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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig
Autoren: Kirsten Miller
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Haven und genoss das Gefühl, wie der Name ihr Herz ein winziges bisschen stolpern ließ. Haven liebte nichts mehr, als sich Geschichten über ihre vergangenen Romanzen erzählen zu lassen. Jede hatte ihren ganz besonderen Hergang und ihre einzigartigen Umstände. Und jedes Mal, wenn sie glaubte, nun alle gehört zu haben, entführte Iain sie in ein weiteres Leben in irgendeinem fernen Land. Doch die Reisen in ihre gemeinsame Vergangenheit waren nicht immer nur schön. So viele Leben sie auch glücklich miteinander verbracht hatten, es gab auch jede Menge, die für einen von ihnen zu früh geendet hatten oder in denen sie einander vergeblich gesucht hatten. Haven konnte sich an diese finsteren Zeiten nicht erinnern, und Iain sprach nur selten davon, aber sie wusste, dass die Erinnerungen daran ihm lebhaft im Gedächtnis geblieben waren.
    »Hast du je die Gelegenheit bekommen, mit Beatrice zu sprechen?«, fragte Haven nun behutsamer. »Hast du ihr gesagt, was du für sie empfindest?«
    »Ja, aber das war nicht ganz einfach. Beatrices Eltern waren nicht gerade die angenehmsten Menschen. Sie machten ihr das Leben schwer – und zu Piero waren sie unglaublich grausam. Du hättest Schläge bekommen, wenn sie uns zusammen gesehen hätten, darum flüsterten wir nur manchmal durch die Hecken im Hof miteinander. Beatrice hatte furchtbare Angst, dass ihr Vater sie zwingen würde, einen seiner Geschäftspartner zu heiraten. Ich versprach ihr, dass ich das nicht zulassen würde. Aber wie du weißt, habe ich nicht lange genug gelebt, um mein Versprechen zu halten.«
    »Und wie ging es dann weiter mit Beatrice?«
    »Ich bin nicht ganz sicher«, gab Iain zu.
    Haven lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, als der Kellner sich näherte. Iain warf einen Blick in die Karte und bestellte für sie beide in fließendem Italienisch. Haven lag die ganze Zeit eine Frage auf der Zunge.
    »Du bist nicht ganz sicher?«, fragte sie, als der Kellner wieder verschwunden war. Sie hatte nicht zum ersten Mal den Verdacht, dass Iain sie vielleicht vor irgendeiner unschönen Wahrheit beschützen wollte.
    »Wahrscheinlich ist Beatrice an der Pest gestorben«, antwortete Iain. »So wie die meisten Einwohner von Florenz. Ich weiß nur, dass die Vettori-Familie das Haus, das wir vorhin gesehen haben, verlassen hat. Nach dem, was ich gelesen habe, hat sich dann ein Grüppchen abtrünniger Ärzte dort eingenistet, die keine Lust mehr hatten, anderen zu helfen, sondern lieber sich selbst retten wollten. Sie versteckten sich in der Villa, tranken den gesamten Wein der Vettoris und aßen ihre Vorräte auf, bevor schließlich auch sie von der Pest dahingerafft wurden. Einer dieser Ärzte hat bis zu seinem Todestag ein Tagebuch geführt, aber auch er scheint nicht gewusst zu haben, was aus den Vettoris geworden ist, nachdem sie Florenz verlassen hatten. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Familie in den Massengräbern draußen vor der Stadt gelandet.«
    »Das ist ja eine schreckliche Geschichte«, sagte Haven, die es plötzlich bereute, überhaupt gefragt zu haben.
    »Ja«, stimmte Iain ihr zu. »Aber mach dir nicht zu viele Gedanken darüber. Wir hatten auch so viele Happy Ends. In unserem darauf folgenden Leben waren wir Bauern in Kathmandu. Wir heirateten, als wir siebzehn waren, und lebten mehr als vierzig Jahre lang glücklich zusammen.«
    »Hatten wir Kinder?«, fragte Haven ein bisschen zu laut, und ein Mann am Nebentisch warf ihr einen verwirrten Blick zu. »Hatten wir?«
    »Nein, aber dafür drei ganz zauberhafte Yaks«, entgegnete Iain, als der Kellner zwei Gläser Wasser vor sie auf den Tisch stellte. »Und sechsunddreißig Nichten und Neffen.«
    »Sechsunddreißig?« Haven bekam schon Kopfschmerzen, wenn sie nur daran dachte. »War das nur in unserer Familie so, oder besprangen sich damals alle wie die Karnickel?«
    Iain verschluckte sich an seinem Wasser und konnte gerade noch verhindern, dass er alles über den Tisch spuckte. »Wie immer ganz die wohlerzogene Südstaatenlady.« Er lachte mit der Serviette vor dem Mund. »Im Nepal des vierzehnten Jahrhunderts gab es nun mal nicht viel anderes zu tun. Manchmal konnte es ziemlich langweilig werden, aber für mich ist es bis heute eins unserer besten gemeinsamen Leben. Manchmal wache ich immer noch morgens auf und habe plötzlich Lust auf einen Becher Yakbuttertee.« Zufrieden sah er zu, wie Haven das Gesicht verzog. »Du mochtest den auch«, behauptete er. »Irgendwann fahre ich noch mal mit dir nach
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