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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig
Autoren: Kirsten Miller
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und aus roter Seide und so gut geschnitten, dass es jeden Makel verdeckte und die Vorzüge ihrer Figur perfekt zur Geltung brachte. Zwei Männer drehten sich an ihrem Tisch in der Nähe des Eingangs um und gafften sie unverhohlen an, als sie und Iain zu ihrem Platz geführt wurden. Die Tische in dem Restaurant standen sehr eng, und während Haven sich dazwischen hindurchquetschte, wanderten unzählige Augenpaare von ihrem Kleid über ihr Gesicht bis hoch zu ihrer wilden schwarzen Mähne, bevor sie sich zurück auf die Teller vor ihnen senkten. Nur ein Mann starrte Haven weiter auf die Brust, was ihm einen diskreten, aber unmissverständlichen Stoß von Iains Ellbogen einbrachte, als sie an seinem Tisch vorbeikamen.
    Es war nicht das erste Mal, dass plötzlich alle Blicke auf Haven gerichtet waren. In ihrer Kindheit und Jugend im winzigen Snope City in Tennessee war ihr immer unangenehm bewusst gewesen, dass die ganze Stadt sie beobachtete. Doch damals hatten die Leute Angst vor ihr gehabt. Einem kleinen Mädchen, das Visionen von fremden Orten hatte, konnte man nicht trauen – zumal seine eigene Großmutter unermüdlich verkündete, dass es der Teufel selbst sei, der ihr diese Visionen schicke. Jetzt aber lagen fünftausend Meilen und ein ganzes Jahr zwischen ihr und Snope City. Haven war ein völlig anderer Mensch geworden, und zum ersten Mal in ihrem Leben begann sie, die Aufmerksamkeit anderer zu genießen, wenn sie ihr zuteil wurde. Es gefiel ihr, wie die Leute sie ansahen, mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid. Gegen solche Blicke hatte sie rein gar nichts einzuwenden, und oft wählte sie ihre Kleidung so aus, dass sie sich ihrer sicher sein konnte. Auch wenn Iain und sie eigentlich unentdeckt bleiben wollten.
    »Tut mir leid, dass der Laden so überfüllt ist«, flüsterte Iain Haven zu, als sie schließlich saßen. »Meine Mutter hat immer gesagt, das Essen hier ist besser als die Atmosphäre.«
    »Abgesehen von deinem Fanclub finde ich die Atmosphäre gar nicht so schlecht«, entgegnete Haven und beendete ihr Blickduell mit einem Mädchen am anderen Ende des Raums, das offensichtlich von Amors Pfeil getroffen worden war. »Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es in ganz Italien einen Koch gibt, der etwas zustande bringt, das mit deinen Omeletts mithalten kann. So, und nun Schluss mit dem Smalltalk, Mr Morrow. Kommen wir zum Geschäftlichen. Du hast mich ganze drei Stunden schmoren lassen. Jetzt erzähl mir endlich mehr über Piero und Beatrice. Wie hast du sie kennengelernt? Wie waren sie?«
    »Wild. Piero habe ich an meinem fünfzehnten Geburtstag kennengelernt. Da wollte er mir mit einem Stein den Schädel einschlagen.«
    »Entzückend«, sagte Haven lachend. Sie liebte Beau über alles, aber jeder, der ihn kannte, wusste, dass er alles andere als ein Pazifist war.
    »Ja. Piero war ein netter Kerl, aber so jähzornig, wie man sich nur vorstellen kann. Damals hat er mich beschuldigt, sein Pferd stehlen zu wollen. Er hatte es nicht angebunden, und ich bin zufällig vorbeigekommen, nachdem es dem Wagen eines Gemüsehändlers hinterhergetrottet war. Wir hatten uns schon grün und blau geprügelt, als das Pferd auf einmal wieder auftauchte, auf der Suche nach seinem Besitzer. Piero entschuldigte sich, also schlossen wir Waffenstillstand und entschieden uns, in Zukunft auf derselben Seite zu kämpfen. Ein paar Tage später lud er mich zu sich nach Hause ein, wo ich zum ersten Mal seine kleine Schwester sah, die sich mit einem Kleid für die Mutter der beiden abmühte. Wenn ich mich recht erinnere, war das die Strafe dafür, dass sie sich in der Nacht zuvor aus dem Haus geschlichen hatte. Beatrice steckte so gut wie immer in Schwierigkeiten, genauso wie Piero. Sie stachelten einander immer wieder an. Und, wie du ja mittlerweile weißt, manche Dinge ändern sich einfach nie.«
    »Also war es Liebe auf den ersten Blick, als du Beatrice gesehen hast?«
    Haven hatte ihn nur necken wollen, aber Iains Antwort war ernst.
    »Das ist es immer. Ich musste noch nicht mal mit ihr reden. Ich wusste im selben Moment, als ich Beatrice mit der Nadel in der Hand sah, dass du es warst. Die nächsten paar Wochen über habe ich mich ständig vor dem Haus der Vettoris herumgedrückt, in der Hoffnung, einen Blick auf sie zu erhaschen. Piero hat das wahnsinnig gemacht. Er war schon immer schrecklich überfürsorglich.«
    »Wie war damals dein Name?«, wollte Haven wissen.
    »Ettore«, sagte Iain.
    »Ettore«, wiederholte
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