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Alraunes Todeskuß

Alraunes Todeskuß

Titel: Alraunes Todeskuß
Autoren: Jason Dark
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oben geklettert, und sie war verdammt schnell gewesen.
    Maria war noch so in ihren Tanz vertieft gewesen, daß sie gar nicht richtig begriffen hatte, was sich abspielte und sie unmittelbar anging. Sie war in ihrer ungewöhnlichen Haltung erstarrt und bewegte sich erst, als die kleinen Krallen ihre nackte Haut berührten. Da schrak sie zusammen.
    Das Gesicht verlor die maskenhafte Starre, sie schaute in die Tiefe, und sie sah die Alraune.
    Plötzlich hatte sie kein Gesicht mehr, höchstens eine Fratze. Sie starrte die kleine Frau an, deren lange Haare über Marias Haut strichen, als würde sie von einer weichen Feder berührt.
    Der Hals war wichtig, auch der Mund des Opfers, und gleichzeitig öffnete die Alraune ihren Mund.
    Dort hineinsehen konnte niemand, weil er zwischen den Lippen verstopft war, aber diese Verstopfung war plötzlich vorbei, als die lange, widerliche, dunkelrote Zunge hervorschoß, Marias Lippen hatte treffen wollen, sie aber verfehlte, weil es der Frau gelungen war, mit einer reflexhaften Bewegung den Kopf zu drehen.
    So traf das stumpfe Ende ihre Wange, wurde zurückgezogen, und die Alraune zielte erneut.
    Das war der Moment, in dem ich eingriff.
    Plötzlich sah sich das kleine Monsterwesen mit einem zweiten Gegner konfrontiert, der nur Feind war und nicht Opfer.
    Ich schnappte zu.
    Ein herrlicher Griff, zielsicher und genau. Plötzlich spürte ich sie zwischen meinen Fingern, für einen Moment nur hielt ich sie fest, und ich merkte zum erstenmal, aus welch einem Material sie bestand. Sie mußte aus Holz sein, war hart an der Oberfläche, aber innen ungewöhnlich weich.
    Ich riß die Alraune von Maria weg, die ins Taumeln geriet und starr auf die kleinen Wunden dicht unter ihrem Hals starrte. Dort nämlich hatte sich die Alraune festgeklammert.
    Sie bewegte sich in meiner Hand. Sie kämpfte, sie schleuderte ihren Kopf hin und her, und plötzlich strahlte mir ihre Zunge entgegen. Ich war für den Augenblick überrascht. Um ihr auszuweichen, drehte ich den Kopf. Ohne es zu wollen, lockerte ich gleichzeitig den Griff, was die Alraune ausnutzte.
    Sie drehte sich zwischen meinen Fingern hervor und ließ sich nach unten fallen.
    Mit einem leisen Plopp landete sie auf dem Boden der Tanzfläche, warf sich sofort hin, rollte sich herum, kam wieder auf die Füße und huschte mit schnellen Bewegungen fort.
    Das konnte und wollte ich nicht hinnehmen. Ich hatte die längeren Beine und war auch schneller.
    Bevor sie in das Dunkel verschwinden konnte, hatte ich ausgeholt und sie mit einem Tritt erwischt. Hörte ich einen leisen Schrei, hörte ich ihn nicht?
    Es war egal, jedenfalls wurde der kleine Körper in die Höhe geschleudert, wo er sich überschlug und dann rücklings zuerst wieder nach unten fiel.
    Er tickte noch einmal auf, prallte zurück, ich hörte den wütenden Schrei, aber die Alraune war nicht so verletzt, als daß sie aufgegeben hätte.
    Sie machte weiter.
    Noch war sie ziemlich weit von mir entfernt, und so konnte ich mich um Maria kümmern.
    Sie hatte sich bis an den Rand der Tanzfläche zurückgezogen. Die Musiker hatten ihre Plätze nicht verlassen. Sie standen hinter ihr wie silhouettenhafte Leibwächter.
    »Gehen Sie weg, Maria!«
    »Nein, ich bleibe.«
    »Gehen Sie!«
    Ihre schlanke Hand zuckte vor. Ein Finger wies auf die Alraune. »Sie hat meinen Bruder auf dem Gewissen. Sie hat ihn nicht nur getötet, sie hat auch seine Leiche entehrt. Ich will sie tot sehen. Tot! Tot! Tot!«
    Das konnte ich verstehen, aber die Alraune war gefährlich. Sie blieb nie auf einem Platz stehen, huschte von einer Seite zur anderen, als wäre sie damit beschäftigt, den günstigsten Ausgangspunkt für einen idealen Angriff zu finden.
    Mir war es recht. So hatte ich die Zeit, nach dem Kreuz zu fassen. Ich zupfte es hervor, es hing außen vor meiner Brust. Die Alraune kümmerte sich nicht darum, und sie schaute beinahe gespannt zu, als ich meine Beretta zog.
    Ich legte auf sie an.
    Alraune blieb stehen.
    Schieß doch, schieß doch! signalisierten mir ihre Augen. Los, du Feigling, tu es!
    Blieb sie stehen? Zuckte sie zur Seite?
    Es war für mich schwer, ihre Reaktionen im voraus zu berechnen, und deshalb war es auch ebenso schwer, einen gezielten Schuß auf sie abzugeben, wobei ich nicht sicher sein konnte, ob das geweihte Silber sie auch zerstörte.
    Was wußte ich denn, welche Kräfte tatsächlich in ihr steckten? Wer sie so erschafften hatte. Unter welchem Schutz stand sie? Oder war alles nur auf die
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