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Alles paletti

Titel: Alles paletti
Autoren: Assaf Gavron
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um zwei nach Hause, in Ordnung, aber am Sonntag? Nur flachliegen. Ich brauche diesen Tag unbedingt, um klar zu bleiben.«
    Er klappt sein Pizzateil zusammen und beißt ab. »Wir stehen vor dem neuen Haus, und der Katarer sagt zu mir: ›Kommt morgen wieder und macht die Arbeit fertig.‹ Ich schaue auf die Uhr und sage zu ihm: ›Zwei - wir laden alles aus, jetzt.‹ Er schaut seine Frau an und sagt: ›Vergiss es, wir gehen schlafen. Komm morgen, und wir zahlen dir, so viel du willst.‹ Ich sag mir im Stillen, am Arsch werd ich tun, und zu ihm sag ich: ›Es ist nicht das Geld, es ist Sonntag‹, und da schaut er mich an und sagt: ›Komm mit.‹ Er geht mit mir zur Garage, macht Licht und sagt: ›Fahr damit nach Hause und komm morgen zurück.‹ Ich schau hin, und da steht ein Rolls-Royce, brandneu, riesig, cremefarben, mit den Plastikfolien noch über den Sitzen.«
    Jonsy hält inne und nimmt einen Schluck Cola. Wischt sich den Mund ab. Lächelt wehmütig.
    »Ich sag zu ihm: ›Tut mir leid. Der Sonntag ist mir heilig.‹ Da holt er das Telefon raus und ruft Chaim an. Chaim brüllt mich an, ich soll mit dem Scheißdreck aufhören und morgen früh gefälligst dort antreten. Scheißwichser.«

    »Und was hast du gemacht?«
    »Was konnte ich schon machen? Ich bin am Sonntag angetreten, wie ein braver Junge. Aber ich weiß noch, dass ich mir damals schon gesagt hab, dass Chaim für seine miesen Gemeinheiten noch bezahlen wird.«
    Er lehnt sich zurück, dehnt die Hände. »Trotz des Rolls-Royce«, sagt er. »Allah steh mir bei, was für ein Wagen! Ich bin nach Hause gefahren und hab mit Chen eine Runde gedreht, mitten in der Nacht. Der Wahnsinn.«
     
    Das Ende des Umzugs ist der schöne Augenblick des Tages. Jonsy lässt Izzi und Schlomi aufräumen und rechnet mit dem Kunden ab. Izzi spürt die Muskeln am Rücken und in den Armen, faltet mit Schlomi die ganzen Decken zusammen, lädt alles auf den vollen Lastwagen. Dritter Stock ohne Aufzug, und am Anfang gab es keinen Parkplatz, also hat sich Jonsy in zweiter Reihe auf die Straße gestellt, wurde vom Türsteher des Gebäudes zusammengestaucht, hat ihn beruhigt und ist sein bester Freund geworden - ein ganz normaler Tag.
    »Was’n Weirdo, bei Allah«, sagt Jonsy, als er den Laster startet und beginnt, die zweite Avenue im dichten Abendverkehr hinunterzufahren. Der Kunde, ein Typ namens Joachim Basendwarf, hat sich vor zwei Monaten scheiden lassen und kehrt in seine Kleinstadt nach Texas zurück. Als Jonsy ihn fragte, wo seine Frau sei, hat er geantwortet: »Ich weiß nicht, vielleicht im Paradies, vielleicht in der Hölle«, und trocken aufgelacht. Die Kleider der Ehefrau waren noch in der Wohnung. Joachim hatte ein rötliches Bärtchen und einen Cowboyhut auf dem Kopf, den er den ganzen Tag nicht abnahm.
    Jonsy sagt: »Hauptsache, wir haben einen Umschlag.« Er gibt ihn Schlomi.

    Schlomi fragt: »Wie viel hat er rausgerückt, was meint ihr?«
    Izzi sagt: »Ich würde sagen, er hat gar kein Trinkgeld gegeben, er war zu verrückt.«
    Jonsy schüttelt den Kopf. »Keine Chance, dass du richtig liegst. Nicht viel, aber so zwanzig, dreißig each.«
    Jonsy ist eine Legende in der Welt, die sich um das Trinkgeld dreht - um das »Tescher«, wie die Mover es normalerweise nennen, vor allem wenn sie vor den Kunden Ivrit reden, weil sie nicht wollen, dass man sie versteht. Er hat seine Methoden, aus Kunden hohe Trinkgelder herauszuholen, Methoden, die er keinem Menschen verrät. Er erzählt nur immer, dass es verschiedene gibt und dass er die Methode je nach dem Kunden auswählt, den er vor sich hat. Für jede Sorte von Kunde gibt es die Methode, die bei ihm funktioniert. Er sagt immer: »Wenn ich New York mal verlasse, werde ich die ganzen Geheimnisse verraten.« Es passiert nicht selten am Ende eines Arbeitstags mit Jonsy, dass man achtzig oder hundert Dollar pro Nase bekommt, und für ein solches Tescher am Schluss sind viele Mover bereit, mit seinem Geschrei und Gefluche zu leben.
    Bei Joachim Basendwarf, dem merkwürdigen texanischen Kunden von heute, hat Jonsy die Umschlagmethode benutzt. Nach Abschluss des Jobs, nachdem er sich mit dem Kunden angefreundet und ihm ein gutes Gefühl gegeben hatte, streckte er ihm einen leeren Umschlag hin und sagte, den Blick auf seine Augen geheftet: »Joachim, das übliche Trinkgeld für eine solche Arbeit ist hundert Dollar für jeden, mindestens. Aber nimm den Umschlag und leg das rein, was du meinst, dass die Arbeiter verdient
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