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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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Eltern ein (manchmal bemitleidenswert) großes Herz. Daraus schlussfolgere ich, dass mein Kind überhaupt nicht die Instanz sein kann, die mir versichert, dass ich das hier schon alles ganz gut mache mit meiner monarchischen Pseudodemokratie.
    Oh Mann, wie sehr es mich dürstet nach Bestätigung. Ich brauche dringend jemanden, der mir sagt, ob ich okay bin. Nein, falsch, ich brauche dringend jemanden, der mir sagt, dass ich okay bin. Denn das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, wenn mir jemand ins Gesicht knallt: »Du machst das falsch. Sie lernt es nie, wenn du ihr das durchgehen lässt.« Um das zu umgehen, versuche ich, meine Fragen so zu stellen, dass man nicht richtig merkt, dass es Fragen sind. Es sind beiläufige Erwähnungen, die klingen, als kämen sie direkt aus dem Alltag und würden mich genauso beschäftigen wie die Position der USA im Weltmachtgefüge.
    Seit einigen Wochen beispielsweise hat Sophie die Anwandlung, mir freudestrahlend ins Gesicht zu hauen. Ich weiß, ein ganz typisches Ding. Trotzdem fühlt es sich nicht gut an. Ich fühle mich in meiner Position als Königin gedemütigt. Sophie ist clever, sie merkt schnell, wann sie das knappe Gut Aufmerksamkeit von mir haben kann. Wie sie das bekommt, ist ihr egal. Sie sitzt auf meinem Arm in der völlig überfüllten Bahn, schaut mir in die Augen, und plötzlich – Batsch – krallt sie sich mit beiden Händen in meine Augenbrauen und zieht die Hände einmal durch mein Gesicht. Dabei lacht sie ihr süßestes Babylachen. Anfangs habe ich mich gescheut. Grinsegrinse, »Sophie. Aua. Das tut doch weh, du kleine Maus.« Aber das Kind hört ja deswegen nicht auf, im Gegenteil. Nach dem dritten Mal sage ich lauter und ernsthafter: »Sophie. Hör jetzt auf. Das ist nicht witzig.« Die Leute um mich rum, die vorher noch ob des Anblicks des knuddeligen Kindes in der Blumenjacke dämlich gegrinst haben, schauen jetzt weg. Das ist deren Ding, da mische ich mich nicht ein, scheinen sie zu denken. Beim fünften Mal, inzwischen schaut niemand mehr, und ich bin wild entschlossen, sie einfach fallen zu lassen, zische ich in ihr Ohr: »Hör jetzt auf, oder es knallt, Frollein.« Klar, Sophie weint, die Leute schauen wieder, diesmal genervt, und mir tut die Lippe weh.
    Ja, was macht man dann? Soll ich dieses Szenario jeden Tag durchspielen, bis Sophie Bärenpranken hat und mir ihr Gehaue wirklich wehtut? Oder soll ich ihr als Kompensationsmöglichkeit das Beißen beibringen? Ich könnte auch endlich mal über meinen Schatten springen und sie tun lassen, was sie tun will. Hauen, auf dem Boden kugeln, rumschreien und manchmal auch kopfüber an einer der Festhaltestangen hängen. Wunderbar.
    Ich nehme mir vor, sie von nun an immer zu bitten, mich zu streicheln, wenn ich Aua sage. Sie soll lernen, dass sie Einfluss auf andere Menschen hat. Sie soll lernen, dass ihre Taten Folgen haben und dass das Sprichwort »Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu« bereits ab null Jahren Gültigkeit besitzt. Das habe ich schließlich auch von meiner Mama gelernt, und früh übt sich, das weiß doch jeder. Als ich also am nächsten Morgen vor der Krippe mal wieder tief in meine pädagogische Trickkiste greifen muss, weil Sophie mir heftig mit ihrer spanischen Rassel eins über den Kopf zieht, sage ich: »Aua. Sophie, das tut verdammt weh. Wenn ich Aua sage, musst du ei machen. Bitte.« Sie lacht mich aus. Ganz ernsthaft, sie lacht und rennt weg. Na, das hat ja richtig gut geklappt.
    Wegen so einer Lappalie meine Mutter zu fragen kommt überhaupt nicht in die Tüte. Ich bin groß, ich weiß, wie alles geht. Alles auf der Welt. Deshalb frage ich in der Krippe so ganz nebenbei, ob sie die anderen Kinder auch immer haue. »Das fände ich nämlich gar nicht gut«, schiebe ich vor. In Wirklichkeit wäre es noch schlimmer für mich, wenn sie es nur bei mir täte und nicht mal bei den Kindern, die ihr ja wirklich mittels Spielzeugentzug Schaden zufügen. Und so ist es dann auch tatsächlich. Die liebe, aber vor allem noch sehr junge Kindergärtnerin schaut mich mit einem verständnisvollen Blick an: »Also, hier macht sie das nicht.« Auch ihre Kollegin schüttelt den Kopf. »Da musst du ganz konsequent sein. Wenn das Kind sich in seinen Handlungen bestärkt fühlt, neigt es zu übermäßig häufigem Schlagen. Wenn nicht früh gehandelt wird, kann das erstens zu Problemen mit der Umwelt des Kindes führen, und zweitens schmerzt es nach einer gewissen Zeit auch
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