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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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wieder eine Fahrkarte zu kaufen gibt. Ich weiß, wovon ich rede.
    Dass ungeplant schwanger zu sein und sich dann für das Kind zu entscheiden die unumkehrbare Auffahrt auf eine Lebensautobahn ohne Abbremsspur, Wendemöglichkeit oder gar Ausfahrt bedeutet, weiß ja eigentlich jeder. Ein Kind bekommt man, und dann bleibt es für immer. Auch an den mauen Tagen. Es kann Monate dauern, bis man nach der Geburt eines Babys realisiert, dass das hier, diese Liebe, nie mehr aufhört. Und dass diese Liebe auch ihren Preis hat: Unsicherheit, Schlafmangel, Sexflaute, Geldmangel. Das volle Programm.
    Trotzdem, so richtig klar scheint manchen Frauen die Unumkehrbarkeit ihrer Entscheidung nicht zu sein. Eine von ihnen, quasi eine Schwester Leichtfuß, war ich ja selbst. Als ich, zweiundzwanzigjährig, nach erfolgter Diagnose vom Behandlungsstuhl meiner Frauenärztin kletterte, hätte ich jeden Grund gehabt zu denken: Oh Gott, oh Gott, ach du Scheiße – schwanger? Ich kenne doch den Kindsvater gerade erst ein paar Wochen. Hilfe!!!
    Das dachte ich aber nicht. Stattdessen setzte nach dem »Sie sind in der sechsten Woche«-Satz meiner Ärztin eine Art emotionales Puppenmuttiprogramm ein. Schwanger?, funkte es in meinem Hirn, na, das ist ja vielleicht crazy! Leise lächelnd, band ich mir in der Patientenkabine die schweren schwarzen Schuhe zu. Ein Kind, dachte ich dabei, das wäre ja mal ganz was Neues. Das könnte mir echt Spaß machen. Und wäre das nicht auch der adäquate, Mensch gewordene Ausdruck jener irren Verknalltheit, die ich für meinen neuen Freund empfand?
    Es ward mir warm ums Herz, als ich quer durch Berlin nach Hause lief. Ein Kind! Das wird schön, dachte ich. Für die Tatsache, dass Mutterschaft keine vorübergehende Liebhaberei ist, reichten meine geistigen Kräfte gerade nicht aus. Mein Hirn war komplett von Glückshormonen blockiert. Ja, klar, dieses Kind war nicht geplant. Aber hey, Planung war nun wirklich nicht alles. Mein Entschluss stand fest: Ich wollte das Baby. Es war der Beginn einer großen Liebe, die nie enden sollte. Und zwar auch nicht an den mauen Tagen.
    Als zweiundzwanzig Jahre später meine Tochter Hanna mit ängstlich vibrierender Stimme ins Telefon fiepte, sie sei schwanger, machte mein Herz einen kleinen Hüpfer. Dieses verrückte Kind, dachte ich bei mir, wiederholt hier gerade auf beunruhigende Weise mein Leben. Kann das denn Zufall sein, dass sie im exakt gleichen Alter wie ich vor der exakt gleichen Frage steht: Jetzt Mutter werden?
    Ich beeilte mich, dieses Gefühl, dieses freudig hüpfende Puppenmuttiprogramm, umgehend abzustellen. Herrgott, reiß dich zusammen, forderte ich mich auf. Hier geht’s ausnahmsweise mal nicht um deine Gefühle, sondern um die deiner Tochter. Und diese Tochter, das konnte man gut hören, wusste nicht recht, ob sie jetzt schon auf diese Autobahn auffahren wollte und konnte. Also sprach ich folgenden vernünftigen Satz: »Steig in den Zug, und komm her, wir reden darüber.«
    Bis heute bin ich sehr stolz auf diesen Satz. Es hätte Hannas Situation um einiges schwieriger gemacht, wäre ich in lautstarke Hallelujarufe ausgebrochen, während sie selbst doch erhebliche Zweifel hatte, ob sie dieses unplanmäßige Baby überhaupt bekommen soll. Eine Mutter, die auf ihre studierende Tochter positiven emotionalen Druck Richtung Ewigkeit ausübt, wäre eine schlechte Ratgeberin. Und so freute ich mich, aus Hannas Stimme Erleichterung herauszuhören. »Ich hatte Angst, dass du sauer wirst«, sprach sie in den Hörer. Und ich antwortete weise: »Was glaubst du eigentlich, wie du entstanden bist?«
    Tja, was glaubte sie eigentlich? Tatsächlich hatte ich mit Hanna nie groß darüber gesprochen, wie das eigentlich damals gelaufen war, wie und warum ich mich für sie entschieden hatte. Warum ich mit Anfang zwanzig ernsthaft meinte, ein Kind nicht nur haben zu können, sondern es auch wirklich zu wollen. Heute weiß ich: Ich habe mir das zugetraut, weil mir niemand gesagt hat, dass dieses Lebensprojekt nicht nur mit Liebesflashs der gehobenen Sorte, Kinderliebe und Haarschleifenbinden verbunden sein würde. Sondern auch mit sehr tiefen Tiefs. Mit Streit und Trennung, mit Kummer und Scheidung, mit Unsicherheit, Schlaflosigkeit und Überforderung. Dem vollen Programm eben.
    Von all dem war damals in meinem Puppenmuttistadium noch keine Rede. Stattdessen erwies sich mein neuer Freund als erfreulich beherzter Vater in spe. Er ließ nicht nur keinen Zweifel daran, dass wir beide
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