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Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Titel: Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Autoren: Unheilig
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alles gut werden würde …

2012
    Je näher der Veröffentlichungstermin von »Lichter der Stadt« rückte, desto turbulenter wurde mein Leben plötzlich wieder. Der Sturm war also da. Ich sah mich einer Flut von Interviewterminen gegenüber. Radio, Fernsehen, große Zeitungen, kleine Zeitungen, Magazine … einfach alles, was ich mir vorstellen und auch nicht vorstellen konnte. Teilweise fanden die Interviews im Halbstunden-Takt statt, ohne jede Pause, und nach der Auseinandersetzung mit meiner Sprechstörung bei der Arbeit an diesem Buch war mir klar geworden, dass ich nun deutlich offensiver mit meinem Stottern umgehen würde.
    Ich outete mich gewissermaßen, wobei das Wort »Outing« möglicherweise der falsche Begriff ist, schließlich war das Stottern nichts, wofür ich mich hätte schämen müssen – obwohl ich das viele Jahre getan hatte.
    Mit einem Mal bekam ich äußerst positive Resonanz von Menschen, die stotterten. Wildfremde Menschen schrieben mir von ihren Sorgen und Nöten, selbst der Bundesverband für Stotterer setzte sich mit mir in Verbindung. Erstaunlich hierbei war für mich, dass sich offenbar fast alle Betroffenen mit denselben Zumutungen und Problemen herumschlagen mussten: Ein Stotterer hasst es, wenn die Gesprächspartner so nett sein wollen, das Wort oder den Satz, in dem man hängen geblieben ist, zu Ende zu sprechen, und somit dem Stotterer im Grunde vorsagen, was er offenkundig nicht richtig schafft.
    Ich selbst habe meine Angst, im entscheidenden Augenblick hängen zu bleiben, bei der Laudatio für Sarah Pisek endgültig begraben. Und wenn ich doch wieder einmal ins Stocken geraten sollte, bin ich deswegen kein schlechterer Mensch und schon gar kein schlechterer Musiker.
    Die vielen Termine und Interviews hatten dann doch wieder ihr Opfer gefordert: meine Stimme. Ich bekam eine schlimme Erkältung, musste die Echo-Veranstaltung und – was noch viel schwerer wog – meine Clubshows absagen, für die wir jedoch zum Glück schnell Ausweichtermine finden konnten. Meine Stimme war einfach weg und ich habe eine Woche Auszeit gebraucht.
    Gleichwohl durfte ich feststellen, dass ich in den Interviews zu Lichter der Stadt endlich über wahre Inhalte sprechen konnte. Ich war nicht mehr gezwungen, mich und den Namen Unheilig zu erklären oder gar zu rechtfertigen. Die Interviews waren plötzlich auch für mich interessant geworden, und das ist das schönste Geschenk, das mir die Medien im Jahr 2012 machen konnten. Nicht nur der Druck des Stotterns war verschwunden – ich fühlte mich endlich auch als Musiker wahrgenommen und in der Welt angekommen.

Neuland
    Nach dem Album Große Freiheit und der Single Geboren um zu leben galt es eigentlich nur noch eins zu toppen: Den Einstieg auf Platz 1 der Single-Charts. Aber da war Michel Teló mit seinem »Nossa«-Hit. So etwas kann man nicht voraussehen, egal wie sehr man eine Veröffentlichung auch plant. An dem »Nossa«-Stück war auch mit »So wie du warst« nicht vorbeizukommen, und so landeten wir mit unserer Single auf Platz 2, was für uns jedoch dennoch ein unglaublicher Erfolg war.
    Aber auch wenn ich in den Interviews feststellen konnte, dass ich offenkundig als Musiker angekommen war, startete ich bei den Radiosendern im Grunde wieder bei null. Also bin ich zu der Veröffentlichung von Lichter der Stadt wieder von Sender zu Sender gefahren, habe mein neues Album vorgestellt und die Verantwortlichen gebeten, Unheilig im Radio zu spielen.
    Ich wollte beileibe keine Extrawurst, nur weil ich mit dem Vorgängeralbum einen großen Erfolg erringen konnte. Mir ging es lediglich darum, auch als Unheilig wieder eine faire Chance im Hörfunk zu bekommen. Am Ende – so fand ich – sollten die Zuhörer entscheiden, ob sie Unheilig weiter hören wollten. Die Sender machten mit und wir schafften es tatsächlich in die Top Ten der Airplay-Listen, also in die Top Ten der am meisten gespielten Radiostücke.
    Eine Tatsache, die mich ganz besonders freut, denn für mich ist Lichter der Stadt bis heute das einzige Album, das ich nach der Veröffentlichung immer noch höre. Vielleicht, weil es mein persönlichstes ist. Wenn ich die Titel höre, entsteht mein eigenes Kopfkino und ich verstehe mich und mein ganzes Leben bis dahin sehr viel besser. Im Grunde ist die Musik meine Therapie. Und meine Sprache …

Blick in die Zukunft
    Ich bin nun an einem Punkt in diesem Buch angekommen, an dem mich mein Leben und meine Vergangenheit bis zum Hier und Jetzt
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