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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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es eh schon so wehtat, auch gleich noch Physik und Chemie. Sie hat sich all diesen verhassten, vernagelten Stoff draufgeschafft und letztlich ihre Zehnte-Klasse-Prüfung mit Bravour bestanden. Hier, du Arsch! So etwas in der Preisklasse muss sie gedacht haben.
    Die Mathegeschichte blieb ein Menetekel. Hanna wusste ab sofort, dass sie intelligent und organisiert genug ist, alles zu begreifen und sich zu erarbeiten, wenn sie es nur wirklich will. Doch sie begriff nicht sofort, dass es eine Kränkung war, die sie dahin gebracht hatte. Denn niemand – außer ihr selbst – hatte diesen Mathe-Physik-Chemie-Kraftakt von ihr verlangt. Daran, dass solche Anforderungen an sich selbst nicht überhandnehmen und dass sie manchmal doch besser die Tür zumacht und etwas hört oder schreibt – an dieser Fähigkeit, sich selbst zu schützen, schraubt sie bis heute.
    Eine echte Hilfe dabei ist natürlich Sophie. Nichts kann einem organisierten Menschen besser seine Grenzen aufzeigen als ein komplett anarchisches Baby. Dieses Kind, blond bewimpert und gut in Schuss, verwendet viel Energie darauf auszutesten, was es seiner Mutter alles zumuten kann. Nur drei Stunden geschlafen? Come on, reich einfach den Kürbisbrei rüber! Den Streit mit Oscar nicht zu Ende gebracht? Unwichtig, solange ich nicht in den Schlaf geschaukelt worden bin. Die Klausur nächste Woche? Sorry, jetzt krieg ich erst mal einen Zahn. So gesehen, ist Sophie die Meisterin in Mütterbezwingung geworden.
    Wenn ich an die kommenden Jahre denke, sehe ich nicht nur Hanna mit ihrem Kind. Ich sehe sie auch mit einem Hund, vielleicht einer Katze, eventuell sogar auf dem Rücken eines Pferdes. Der Hund müsste groß sein, die Katze irgendwie kränklich. Diese Neigung, ihre irre Liebe zu Tieren, ist das Terrain, auf dem wir, denke ich, am weitesten voneinander entfernt sind. Ich habe im Grunde Angst vor Viechern – Hanna betet sie an. Geht es um Vierbeiniges, Haariges, neigt Hanna zur Übertreibung. Katzen haben – angeblich! – einen besonderen Draht zu ihr, Hunde können ihr gar nicht groß und brutal genug aussehen. Und Pferde? Sind empfindsame Kreaturen, die einer so gefühlvollen und kenntnisreichen Reiterin wie Hanna bedürfen.
    Wenn Hanna Stefan und mich, ihre Eltern, besucht, schmeißt sie sich gleich an unsere Katze ran. Die knufft und streichelt sie, dann schleppt sie sie vor die Tür, wo sich Heidi geduldig die Zecken aus dem Fell fummeln lässt. Diese Katzenorgien sagen mir zweierlei: Hanna findet, dass ich mich nicht ausreichend um das Tier kümmere. Und Hanna würde sich um jeden kümmern, den sie liebt, egal, in welchem Zustand er ist. Und das, man muss es sagen, ist doch weit mehr, als manch andere Menschen von ihrem Kind sagen können. Oder?
    MEINE MUTTER SUCHT SICH SELBST UND FINDET DAS GLÜCK
    Meine Mutter hat wirklich Glück. Etwa weil sie zu den circa zehn Prozent der mitteleuropäischen Menschen gehört, die braune Augen und blondes Haar haben? Das gilt ja als besonders schön. Glück, weil sie eine große Frau ist? Statistiken belegen, dass sie damit im Berufsleben eher ernst genommen und sogar schneller befördert wird. Glück, weil sie an einem Ort wohnt, wo jeden Tag, auch bei Regen, die Vögel singen? Oder Glück, weil ihr Leben alles und noch mehr bietet, was sie sich je erträumt hat?
    Bis auf die Fähigkeit, richtig gut zu zeichnen, vielleicht. Aber selbst das sagt sie nur aus Bescheidenheit, denn in ihrem Haus hängen manche ihrer Bilder, die ich ganz sicher irgendwann auch bei mir aufhängen will. Neben diesem Haus besitzt sie auch eine Katze, ein altes Haus im Grünen und ein kleines Paddelboot. Doch das alles wäre nicht so schön, wenn sie nicht diesen Mann hätte, der alles mit ihr teilt und der sie zudem auch noch wahrhaft liebt. Und das Allerwichtigste: Zusammen haben die beiden zwei kluge, schöne, atemberaubende Töchter, um die sie ganz sicher jeder beneidet.
    Meine Mutter könnte all dieses Glück als Kompassnadel ansehen. Stets nach Norden zeigend, könnte sie darauf vertrauen, irgendwann irgendwo anzukommen. Die Nadel könnte Garantin für eine schöne, ruhige, aber nicht langweilige Zukunft sein. Doch die Kompassnadel meiner Mutter rotiert. Es ist schwer, Anja in einer ruhigen Minute zu treffen, denn sie hat fast keine. Sie ist voller Energie. Aber auch voller Unruhe, denn mit ihrem schicken Kompass sucht sie ständig nach den Wurzeln des menschlichen Seins. Ständig ist sie auf der Suche, schaut überall nach. In ihrem
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