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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition)
Autoren: James Salter
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sie hatte beschlossen, ihm nicht dabei zuzusehen. Was sie betraf, gab es mehrere Männer, die sich um sie bemühten, aber es wurde nie etwas daraus, vielleicht spürten sie, was offensichtlich war. Die zwei wichtigsten Männer in ihrem Leben, ihr Vater und ihr Mann, hatten sie verlassen. Sie hatte ihren Sohn und ihre Arbeit in der Schule. Sie hatten wenig Geld, aber ihr eigenes Haus. Sie waren glücklich.
    Am Ende entschied sich Bowman für die Journalistenlaufbahn, das romantische Leben von Reportern wie Murrow und Quentin Reynolds, die spät am Abend an der Schreibmaschine saßen und ihre Storys schrieben, um sie die Lichter der Stadt, die sich leerenden Theater, die Bar im Costello’s überfüllt und laut. Die sexuelle Unerfahrenheit hätte ein Ende. Er war in Harvard nicht schüchtern gewesen, aber es war einfach nicht passiert, die eine Sache, die sein Leben vervollständigen würde. Er wusste, was die ignudi waren, aber das einfach Nackte kannte er nicht. Er blieb unschuldig, pulsierend vor Verlangen. Er dachte an Susan Hallet, das Mädchen aus Boston, mit der er zusammen war, schlank, mit frischem Gesicht und tief sitzenden Brüsten, die er mit Privilegiertheit in Verbindung brachte. Er hatte mit ihr über ein Wochenende wegfahren wollen, nach Gloucester, wo es Nebelhörner gab und den Geruch von Meer.
    »Gloucester?«
    »Oder auch woanders«, sagte er.
    Wie soll das gehen, protestierte sie, wie solle sie das erklären?
    »Sag einfach, du schläfst bei einer Freundin.«
    »Das würde nicht stimmen.«
    »Natürlich nicht. Darum geht es ja.«
    Sie blickte zu Boden, die Arme verschränkt, fast als würde sie sich selbst umarmen. Sie würde nein sagen müssen, auch wenn sie es genoss, wie beharrlich er war. Für ihn war es nahezu unerträglich, ihre Gegenwart, ihre kalte Zurückweisung. Sie hätte ja sagen können, überlegte sie, wenn sie nur wüsste, wie, einfach losfahren und … den Rest konnte sie sich nur vage vorstellen. Sie hatte ihn mehrere Male gespürt, als sie miteinander tanzten. Sie wusste mehr oder weniger, was all das bedeutete.
    »Ich wüsste nicht, wie ich es geheim halten sollte«, sagte sie.
    »Ich würde es niemandem erzählen«, versprach er. »Ich meine, du wüsstest natürlich davon.«
    Sie lächelte ein wenig.
    »Ich mein es ernst«, sagte er. »Du kennst meine Gefühle.«
    Er musste an Kimmel denken, die Natürlichkeit, mit der andere diese Dinge taten.
    »Ich mein es auch ernst«, sagte sie. »Für mich steht viel mehr auf dem Spiel.«
    »Das tut es immer.«
    »Nicht für den Mann.«
    Er verstand, aber was änderte das schon. Sein Vater, der schon immer Erfolg bei den Frauen hatte, hätte ihm jetzt einen unbezahlbaren Rat geben können, doch Vater und Sohn hatten sich nie über irgendetwas ausgetauscht.
    »Ich wünschte, wir könnten es tun«, sagte sie einfach. »Ich meine alles. Du weißt, wie sehr ich dich mag.«
    »Ja. Sicher.«
    »Ihr Männer seid alle gleich.«
    »Das ist langweilig.«
    In der allgemeinen Euphorie, die auf den Krieg folgte, war es dennoch notwendig, seinen Platz zu finden. Er bewarb sich bei der Times , aber sie hatten nichts für ihn, und bei den anderen Zeitungen war es ähnlich. Zum Glück kannte er jemanden, den Vater eines Studienkameraden, der in der Öffentlichkeitsarbeit tätig war und das Geschäft im Grunde erfunden hatte. Was Zeitungen und Magazine betraf, konnte er so gut wie alles regeln – für zehntausend Dollar, so sagte man, bekam er einen auf das Cover des Time Magazine . Er konnte anrufen, wen er wollte – die Sekretärinnen stellten ihn sofort durch. Bowman sollte ihn am Morgen in seinem Haus aufsuchen. Er frühstückte immer um neun.
    »Erwartet er mich?«
    »Ja, ja. Er weiß, dass du kommst.«
    Nachdem er die Nacht zuvor kaum geschlafen hatte, stand Bowman um acht Uhr dreißig vor dem Haus. Es war ein milder Herbstmorgen. Das Haus lag irgendwo zwischen der sechzigsten und siebzigsten Straße, direkt an der Central Park West. Es war groß und eindrucksvoll, mit hohen Fenstern, die Fassade fast vollständig mit dichtem Efeu berankt. Um kurz vor neun klingelte er an der Tür, sie war aus Glas mit schmiedeeisernem Gitter.
    Er wurde in ein sonnenhelles Zimmer geführt, das zum Garten lag. An einer Wand stand eine lange, englische Anrichte mit zwei Silbertabletts, einem Kristallkrug mit Orangensaft und einer hohen silbernen Kaffeekanne, die mit einem Tuch bedeckt war, daneben Butter, Brötchen und Marmelade. Der Butler fragte, wie er seine Eier
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