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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition)
Autoren: Wiebke Lorenz
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Jan Falkenhagen auf ihrem.
    »Nein!«, presst sie hervor. »Lass mich los! Lass mich los!« Keinen Millimeter bewegt er sich, die Last drückt sie unbeweglich auf die kalten Steinplatten unter ihr. Sie rudert mit den Armen hinter ihrem Rücken, versucht, den Arzt irgendwie zu erwischen. Ihn zu schlagen, ihn zu kratzen, ihn irgendwie von sich runterzukriegen.
    »Hören Sie doch auf!«, sagt er jetzt wieder mit dieser nachsichtigen Therapeutenstimme. »Sie verletzen sich ja!« Doch in ihrer Todesangst strampelt sie weiter, tritt und schreit. Zwecklos, Jan Falkenhagen ist zu stark, sie gibt den Widerstand auf. Und schließt die Augen. Dann, auf einmal, ein rettender Gedanke: Herzelfe! Marie reißt die Augen auf. »Ihr könnt mich nicht töten!«, ruft sie, ihre Stimme überschlägt sich fast. »Herzelfe!« Sie ruckt mit dem Kopf, ihr Kinn schlägt so hart auf die Bodenfliesen, dass sie sich auf die Zunge beißt. Der metallische Geschmack von Blut, sie spuckt eine rote Pfütze aus, spricht trotzdem hektisch weiter. »Die andere Frau aus dem Forum, sie weiß Bescheid, sie weiß alles !«, droht Marie. »Wenn ihr mich umbringt, wird sie wissen, was passiert ist. Damit kommt ihr nicht durch, wenn ihr mich tötet, kriegen sie euch!« Marie läuft der Schweiß in Strömen runter, Jans Gewicht nimmt ihr die Luft zum Atmen.
    Plötzlich verschwindet der Druck auf ihr. Jan Falkenhagen lässt sie los und steht auf. Einfach so. Hinter ihr erklingt ein seltsames Geräusch. Ein Lachen. Ein lautes, fast hysterisches Lachen. Vera. Irritiert hebt Marie den Kopf, dreht sich um, sieht Vera. Sie und der Arzt stehen vor ihr, blicken verwundert auf sie herab.
    »Aber Marie!« Vera hat aufgehört zu lachen. »Was denkst du denn? Wir wollen dich doch nicht töten!«
    Nicht. Töten.
    Marie versteht gar nichts mehr. Immer noch voller Angst steht sie auf.
    »Hast du das etwa geglaubt?« Vera schüttelt den Kopf.
    »Frau Neumann«, sagt Jan Falkenhagen, »Sie brauchen keine Angst zu haben. Patrick und Felix haben den Tod verdient. Aber Sie?« Jetzt schüttelt er den Kopf. »Nein, das würden wir nie tun.«
    »Nein?«, wiederholt Marie ungläubig. Statt Erleichterung verspürt sie immer noch Angst. »Das … das verstehe ich nicht, ich weiß doch jetzt alles. Alles weiß ich!«
    »Das stimmt«, bestätigt Vera. »Aber das ist kein Grund, dich zu töten. Wir müssen nur unsere Pläne ändern, mehr nicht.«
    »Was … was für Pläne?«
    »Ich hatte fest vor, Patricks Geld nie anzurühren«, sagt sie. »Keinen Cent von diesem schmutzigen, dreckigen Erbe!« Wieder legt Jan Falkenhagen einen Arm um Veras Schulter. »Wir haben natürlich darüber gesprochen, was passiert, wenn sie uns entdecken. So gut unser Plan auch war, es gibt immer etwas, mit dem man nicht rechnet.« Sie lächelt Marie an. »In diesem Fall warst das du. Also werden wir verschwinden müssen. Und dafür brauchen wir das Geld meines Bruder, leider.« Sie gibt Jan einen zärtlichen Kuss auf die Wange. »Wir werden ein neues Leben anfangen, irgendwo, wo uns keiner kennt.« Ein entschuldigender Ausdruck tritt auf ihr Gesicht. »Wir werden dich jetzt hier einsperren müssen. Aber nicht lange, keine Angst, nur bis wir in Sicherheit sind. Es wird nicht lange dauern.«
    »Wir sind keine Verbrecher«, ergänzt Jan Falkenhagen. »Wir würden nie einem Unschuldigen etwas tun. Ihnen wird nichts geschehen, glauben Sie mir!«
    Einem Unschuldigen. Etwas tun. Neues Leben. Anfangen.
    Und dann: Es ist das, was jemand verdient, der einen anderen Menschen mutwillig zerstört. Die Worte von Dr. Falkenhagen. Seine eigenen Worte.
    Wieder beginnen Maries Hände zu zittern. Doch diesmal nicht vor Angst. Sondern vor Zorn. Und vor Hass. Weil ihr Leben zerstört ist, wegen dieser zwei Menschen, die da vor ihr stehen. Weil es keinen Ort auf der Welt gibt, wo sie, Marie, neu anfangen könnte – keinen, nirgends!
    »Marie«, sagt Jan Falkenhagen mit sanfter Stimme. »Ich kann mir vorstellen, dass das ein Schock für Sie ist.«
    Sie antwortet nicht. Sagt nichts. Tut nichts. Aber in ihrem Kopf, da tut sie etwas. In Gedanken springt sie zum Kamin, greift den Feuerhaken von dem Messingständer, stürzt auf die beiden zu, rammt erst ihm den Haken in den Hals, bohrt ihn von unten durchs Kinn in seinen Rachen, sodass er röchelnd nach hinten kippt, wirft sich dann auf Vera, schleudert sie zu Boden, reißt den Feuerhaken aus Jan Falkenhagens Kopf, schlägt mit der blutigen Waffe auf Vera ein, einmal und noch einmal und
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