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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig
Autoren: Kirsten Miller
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Kellner mein gesamtes Bargeld gegeben«, sagte Iain. »Für ein Taxi habe ich nichts mehr übrig.« Haven stellte zu ihrer Überraschung fest, dass er kein bisschen besorgt wirkte. Er grinste sogar, als er sich den Schal fester um den Hals zog und die Enden in den Kragen seines Mantels stopfte. »Hättest du Lust auf einen kleinen Spaziergang?«
    »Ob ich Lust hätte? Iain, jetzt hör mir mal zu«, flehte Haven, deren Zähne schon zu klappern angefangen hatten. »Er muss hier irgendwo sein.« Sie rechnete jeden Moment damit, die schwarz gekleidete Gestalt um eine Ecke oder hinter einem Auto hervorkommen zu sehen. Es gab keine Nische, in der er nicht hätte lauern können. »Er ist uns von Rom aus hierher gefolgt. Wir können nicht länger hierbleiben.«
    »Haven, ich verspreche es dir. Er ist nicht in Florenz. Wenn er es wäre, dann wüsste ich das. Und das mit dem Spaziergang war sowieso eine rhetorische Frage. Wenn du nicht gerade vorhast zu trampen, bleibt uns nichts anderes übrig, als zu laufen.«
    »Na, dann beeilen wir uns besser.« Haven stürmte auf ihren Acht-Zentimeter-Absätzen voran.
    »Haven!«, rief Iain ihr hinterher. Sie drehte sich um und sah, dass er in die entgegengesetzte Richtung zeigte. »Zu unserem Hotel geht es da lang.«
    Haven biss sich hinter ihrem Kaschmirschal auf die Lippe, bis sie Blut schmeckte. Sie war nicht verrückt. Sie wusste, was sie gesehen hatte. Der Ring der Frau – die Platinschlange, die sich in den eigenen Schwanz biss – hatte sie als Mitglied der Ouroboros-Gesellschaft zu erkennen gegeben. Der geheimen Organisation, die der Mann in Schwarz leitete. Adam Rosier. Und wo Adam die Finger im Spiel hatte, gab es keine Zufälle. Wie hatte sie nur so dumm sein können zu glauben, dass sie ihn täuschen könnte.
    Viele Monate waren vergangen, seit Haven das Hauptquartier der Ouroboros-Gesellschaft zum letzten Mal betreten hatte. Doch auch wenn die Organisation nun am anderen Ende des Atlantiks lag, war sie in Havens Gedanken allgegenwärtig. Die Gesellschaft, deren Sitz ein imposantes, efeuüberwuchertes Herrenhaus am Rand des Gramercy Parks in Manhattan war, hatte sich einst der wissenschaftlichen Erforschung der Reinkarnation gewidmet. Ihr wohlmeinender Gründer war der Ansicht gewesen, dass Menschen, die mit dem Wissen aus früheren Leben geboren wurden – Menschen wie Iain Morrow und Haven Moore –, sich dem Ziel verschreiben sollten, die Welt zu verbessern. Adam Rosier hatte das alles geändert. Nachdem er die Leitung der OG übernommen hatte, hatte sie sich in eine Art fragwürdigen Club verwandelt. Noch immer strömten Menschen aus der ganzen Welt mit außergewöhnlichen Erinnerungen in das Gebäude am Gramercy Park, in der Hoffnung, dort mehr über die Leben zu erfahren, die sie einst geführt hatten. Viele von ihnen besaßen besondere Fähigkeiten, die sie sich im Laufe zahlreicher Leben angeeignet hatten. Unter ihnen waren medizinische Gelehrte und Mathematikgenies. Künstler und Schauspieler. Politiker, die das Volk zum Jubeln oder Weinen bringen konnten. Pianisten, die ihr Publikum mit ihren Fingerspitzen in den siebten Himmel versetzten.
    Wer sie waren oder was ihre Fähigkeiten gewesen sein mochten, war nicht wichtig. Sobald sie in die Gesellschaft eintraten, machten sie sich zu Sklaven des dort herrschenden Systems. Alle Ewigen (wie sie sich selbst nannten) bekamen ein Konto und wurden angewiesen, wertvolle »Punkte« zu sammeln, indem sie einander halfen. Dieses System wirkte so lange völlig harmlos, bis die Mitglieder herausfanden, dass sich mit OG-Punkten alles kaufen ließ, was sie im tiefsten Innern begehrten – Ruhm, Reichtum, Drogen oder Sex. Früher oder später wurden Macht und Punkte für jedes der Mitglieder zur Besessenheit. Diejenigen, die sich weigerten, dieses Spiel mitzuspielen, bekamen Besuch von Adams »Grauen« – und wurden danach oft nie wieder gesehen. Aber nur wenige weigerten sich, und so wurde die Welt mit jedem neuen Mitglied, das die Gesellschaft anwarb, ein kleines bisschen dunkler.
    Ganz nach Adam Rosiers Plan. Er war das Hauptmotiv von Marta Vegas unheimlichen Gemälden – die finstere Gestalt, die all die Tragödien auslöste. Die Frage, was er war, konnten einem wohl nur Gelehrte, Schamanen oder Priester beantworten. Tausende von Jahren war er ziellos durch die Welt gestreift und hatte dabei Verwüstung hinterlassen, Lügen verbreitet und Chaos gesät, wo immer er konnte. Doch im Jahr 1925 hatte er sich dann in
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