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Im Bann des Feuers Drachen2

Im Bann des Feuers Drachen2

Titel: Im Bann des Feuers Drachen2
Autoren: cross
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    D er gewaltige Aasvogel sank rasend schnell vom Himmel herab und warf seinen kühlen Schatten rasch über die ganze Straße der Geißelung.
    Die Zuschauer, die mich noch vor wenigen Augenblicken hatten steinigen wollen, hielten einen Herzschlag lang inne, bis ihnen zu Bewusstsein kam, was sie da sahen: Eine Kreatur aus der Legende stürzte sich auf sie, mit einer Flügelspannweite von fast siebzehn Metern, den Rachen mit den rasiermesserscharfen Zähnen aufgerissen und die säbelartigen Krallen ausgestreckt, der riesige Körper von einem blauen Schimmer umhüllt.
    Sie starrten auf einen Himmelswächter, ein Wesen, das als Wächter des Himmlischen Reiches Gewalt über Leben und Tod sowohl der sterblichen Menschen als auch der göttlichen Drachen hatte.
    Eine Kreatur, die, und das wussten sie nicht, der Geist meiner Mutter war. Sie würde nicht zulassen, dass sie mich steinigten, nur weil ich die Kühnheit besaß, als Novizin in die Lehre des Drachenmeisters zu gehen. Oh nein. Ihr Geist wollte, dass ich lebte, damit ich so ihren eigenen, wahnsinnigen Zwecken dienen konnte.
    Der Himmelswächter krächzte; sein Schrei ließ sowohl die Herzen der Menschen als auch die Bretter der nahegelegenen Stallungen erzittern. Die Zuschauer gingen in Deckung, ausnahmslos, kreischend vor Angst.
    Ich saß derweil auf dem Rücken eines Drachen auf der Straße der Geißelung, auf der Kreatur gehalten von Waikar Re Kratt, dem Ersten Sohn des Kriegerfürsten von Brut Re. Aus mir bislang unbekannten Gründen war Kratt mitten in den Steinhagel hineingeritten und hatte mich auf sein Reittier gezerrt. Als der Himmelswächter jetzt krächzte, antwortete der Brutdrachen, auf dem wir ritten, mit einem lauten Trompeten und bäumte sich auf; ohne Sattel, an dem ich mich hätte festklammern können, landete ich mit einem harten Rumms auf dem Boden. Die scharfen Krallen des Drachen zischten dicht über mir durch die Luft; die spitzen Steine, die den Boden bedeckten, bohrten sich schmerzhaft in meine nackten Pobacken und meine Beine. Ich wich auf allen vieren vor dem Drachen zurück.
    Der Himmelswächter schoss mit erschreckender Geschwindigkeit auf uns herab. Knapp fünf Meter über dem Erdboden fing er seinen Sturz ab und fegte über die Straße; er wirbelte Staub auf und hinterließ den stechenden Gestank von Aas, während die Luft plötzlich unnatürlich kalt wurde.
    Die Drachen der Parade, die an die mit Satin und Silberschmuck hergerichteten Karren geschirrt waren, trompeteten ebenfalls und versuchten zu fliehen. Krallen blitzten wie frisch gehämmerter Stahl, und fast transparent wirkende Kinnlappen schimmerten milchig in der Sonne, als die Drachen sich aufbäumten und gegen ihr Geschirr kämpften. Kutschen überschlugen sich, verkeilten sich ineinander und schleuderten kreischende Bayen- Frauen und ihre Kinder in den Staub der Straße.
    Mit einem mächtigen Schlag seiner gewaltigen, bebenden Schwingen schwang sich der leuchtende Himmelswächter von der Straße in den Himmel empor. Er kreischte noch einmal laut auf, es war ein peinigender, ohrenbetäubender Laut, und flog dann mit rauschenden Schwingen auf eine einsame Wolke zu, die hoch oben an dem grellen, blauen Himmel schwebte.
    Meine Mutter ließ mich wieder im Stich.
    Trauer überwältigte mich, als ich zusah, wie der Himmelswächter sich zu einer zirkonfarbenen Murmel verkleinerte und schließlich in der Wolke verschwand.
    Der Brutdrache, auf dem ich gesessen hatte, bockte, schlug die Krallen in den Boden, schnaubte, verdrehte die Augen, und aus seinem Mund flog nach Drachengift duftender Schaum. Waikar Re Kratt hatte alle Hände voll zu tun, den Drachen zu zügeln und sich im Sattel zu halten. Sein schwarzblauer Seidenumhang leuchtete hinter ihm auf wie die Schwingen eines gigantischen, aufgeregten Raben.
    Ich krabbelte noch weiter von seinem panischen Reittier weg und sah mich ungläubig um.
    Die Menge war verschwunden. Die Schüler des Drachenmeisters, Mönche, Zuschauer sowie die anwesenden Ersten Heiligen Hüter – sie alle waren in Deckung gegangen. Mutter, soll heißen der Himmelswächter, hatte mir das Leben gerettet.
    »Hoch mit dir, Mädchen.«
    Mein Blick zuckte zu dem geröteten Gesicht des Drachenmeisters von Brut Re. Im Unterschied zu den anderen war er nicht vor dem Himmelswächter geflohen, oh nein. Er war mitten auf der Straße der Geißelung stehen geblieben. Als er jetzt auf mich zuschritt, seine grüngefleckte braune Haut im Sonnenlicht glänzte und der kurze
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