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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet
Autoren: Jonathan Safran Foer
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das ist es was wir getan haben wir haben unsere eigenen babys getötet um sie zu retten
    22.Januar 1998
    Lieber Jonathan!
    Wenn du diesen Brief liest, dann weil Sascha ihn gefunden und für dich übersetzt hat. Das bedeutet, dass ich tot bin und dass Sascha lebt.
    Ich weiß nicht, ob Sascha dir erzählen wird, was heute Nacht hier passiert ist und was weiter passieren wird. Es ist wichtig, dass du weißt, was für eine Art Mann er ist, und darum sage ich es dir.
    Das ist passiert: Er sagte zu seinem Vater, dass er für Mutter und Klein-Igor sorgen würde. Es war nötig, dass er es sagte, damit es Wirklichkeit wurde. Schließlich war er bereit. Sein Vater konnte es nicht glauben. Was?, fragte er. Was? Und Sascha sagte noch einmal, dass er für die Familie sorgen würde, dass er verstehen könnte, wenn sein Vater fortgehen und nie zurückkehren würde, und dass ihn das sogar nicht weniger zu einem Vater machen würde. Er sagte seinem Vater, dass er ihm vergeben würde. Oh, sein Vater wurde so wütend und so voller Zorn, und er sagte Sascha, dass er ihn umbringen würde, und Sascha sagte seinem Vater, dass er ihn umbringen würde, und sie gingen gewaltsam aufeinander zu, und sein Vater sagte: Sag es mir ins Gesicht und nicht zum Boden, und Sascha sagte: Du bist nicht mein Vater.
    Sein Vater stand auf und nahm einen Beutel aus dem Schrank unter der Spüle. Er füllte den Beutel mit Sachen aus der Küche, mit Brot, Wodkaflaschen, Käse. Hier, sagte Sascha und nahm aus der Keksdose zwei Hände voll Geld. Sein Vater fragte, woher das Geld war, und Sascha sagte ihm, dass er es nehmen und nie mehr zurückkommen sollte. Sein Vater sagte: Ich brauche dein Geld nicht. Sascha sagte: Es ist kein Geschenk. Es ist eine Bezahlung für alles, was du hinter dir lässt. Nimm es und komm nie mehr zurück.
    Sag es mir in die Augen, und ich verspreche, dass ich nie mehr zurückkommen werde.
    Nimm es, sagte Sascha, und komm nie mehr zurück.
    Mutter und Iggy waren so aufgeregt. Iggy sagte zu Sascha, dass er dumm war und dass er alles zerstört hatte. Er weinte die ganze Nacht, und weißt du, wie es ist, Iggy die ganze Nacht weinen zu hören? Aber er ist so jung. Ich hoffe, dass er eines Tages verstehen kann, was Sascha getan hat, und dass er ihm vergeben und auch danken kann.
    Ich habe heute Nacht mit Sascha gesprochen, nachdem sein Vater gegangen war, und ich habe ihm gesagt, dass ich stolz auf ihn bin. Ich habe ihm gesagt, dass ich noch nie so stolz gewesen bin und dass ich noch nie so sicher gewesen bin, wer er ist.
    Aber Vater ist dein Sohn, sagte er. Und er ist mein Vater. Ich sagte: Du bist ein guter Mann, und du hast das Gute getan. Ich legte meine Hand auf seine Wange und dachte an die Zeit, als meine Wange wie seine Wange war. Ich sagte seinen Namen - Alex - , der seit vierzig Jahren auch mein Name ist. Ich werde bei Heritage Touring schuften, sagte er. Ich werde Vaters Abwesenheit ausfüllen. Nein, sagte ich. Es ist eine gute Arbeit, und ich kann genug Geld verdienen, um für Mutter und Klein-Igor und dich zu sorgen. Nein, sagte ich. Mach dir dein eigenes Leben. So kannst du am besten für uns sorgen.
    Ich brachte ihn ins Bett. Das ist etwas, das ich nicht getan habe, seit er ein Kind war. Ich deckte ihn mit Decken zu und kämmte ihm mit den Fingern die Haare.
    Versuche so zu leben, dass du immer die Wahrheit sagen kannst, sagte ich.
    Das werde ich, sagte er, und ich glaubte an ihn, und das war genug.
    Dann ging ich in Iggys Zimmer, und er schlief schon, aber ich küsste ihn auf die Stirn und sagte einen Segen über ihn. Ich betete still, dass er stark sein soll und das Gute kennen soll und das Böse niemals kennen soll und keinen Krieg.
    Und dann kam ich hierher, in das Fernsehzimmer, um dir diesen Brief zu schreiben.
    Es ist alles für Sascha und Iggy, Jonathan. Verstehst du das? Ich würde alles geben, damit sie ein Leben ohne Gewalt leben können. Frieden. Das ist alles, was ich für sie will. Nicht Geld und nicht einmal Liebe. Es ist immer noch möglich. Das weiß ich jetzt, und das ist die Begründigung für so viel Glück in mir. Sie müssen noch einmal anfangen. Sie müssen alle Schnüre durchschneiden, nicht? Die Schnüre zu dir (Sascha hat mir gesagt, dass ihr euch nicht mehr schreiben werdet), die Schnüre zu ihrem Vater (der jetzt für immer weg ist), die Schnüre zu allem, was sie kennen. Sascha hat damit angefangen, und ich muss es jetzt zu Ende bringen.
    Alle im Haus sind im Bett außer mir. Ich schreibe dies im
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