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Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Titel: Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Autoren: Unheilig
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dieser Stelle noch einmal ein paar Gedanken und Worte schenken möchte.
    Eine dieser sehr eindrucksvollen Erfahrungen durfte ich bei der Gedenkfeier für die Opfer der Duisburger Love-Parade machen. Ich hatte irgendwann die Anfrage einer führenden Politikerin erhalten, die mich im Namen der Hinterbliebenen bat, bei der Gedenkfeier für die 21 Opfer das Lied »Geboren um zu leben« in einer Pianoversion zu spielen. Ich habe das gemacht und ich habe es mit sehr viel Respekt gemacht.
    Im Grunde will ich auch dazu nicht allzu viele Worte verlieren, denn auch bei dieser Gedenkfeier kam es hinter den Kulissen zu anrührenden und äußerst menschlichen Begegnungen, die auch so in Erinnerung bleiben sollten. Was ich jedoch – ohne in den Verdacht zu geraten, Parteipolitik oder gar Wahlkampf zu betreiben – betonen will, ist meine absolute Hochachtung vor der Arbeit und dem intensiven Einsatz dieser Politikerin und den Vertretern der verschiedenen Kirchen.
    Ganz besonders diese Politikerin hätte diese Trauerfeier für sich und ihre politische Karriere nutzen können. Aber das hat sie nicht. Die Frau hat sich über Wochen und Monate mit den Trauernden beschäftigt, sie unterstützt, getröstet und begleitet. Sie hat das nicht nur getan, wenn die Kameras liefen, sondern besonders dann, wenn die Medien nicht dabei waren. Die Politikerin hat es für diese Menschen getan und nicht für sich, und dafür hat sie meinen größten Respekt. Sie hat mir den Glauben an die Politik, den ich wie so viele Menschen irgendwann verloren hatte, wieder zurückgegeben. An diesem besonderen Tag und auch in der Zeit der Vorbereitung hat sie als Mensch gewirkt und nicht als Politikerin. Und das ist selten genug.

»Heimreise«
    Die Große Freiheit hatte sich mittlerweile 1,2 Millionen Mal verkauft und jeder fragte sich, wie lange dies noch so weitergehen würde. Wenn ich meinen Zustand im Jahr 2010 beschreiben müsste, würde ich vermutlich von einer »erstaunten Freude und Begeisterung« sprechen. Unsere Festivaltour ließ uns vor einem immer größer werdenden Publikum spielen, was seinen Höhepunkt sicherlich in München gefunden hatte, wo wir vor rund 44 000 Menschen auftreten durften.
    Sarah Pisek, der ich versprochen hatte, auf einem meiner Konzerte auftreten zu dürfen, hatte sich unwissentlich die Münchner Veranstaltung ausgesucht, die am stärksten besucht war. Das Mädchen wurde ganz bleich, als ich ihr sagte, wie viele Menschen da draußen auf sie warten würden, aber auch diese schwere Hürde nahm Sarah mit der ihr angeboren Leichtigkeit, die sie so besonders macht.
    Für mich waren die Konzerte immer mehr zu einem Ruhepol geworden. Auf Tour war mir irgendwie alles vertraut. Die Leute, die mich umgaben, die Atmosphäre vor, während und nach den Auftritten … Das alles war mir sehr viel näher als die gigantische Medien- und Veranstaltungswelt.
    Die Tour lief, alles war gut und doch lauerte schon wieder Ungemach. Eigentlich stand eine wunderbare Veranstaltung an – die Bambi-Verleihung 2011 – und nicht nur das: Sarah Pisek sollte den Bambi in der Kategorie Talent verliehen bekommen. Ein freudiges Ereignis, wenn ich nicht gefragt worden wäre, ob ich für Sarah die Laudatio halten könnte.
    Eine Horrorvorstellung! Erneut traten wieder die alten Ängste auf. Und in diesem Fall ging es mir noch nicht einmal um mich oder die Angst, ich könnte mich blamieren. Meine Befürchtungen gingen vielmehr dahin, dass mein Stottern vielleicht die größere Aufmerksamkeit ernten könnte als diese hohe Auszeichnung für Sarah Pisek.
    Die Rede hatte ich mit Markus zusammen aufgesetzt und es stand für mich auch gar nicht zur Debatte, ob ich die richtigen Worte für Sarah finden könnte. Mein größtes Problem bei der ganzen Sache war, dass bei Veranstaltungen wie diesen die Redezeiten für Laudatoren streng begrenzt waren. Die Uhr im Hintergrund läuft ohne Gnade herunter und dieser Druck – der, vor laufender Kamera zu reden, und der, unter enormen Zeitdruck zu stehen – machte mich fast verrückt. Ich wusste: Ich stand vor dem wichtigsten Moment meines Lebens!
    Einerseits hätte ich mir und der Welt mit dieser Laudatio beweisen können, dass ich in der Öffentlichkeit reden kann. Auf der anderen Seite war es Sarahs größter Moment und ich war derjenige, der ihn ihr rauben konnte, und es ich hatte in diesem Fall nicht die Chance, mich mit Singen aus dieser Situation herauszuholen.
    Ich hatte meinen Text auf Kärtchen dabei, obwohl ich
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