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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern
Autoren: Kirsten Winkelmann
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in letzter Minute an die Oberfläche geschafft hatte.
    Arvin antwortete nicht. Es war möglich, dass sie in genau diesem Moment in die Tiefe fiel …
    Jesus Christus , betete er verzweifelt, ich will es nicht wirklich. Ich will es nicht wollen.
    Der Fahrstuhl kam zum Stehen. Als sich die Metalltür zur Seite schob, stürmte Arvin bereits nach draußen. Es war, als würde er den Wunsch, dass sie endlich aus seinem Leben verschwinden möge, durch zusätzliche Aktivität bekämpfen.
    „Links entlang“, keuchte Frau Barkfrede und rannte hinter Arvin her. „Durch die weiße Tür da hinten!“
    Arvin riss die Tür auf und gelangte in ein kleines Treppenhaus. Dass er nach oben musste, konnte er sich denken. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal und flog beinahe aufwärts. Auf die Schwester wartete er nicht mehr. Er spürte, dass er das Ziel gleich erreicht hatte. Zwei- … dreimal … änderte die Treppe ihre Richtung. Dann stand er vor einer grauen Metalltür. Er drückte die Klinke herunter … schob … riss … scheiterte.
    „Sie ist verschlossen!“, rief er ungläubig.
    „Es gibt nur diesen einen Zugang“, keuchte Schwester Barkfrede einige Meter unter ihm.
    „Das kann nicht sein!“, brüllte Arvin und drückte noch verzweifelter gegen die Tür. Sie schien nach außen aufzugehen. Aber sie schloss sich direkt an die Treppe an. Wie also sollte er Anlauf nehmen? Er trat zwei Stufen nach unten, stürmte los und warf sich, so gut es ging, mit der rechten Seite gegen die Tür. Nichts … außer einer anständigen Prellung.
    Arvin war nicht der Typ, der an der Realität vorbeilebte. Er kannte sich aus mit Grenzen. „Ich werde es nicht schaffen“, verkündete er und stürmte auch schon wieder nach unten. „Suchen Sie jemanden, der einen Schlüssel hat … haben Sie eine Ahnung, wo ich ein Brecheisen finden kann?“
    „Gut … nein“, beantwortete Schwester Barkfrede nacheinander die beiden Fragen. Und dann musste sie sich dicht an die kalte Wand pressen, damit dieser wild gewordene Typ sie nicht einfach umlief. Schon im nächsten Moment rannte sie dann allerdings nicht weniger eilig hinter ihm her. Wenn das hier schiefging, war sie die Erste, die Ärger bekommen würde …
    „Werkzeuge“, brüllte Arvin, während er den Vorsprung zu der Krankenschwester immer mehr ausbaute. „Es muss doch irgendwo Werkzeuge geben!“ Er schien auf dem Weg in tiefer gelegene Etagen zu sein, jedenfalls ließ er die Tür, die ganz offensichtlich ins nächstgelegene Stockwerk führte, unbeachtet rechts liegen.
    „Ich weiß nicht“, keuchte Frau Barkfrede. „Ich kümmere mich nicht um so was … obwohl …“ Sie wurde langsamer und blieb plötzlich stehen. „Der Generalschlüssel!“ Hatte ihre Stimme eben noch furchtbar hilflos geklungen, so überschlug sie sich jetzt beinahe vor Aufregung. „Ich bin ja so blöd! Es gibt einen Generalschlüssel! Und den kann ich besorgen!“ Mit diesen Worten setzte sie sich wieder in Bewegung, gelangte bis zu der Tür, die Arvin gerade passiert hatte, und riss sie auf. „Nun kommen Sie schon“, rief sie noch, dann war sie verschwunden.
    Arvin hatte derweil eine filmreife Vollbremsung hingelegt und war jetzt wieder auf dem Weg nach oben. Sein Vorsprung war nun von Nachteil. Es dauerte lange, bis er die Tür erreicht hatte, die gerade Frau Barkfrede verschluckt hatte. Als er sie durchquerte, fand er sich auf einem weiß gestrichenen, recht lang gezogenen Flur wieder – der allerdings vollkommen verwaist war. „Schwester?“, brüllte er verzweifelt. „Hallo?“ Hilflos sah er sich um. Er hatte keine Ahnung, in welche Richtung er sich wenden sollte. Schließlich machte er ein paar unsichere Schritte nach links, nur um kurz darauf voll durchzustarten und nach rechts zu laufen. Aber auch auf diese Weise kam er nicht weit.
    „Hier“, hörte er eine Stimme hinter sich keuchen.
    Er wirbelte herum. Am Ende des Flures hing Schwester Barkfrede in einem Türrahmen und streckte ihm mit letzter Kraft einen Schlüssel entgegen. Er rannte auf sie zu. Wenn er nicht gerade Wichtigeres zu tun gehabt hätte, dann hätte er die Frau ohne Zweifel in die Notaufnahme transportiert. Sie war hochrot und japste beängstigend nach Luft. So aber entriss er ihr nur den Schlüssel, der mit einem herzförmigen Anhänger verbunden war, und startete erneut voll durch. Mit seiner Beute hetzte er durch den Flur und die Treppenstufen wieder nach oben. Und tatsächlich. Als er die Tür erreicht hatte, ließ sie sich
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