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Alles paletti

Titel: Alles paletti
Autoren: Assaf Gavron
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bist, du beginnst, die wichtigen Wege kennenzulernen, die Unebenheiten in Gängen, denen man besser ausweicht, die Richtung der Türen, den einen bestimmten Aufzug, der schneller fährt, den gewissen Geruch nach Reinigungsmitteln, gemischt mit dem Schweiß arbeitender Menschen. Du lernst ihn lieben. Ihn und die Atmosphäre von Respekt unter den Arbeitern - die helfen, wenn es sein muss, und Hand anlegen bei einer besonders schweren Kiste oder Sackkarre.
    Ein Mover, der einige Jahre in New York arbeitet, wird die Locations, die Bars, die Restaurants und die Ecken am Central Park nicht so gut wie ein Ortsansässiger kennen. Doch er wird die Hinterseite der Stadt besser kennen als jeder, der seit Jahrzehnten hier lebt. Ein solcher Mover weiß zum Beispiel, dass die neuen Wolkenkratzer unter Einplanung der Servicewelt gebaut worden sind, mit breiten Korridoren, schnellen Aufzügen und Spezialeinfahrten für Lastwagen. Aber oben, in Midtown und Uptown, in den älteren Gebäuden, die im Laufe der Jahre in die Höhe wuchsen, ist die Infrastruktur für den Service schlicht beschissen. Wie in dem Bau an der 44. und fünften.
    Als Erstes gibt es schon gar keinen Platz, um den Lastwagen zu parken, also stellt man sich in die zweite Reihe, der Türsteher regt sich auf, und man verliert einen Arbeiter, der im Laster bleiben muss. Zweitens, der sogenannte Serviceaufzug - als Izzi ihn sah, fragte er geschockt: »Was ist das denn?«, und Jonsy zischte: »Ach du megaverfickte Scheiße, was’n Kack-mit-Soße-Service« -, den man nur erreicht, wenn man beim Haupteingang hinein und ein Stockwerk hinuntergeht, eingehüllt in die Küchendämpfe des benachbarten chinesischen Lokals, und dann enge Korridore zur Rückseite
des Gebäudes passiert, wo sich der besagte Aufzug in seiner ganzen Jämmerlichkeit befindet - mit den zwei Knöpfen, rot für Halt und grün für Fahrt, und dem alten Chinesen, der ihn bedient. Versuch mal, diese ganze Runde mit vier mörderisch schweren Schreibtischen und noch ein paar Möbeln und Kisten zu machen, und du kannst verstehen, was man von Chaim denkt, wenn er sagt: »Kleine Sache. Maximal eine Stunde, zack, zack, und ihr seid draußen.«
    Die Fähigkeit, den starken Mann im Gebäude zu orten und einen guten Kontakt zu ihm herzustellen, ist ein Muss für effektive Arbeit und Zeitersparnis. Die Entscheidung des Liftführers, den einen Arbeiter mehr als den anderen zu mögen und ihn in der Schlange zu bevorzugen, kann das Tagesschicksal dieser Arbeiter bestimmen. Jonsy liegt dieses Talent im Blut. Als er bei dem Lift ankam, patschte er dem alten Chinesen mit seiner großen Hand auf den Rücken und sagte lächelnd: »Long time no see.« Danach redete er mit ihm über den großen Boss des Gebäudes, über Mädchen und übers Essen. Izzi wusste nicht mehr, was Jonsy alles sagte, doch er wusste, dass der Chinese lächelte und sie in der Schlange vorließ.
     
    Wieder bei Francesca, an der 99. und ersten, das inoffizielle Esszimmer der israelischen Mover in New York. Du kannst zur Mittagszeit nicht an Francesca vorbeigehen, ohne wenigstens zwei bis drei Lkws von Umzugsfirmen zu entdecken. An diesem frühlingshaften Tag Anfang April zum Beispiel kann man Lastwagen von All-Boro, Ben Hur und einen blauen Laster sehen, auf dem Sababa Moving and Storag’e steht, mit dem Strichlein hinterm g.
    Jonsy und Izzi essen Schnitzel, Auberginen und Pizzasoße in einem Hero, der Klassiker bei Francesca. Schlomi hat sein
koscheres Sandwich. Auf dem großen Fernsehbildschirm läuft live ein Fußballspiel der europäischen Champions League.
    Jonsy geht zum Telefon an der Ecke und ruft im Büro an.
    »Jonson, warum rufen die Alten aus Queens an und beschweren sich, dass ihr nicht kommt? Sie warten seit neun auf euch.«
    »Chaim, fang gar nicht erst an damit. Soll ich dich daran erinnern, wer zu uns gesagt hat, dass wir zuerst das Büro an der 44. machen sollen? Leichte Arbeit, zack, zack?«
    »Reg mich nicht auf, Jonson, ich hab dir doch gesagt, ihr sollt innerhalb einer Stunde dort weg sein und nach Queens fahren, oder nicht?«
    »Nein, das hast du nicht gesagt. Du hast gesagt, das sei ein kleiner Job, der eine Stunde dauert. Du hast nicht gesagt, nach einer Stunde wegfahren. Wolltest du vielleicht, dass wir mittendrin abhauen? Es gab schwere Schreibtische dort, breiter als die Türen, wir mussten die Rahmen auseinanderbauen, der Servicestandard war aus dem siebzehnten Jahrhundert. Es ist kinderleicht, zack, zack von einem Job zu
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