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Alles oder nichts

Alles oder nichts

Titel: Alles oder nichts
Autoren: A. A. Fair
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Dann kann ich mit meiner Arbeit beginnen.«
    »Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein?« fragte sie.
    Das schien mir etwas zweifelhaft. Sie betrachtete mich einen Augenblick prüfend und schloß dann die Tür hinter sich und trat näher. »Nehmen Sie doch wieder Platz, Mr. Lam. Vielleicht kann ich Sie doch in einigen Punkten aufklären. Vielleicht interessieren Sie sich auch für meine Ansichten.«
    Ich folgte ihrer Aufforderung. In noch höherem Maß als zuvor schien mir der Ausdruck ihrer Augen eine private Tragödie zu verbergen. Es wirkte beinahe so, als scheine sie sich vor etwas zu fürchten. Vielleicht war es aber auch nur darauf zurückzuführen, daß ihre Augen für ihr Gesicht zu groß waren. »Ich bedaure, daß Dr. Devarest Sie zu Hilfe gerufen hat«, begann sie.
    Dazu hatte ich zunächst nichts zu sagen.
    Nach einer Pause, die sie offensichtlich eingelegt hatte, um mich zu einer Äußerung zu veranlassen, fuhr sie fort: »Weil ich weiß, was Sie suchen sollen.«
    »Sie meinen den Schmuck?«
    »Den Schmuck?« antwortete sie in einem fast verächtlichen Ton. »Sie sind hinter den Dingen her, die Dr. Devarest in dem Safe aufbewahrte.«
    »Anscheinend wissen Sie mehr darüber als ich.«
    Sie senkte ihre Augenlider ein wenig, während sie diese Möglichkeit erwog. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Dr. Devarest hat Sie bestimmt ins Vertrauen gezogen. Sie sollen Dinge wiederbeschaffen, die er in dem Safe aufbewahrte und deren Existenz er vor mir verbergen wollte.«
    Ich schwieg abwartend.
    »Sie sind nicht sehr gesprächig, Mr. Lam.«
    »Bisher hat sich noch kein Anlaß für mich ergeben, etwas zu sagen.«
    »Sie könnten mir wenigstens sagen, ob mein Onkel sich Ihnen gegenüber ausgesprochen hat.«
    »Darüber reden Sie doch wohl besser mit Ihrem Onkel selbst.«
    »Hat er Sie über Miss Starr informiert?«
    »Nein, darum warte ich hier noch auf ihn.«
    »Was wünschen Sie denn zu wissen?«
    »Ich möchte mir ihr Zimmer ansehen. Mich interessiert, was sie zurückgelassen hat.«
    »Die Kriminalpolizei hat das Zimmer doch schon durchsucht.«
    »Das weiß ich. Ich möchte das Zimmer aber trotzdem sehen.«
    »Wäre es Ihnen recht, wenn ich es Ihnen zeige?«
    »Warum nicht?«
    »Ja, aber Sie sind so zurückhaltend, als ob man Sie davor gewarnt hätte, mit mir zu sprechen...oder als ob Sie mich verdächtigten.«
    Ich lächelte freundlich. »Ich verdächtige niemals jemanden, solange ich nicht einen Anlaß dazu habe. Bis jetzt konnte ich noch nicht einmal anfangen, nach Hinweisen zu suchen.«
    »Dann kommen Sie mit mir«, sagte sie.
    Ich legte das Buch aufgeschlagen mit dem Rücken nach oben auf den Rauchtisch, der neben dem Sessel stand, und folgte ihr. Sie führte mich durch Dr. Devarests Schlafzimmer, einen langen Gang entlang und über eine Treppe in den hinteren Flügel des Hauses hinunter. Dort öffnete sie eine Tür. »Dies ist Miss Starrs Zimmer.«
    Der Raum war bescheiden tapeziert und eingerichtet, im übrigen aber ordentlich, sauber und bequem. Er enthielt ein weißlackiertes Eisenbett, einen einfachen Frisiertisch aus Fichtenholz mit einem großen Spiegel, einen breiten Schreibtisch, eine Kommode mit Schubladen, einen Schrank, ein Waschbecken mit einem kleinen weißen Medizinschränkchen darüber, einen ziemlich abgenutzten, mit Leder bezogenen Sessel, einen kleinen Tisch mit einer Stehlampe und drei einfache Stühle. Neben dem Bett stand ein Nachttisch und darauf ein billiger Wecker, der laut vernehmlich tickte und mir auf die Nerven ging.
    »Wer hat den Wecker aufgezogen?« fragte ich.
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Miss Starr ist doch seit gestern verschwunden.«
    »Ja, seit gestern nachmittag.«
    »Wenn der Wecker aufgezogen ist, geht er doch für vierundzwanzig Stunden?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ja.«
    »Selbst wenn Miss Starr ihn gestern morgen also erst aufgezogen hat, müßte er inzwischen abgelaufen sein.«
    Unsicher antwortete sie: »Ich weiß es wirklich nicht. Die Kriminalpolizei hat inzwischen dieses Zimmer durchsucht. Vielleicht hat einer der Beamten das Werk aufgezogen.«
    Ich nahm die Uhr in die Hand und begann sie aufzuziehen. Sie war nahezu abgelaufen. Die Weckvorrichtung war abgestellt. Sie stand auf sechs Uhr fünfzehn.
    »Wollen Sie sich hier noch weiter umsehen?« fragte sie.
    »Ja, das möchte ich.«
    Mrs. Croy schien einen Moment zu überlegen, ob sie mich allein lassen solle, dann zog sie sich einen Stuhl heran, setzte sich und beobachtete, wie ich den
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