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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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romantisch ist, sondern weil es auf diesem Wohnungsmarkt für eine alleinerziehende Mutter nahezu unmöglich ist, eine angemessene Wohnung zu finden. Nur durch die Großzügigkeit netter Menschen, die noch dazu sehr aufmerksam Suchanzeigen in Tageszeitungen lesen, ist es uns gelungen, diese schöne Wohnung zu finden. Vom Mietpreis sprechen wir lieber nicht, da kriege ich sofort schlechte Laune.
    Dass der Neuanfang allein mit Kind und in einer neuen Stadt nicht leicht sein würde, war schnell eine sehr zentrale Erkenntnis meiner neuen Existenz. In den ersten Wochen verzweifelte ich schier, weil mir ständig Busse vor der Nase wegfuhren, weil das warme Wasser ausfiel und die Stadtreinigung meine überfüllte Windeltonne nicht mitnahm. Ich hatte noch kein Internet, wusste nicht, wo der nächste Supermarkt war, und besaß keinen Akkuschrauber, um meine Möbel vernünftig aufzubauen. Es gab zwei Auswege: Kopf in den Sand und zurück zu Mami ziehen. Oder mit verklärtem Blick draufschauen und jeden Morgen in die Zahnbürste murmeln: »Das wird schon.« Um das zu überwinden, war eine positive Grundstimmung angesagt. Es galt, den Trauerkloß zu besiegen, bevor die Hefe angefangen hatte zu arbeiten. Denn ich hing in der Luft, war so erschreckend leicht, dass jeder Windhauch mich umzupusten drohte.
    Dafür brauchte ich etwas, das mich kickte. Etwas Schönes, eine Belohnung für meine Unerschrockenheit. Es sollte etwas sein, das mir beweisen würde, dass ich unabhängig war. Ich wollte entspannt, einen Arm in die Hüfte gestemmt, daran lehnen und sagen können: »Ja, das ist meins. Hab ich mir ausgesucht.« Ich hatte mir relativ wenig ausgesucht in den letzten Monaten, da konnte so eine freie Entscheidung nicht schaden. Ich war ja jetzt erwachsen. Wie bereits erwähnt, neige ich gern zu finanziellen Übersprunghandlungen, es musste also etwas mit Geld sein. Nur das übermäßige Ausgeben von Geld schien als ultimative Glücklichmachoption zu funktionieren. Kapitalismus, komm her. Lass dich mal drücken. Ich wollte etwas, das mich für immer an diese seltsame Zeit der irgendwie aufgezwungenen Freiheit erinnern würde. Da ich auf meinen täglichen zwei Stunden Kindergartenfahrt nicht an Tattoostudios oder Ponyhöfen vorbeikam, beides lag ganz hoch im Kurs, überlegte ich, mir eine Alltagshilfe zu leisten. Darauf kam ich, weil seit Wochen am Ende der Dreißigerzone das kleine rote Auto mit dem Schild »500 Ä VB « im hinteren Fenster rumstand. Oh ja, das wollte ich.
    Was das für ein Spektakel wäre. Hanna und Sophie mit angepasstem Kennzeichen heizen bei fünfundfünfzig Sachen durch die Stadt, und kein Mensch kann sie aufhalten. Hanna mit Sonnenbrille am Steuer und Sophie mit Schnuller daneben. Der Polizist stoppt die beiden mit seiner Kelle, blickt ins Auto und sagt: »Oh, wie süß!« Hanna fragt: »Das Kind oder ich?« – »Beide!« Hanna bittet ihn einzusteigen, und sie düsen glücklich bis ans Ende ihrer Tage Richtung Zukunft. Und das alles in einem uralten dunkelroten Fiesta. Doch bis dieser glückliche, schicksalhafte Tag eintreten würde, musste ich mir das Teil erst mal kaufen.
    Mein Konto hatte nach dem Umzug einigermaßen gelitten. Für Essen und Leben reichte es meistens, aber etwas Unvorhergesehenes durfte nicht passieren. Zu »Unvorhergesehen« zähle ich sowohl Wochenendtrips als auch spontane Autokäufe. Zudem buchten ständig die Leute von der Kindergartenverwaltung Geld ab. Der Unterhalt war noch nicht geregelt, es gab Kautionen zu bezahlen und Heimfahrten an Weihnachten zu buchen. Gleichzeitig hatte ich im Supermarkt auch keine Lust, den schlechten Schinken zu nehmen. Wenigstens beim Fleischgenuss wollte ich ein gutes Gefühl haben, wenn schon nicht beim Blick in den Spiegel, dem Gang aufs Klo oder der Auswahl von Kleidern. Verzicht stand mir nicht gut. Jedenfalls nicht zurzeit.
    Das soll nicht der rechte Zeitpunkt für einen Autokauf gewesen sein? Ich war scharf auf das Auto, wollte es unbedingt haben. Jetzt. Dieses. Und kein anderes. Mein Leben, meine Entscheidung. »Mama?« Ich höre, dass sie hört, dass jetzt gleich eine mir unangenehme Frage kommt. »Kannst du mir das Geld für dieses süße Auto leihen, das ich mir kaufen möchte?« – »Wie viel brauchst du?« Hä? Damit hatte ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Wenn ich meine Mutter früher um Geld bat, konnte ich mir ziemlich sicher sein, dass sie mir entweder nur den Wunsch selbst erfüllte oder konsequent verneinen würde. Vielleicht sogar mit
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