Sie wollte sich die Seele aus dem Leib schreien, denn als Mutter muss man genau das manchmal tun. Also ging sie zum Dive Bomber, dessen Kabinen an ihren Gelenken kreisten, während sich das Hauptrad ebenfalls drehte – eine doppelte Drehung, dazu die Höhenangst. Die anderen, die auf dem Rasen warteten, sahen sie nicht, als sie kreischend durch die Luft sauste und ihren Hut verlor. Schwankend, aber glücklich kam sie wieder. Und wollte mehr. »Das ist, als wär man auf Drogen«, lachte sie. »Eine Schande, dass wir nicht zusammen auf so ein Ding gehen können.«
    »Ich hab meine Schlange. Das reicht mir völlig«, sagte Simone.
    »Du bist so ein Angsthäschen.«
    »Mami, kann ich auch eine haben?« Denise wollte Zuckerwatte.
    »Na gut, aber die teilen wir uns.«
    Lucas bekam sein Fläschchen, Denise ihre Watte. Carla fragte Simone, ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn sie auf die Walzerbahn gehen würde. »Na, mach schon.«
    »Er ist bestimmt ruhig,
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