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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen
Autoren: Colin Dann
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Den konnten sie uns doch nicht wegnehmen!« Sie blickte pathetisch von einem traurigen Gesicht zum anderen, fast so, als wolle sie, daß jemand diese schreckliche Nachricht zurücknehmen möge, aber keiner sagte etwas. »Haben sie den Teich ganz zugeschüttet? Ist er... total verschwunden?« Die Stimme der Kröte zitterte. »Leider, ja«, murmelte der Dachs. »Aber weißt du, es war ohnehin nicht mehr viel davon übrig. Bei dieser Dürreperiode war das Wasser sowieso fast völlig verdunstet.« Er wußte, daß seine Worte kein Trost waren.
»Was ist mit meinen Verwandten?« fragte die Kröte heiser.
    »Ich glaube, sie haben den Teich verlassen, bevor es passiert ist«, sagte der Fuchs ermutigend. »Immerhin ist es schon Mai...«
»Ja, ja«, stimmte die Kröte verdrießlich zu. »Ich bin spät dran. Der Frühling ist tatsächlich schon vorbei. Zumindest das, was wir Kröten Frühling nennen.«
»Diese Trockenheit«, sagte der Dachs, »ist für uns alle eine Gefahr. Deshalb habe ich diese Versammlung einberufen. Es gibt überhaupt kein Wasser mehr, Kröte. Im ganzen Farthing-Wald nicht mehr. Wir haben keine Ahnung, was wir tun sollen.«
Die Kröte antwortete nicht. Ihre niedergeschlagene Miene veränderte sich plötzlich. Jetzt sah sie viel hoffnungsvoller aus. »Ich hab's!« rief sie aufgeregt. »Wir gehen weg von hier! Alle! Wenn ich es geschafft habe, dann schafft ihr es auch!«
»Aus dem Farthing-Wald weggehen?« fragte der Dachs bestürzt. »Was meinst du damit?« »Ja, ja! Laßt mich erklären!« Die Kröte erhob sich voller Aufregung. »Ich weiß genau, wo wir hingehen müssen. Oh, es ist natürlich viele Kilometer von hier entfernt. Aber ich bin sicher, daß wir es gemeinsam schaffen würden!«
Die anderen Tiere begannen alle durcheinanderzureden, und dem Dachs gelang es nicht, sie zur Ruhe zu bringen.
»Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken!« rief die Kröte. »Was ihr mir gerade über den Teich erzählt habt, hat mir die Gefahr, in der wir schweben, schlagartig zu Bewußtsein gebracht. Mit dem Farthing-Wald geht es zu Ende; in ein paar Jahren wird nichts mehr von ihm zu sehen sein. Wir müssen alle ein neues Zuhause finden. Und zwar jetzt - bevor es zu spät ist!« Die anderen verstummten. Die Stimme der Kröte wurde immer leiser. »Das Naturschutzgebiet«, verkündete sie theatralisch. »Wir werden alle in das Naturschutzgebiet ziehen, wo wir in Ruhe und Frieden leben können. Und ich werde euer Führer sein.« Sie sah sich triumphierend um.
»O je, o je! Ich weiß nicht.« Der Dachs schüttelte den Kopf. »Du erzählst uns besser alles ganz genau. Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Wenn es...« »Red weiter, Kröte!« fiel der Fuchs ein. »Erzähle uns von deinen Abenteuern, ganz von Anfang an.«
Die Kröte ließ sich wieder in ihre bequeme Kauerstellung zurücksinken und räusperte sich. »Ihr werdet euch noch daran erinnern, daß es im letzten Frühling sehr warm war - vor allem im März«, begann sie. »Nun, an einem Wochenende war eine riesige Anzahl von Menschen am Teich; junge Menschen, mit schrecklichen Netzen und Glasbehältern - und viele hatten ihre Eltern mitgebracht. Im Teich herrschte Panik; es schien kein Entrinnen zu geben. In ihren Bemühungen, uns einzufangen, wateten die jungen Menschen sogar bis fast in die Mitte des Teiches hinaus. Ich weiß noch, daß ich getaucht bin und versucht habe, mich im Schlamm am Grund des Teiches zu verstecken. Dasselbe taten auch viele meiner Verwandten. Aber es nutzte nichts. Sie haben mich gefunden; und ich wurde in ein Marmeladeglas gestopft und mitgenommen.« »Wie entsetzlich!« rief eine der Eidechsen mitleidig. »Uns verfolgen sie auch mit diesen stickigen Glasbehältern, die so schlüpfrig sind, daß man sich kaum am Boden festklammern kann.«
»Schreckliche Dinger!« brummte die Kröte. »Sie müssen mich drei oder vier Stunden darin aufbewahrt haben, nehme ich an. Ich wurde der Würdelosigkeit ausgesetzt, den Leuten, die mich gefangengenommen hatten, zuzusehen, wie sie an meinem Teich ihr Essen verspeisten, während ich in der Sonne stand und verzweifelt versuchte, an den Seiten des Marmeladeglases hochzuklettern - und das alles ohne ein einziges Blatt, das mich geschützt hätte. Wenn es an diesem Tag heiß gewesen wäre, dann wäre ich sicher ausgetrocknet.« »Ich, für meinen Teil, liege gerne in der Sonne«, sagte die Kreuzotter. »Aber ihr Amphibien habt natürlich nie gelernt, euch auf dem Trockenen wohl zu fühlen.« »Genau
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