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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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dieses Ei ausbrüten sollten. Nein, er machte auch umgehend den Vorschlag, dass dermaßen verliebte und fortpflanzungsfreudige Hühner wie wir sich beringen lassen sollten. Flugs marschierten wir zum Standesamt und machten einen Termin klar.
    Als wir zwölf Wochen später Ja sagten, die Ringe tauschten und unsere Eheurkunde unterschrieben, ahnten wir beide schon, dass auf dieser Beziehung kein Segen mehr lag. Unsere Streits waren zuletzt immer lauter und heftiger geworden. Wir mussten erkennen: Fortpflanzung ist kein probates Mittel, um zwei Menschen zusammenzuhalten, die außer gutem Sex nur wenig verbindet. Die Konsequenzen aus diesem Wissen zogen wir wenig später. Als Hanna fünf Monate alt war, zog ich zurück in meine alte Zweizimmerwohnung.
    Das war sie dann auch schon, die Geschichte von den verliebten Hühnern. Und natürlich wusste Hanna immer, dass sie außer Stefan auch noch einen anderen, einen sogenannten biologischen Vater hat. Als Hanna in den Kindergarten ging, trafen wir den manchmal nachmittags auf der Straße. Wir grüßten uns mit einem Kopfnicken, an seiner Hand führte er sein neues, anderes Kind den Gehweg entlang. Hatten sich unsere Wege gekreuzt, blieb ich mit Hanna stehen und zeigte ihn ihr. Von hinten. Ich weiß noch, wie absurd und auch ein wenig lächerlich sich das anfühlte: einem Kind seinen Vater von Weitem zu zeigen. Aber so war das. Bescheuert. Jedoch konsequent und für uns beide letztlich die bessere Wahl, als sich noch jahrzehntelang aneinander abzuarbeiten.
    Sei’s drum. Nachdem mein Kurzzeitehemann und ich uns getrennt hatten, war ich ein, zwei Jahre lang »allein erziehend«. Bis heute fasse ich diesen Begriff nur mit spitzen Fingern an; er klingt nach Opfer, nach kalter Küche und Sauertöpferei. Das Gegenteil war der Fall. Meine kurze, aber heftige unglückliche Hühnerliebe hatte mich so viel Kraft und Nerven gekostet, dass ich die neue Eigenverantwortung regelrecht genoss.
    Lieber selber nachts um halb zehn aus dem rattigen Keller Kohlen holen, als sich über nicht sachgerechten Kohlenanzündergebrauch zu streiten. Lieber selbst morgens das Kind durch den strömenden Regen zum Kindergarten tragen, als auszudiskutieren, wer eigentlich dran ist. Dran war jetzt immer ich. Aber ich war auf so eindeutige, klare Weise dran, dass ich mich schon bald an meinen wachsenden Kräften erfreute. Diese Lebensautobahn mit Kind – das hatte ich nun endgültig begriffen – hatte nur eine Richtung: voran. Abbremsspuren, Wendemöglichkeiten oder gar Ausfahrten gab es nicht. Und so, wie sich dieses Hannakind entwickelte, gab es zum Abbiegen auch gar keinen Grund.
    Als nun zweiundzwanzig Jahre später dieselbe Hanna bei uns zu Hause saß – schwanger und unsicher –, sollten wir Eltern ihr Rat erteilen. Wieder erschauderte ich angesichts der bizarren Situation. Mag sein, dass ich seit jenem fernen Tag in der Frauenarztpraxis um mehr als zwanzig Jahre gealtert war. Aber ich war nicht unbedingt klüger geworden, jedenfalls nicht in der Mutti-oder-nicht-Mutti-Frage. Ich meine, Entscheidungen dieser Tragweite trifft man ja nicht andauernd, da gibt’s einfach keine Routine. Woher sollte ich wissen, was richtig für Hanna und Oscar war? Die beiden lebten in einer anderen Stadt, und außer der monatlichen Überweisung aufs Konto hatte ich weder Wissen noch Einfluss, was dieses Leben betraf. Hanna war auf Abstandssuche, vor allem zu mir. Wie das eben ist, wenn Töchter sich von Müttern emanzipieren. Richtig gelassen war Hannas und mein Verhältnis nicht zu dieser Zeit. Eher vorsichtig tastend, nicht frei von Vorbehalten.
    Natürlich juckte es mich, ihr trotzdem bei unserem wichtigen Ja/Nein-Gespräch zu erzählen, was für ein wundervolles Kind sie gewesen war. Wie lustig das mit ihr war und wie anstrengend. Aaaaaber machbar. Und dass ich nie bereut hatte, sie auch unter komplizierten Umständen bekommen zu haben. Schon klar, ich hätte verstanden, wenn sie das Kind jetzt nicht bekommen wollte. Aber ganz ehrlich, ich stand noch nie auf dem Standpunkt, dass eine Schwangerschaft, auch eine ungeplante, immer ein Schicksalsschlag ist. Mein etwas laxes Credo bezüglich Familienplanung lautet seit Jahrzehnten: Es passt eh nie, warum also nicht jetzt?
    Gott sei Dank hatte Stefan mir kurz vor Hannas Eintreffen eingebläut, nichts von diesem Quatsch verlauten zu lassen. Hier und heute, bei diesem, möglicherweise schicksalhaften Eltern-Kind-Gespräch gehe es nicht um meine Erfahrungen, sagte er und
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