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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib
Autoren: David Meinke
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schwarzes Herz. Er hatte keinen linken Arm. Er war Schweißer bei der B&W Werft gewesen, als ein Stahlseil gerissen war und ihm den Arm von der Schulter abgetrennt hatte. Ich streckte mich bis zu den äußersten Ästen und schüttelte die Äpfel nacheinander ab, während er mich vonunten anfeuerte. Schließlich sprang ich wieder hinunter. Er fing mich mit dem einen Arm auf.
    „Else, der Junge hat sage und schreibe achtundzwanzig Äpfel gepflückt. Heiliger Strohsack, kann der vielleicht klettern.“
    Genau dort. Das war mein Safe Place. Ich liebte Opa. Und er mochte mich. Da war ich mir sicher. Er konnte auch meinen Vater gut leiden.
    Ich umarmte beide fest am Bahnhof. Inzwischen war meine Oma im Vorruhestand und mein Opa in Rente. Sie lebten in einer Wohnung in Søborg.
    Riesentamtam beim Nachhausekommen. Sandra kam mit ihrer Studentenmütze auf dem Kopf die Treppe herab, sie trug ihr weinrotes Abikleid, das natürlich einen tiefen Ausschnitt hatte, unter dem ihr ambitiöser Push-up sein Übriges tat. Mein Vater übernahm das Kochen. Er war zurückhaltend und taktvoll. Und die nächste Stunde verlief total friedlich.
    Es klingelte. Joakims schwarze Lederjacke. Sandra lief hin, öffnete die Tür und warf sich ihm in die Arme.
    „Komm her, Baby, gib mir einen Kuss.“ Er hatte einen Blumenstrauß dabei.
    „Nix da“, sagte er. „Der ist nicht für dich. Wo ist die Dame des Hauses?“
    Unsere Mutter drehte sich lächelnd um. „Nein, ach Gott, Joakim, das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich stelle sie gleich in eine Vase.“ Mutter und Tochter waren aus dem gleichen Holz geschnitzt. Beide hingen an einem Loser. Mein Vater war aber immerhin ein … lieber Loser. Er mied Joakims Blick und spannte die Muskeln an, als der ihm einen Schlag auf die Schulter verpasste.
    Dann kam Joakim zu mir. Er zeigte auf die Blumenvase.
    „So kriegt man die Frauen weich“, verriet er mir.
    Dann kamen meine Tante Maria und ihr Mann Rolf. Meine Tante arbeitete halbtags in einer Nobelboutique am Strandvej. Sie war echt nett, wirkte aber ein wenig verhuscht. Rolf dagegen war ein Trottel. Mit seinem Lacoste-Hemd und seiner Buntfaltenhose sah er aus wie ein Relikt aus den Achtzigern. Es war ein peinlicher Moment, als Joakim und Rolf gleichzeitig ihre Sonnenbrillen ablegten – zwei Ray-Bans, Modell Aviator, mit Goldfassung und grünen Gläsern. Man sprach Glückwünsche aus, überreichte Geschenke und stieß auf Sandra an.
    Anschließend versammelten wir uns um den Tisch. Die Stimmung hatte einen kleinen Dämpfer erhalten. Mein Opa konnte meinen Onkel nicht leiden, mein Vater wiederum konnte Joakim nicht ausstehen. Die Männer lagen in ihren Schützengräben, während die Frauen eifrig Munition herantrugen.
    „Wie schön, dass du zurückgezogen bist“, sagte meine Tante an meinen Vater gewandt, der etwas verwirrt aussah.
    „It is so nice that you have moved back to Denmark.“ Akzent. „You are a good couple.“ Mein Vater nickte und lächelte. Ich fragte mich, ob meine Tante versuchen wollte, etwas Nettes zu sagen, um die Stimmung zu heben, die immer sauerstoffärmer wurde. Wir schnappten nach Luft.
    „Und Joakim, was treibst du so?“, fragte Onkel Rolf.
    „Ich bin Moderator bei The Voice TV “, antwortete er und fügte hinzu: „Also, ich moderiere zwischen den Videos, mache Interviews mit den Künstlern und so was.“
    Meine Tante biss sofort an. „Wen hast du denn schon alles interviewt?“
    „Na, gestern habe ich zum Beispiel mit den Girls von Sukkerchok gequatscht.“
    „Ist das diese Mädchengruppe?“
    „Jep.“
    „Das muss spannend sein.“
    „Ach. Man gewöhnt sich dran. Es sind ja auch nur Menschen.“
    Sandra strich ihm über den Rücken. „Wir waren neulich bei der Release-Party von Anna Davids neuer CD.“
    Eigentlich sollte ich drauf pfeifen. Mich für meine Schwester freuen. Einfach akzeptieren, dass Joakim stolz auf seinen Job als Moderator war. Ich sollte mir genau überlegen, mit wem ich mich anlegte. Das hatte der Schulpsychologe damals auch gemeint. Vielleicht hätte ich Vaters warnenden Blick beachten sollen, Himmel, er war ja bei Gott auch kein Fan von Joakim. Aber es ging einfach nicht.
    „ Fuck you “, sagte ich zu Joakim.
    „Wie bitte?“, sagte er.
    „Hat sie das nicht gesungen? Anna David. FUCK YOU . Mit langem f-Laut.“
    „Ja, aber das war auf ihrer letzten CD.“
    „Kommt es auch schon mal vor, dass eine mit dir ins Bett will?“
    „Na ja, das passiert natürlich schon mal.“ Er merkte
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