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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang
Autoren: Benioff David
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rebellischen Punkrockers. Aber er dachte an die Straße, in der SadJoe aufgewachsen war, mit ihrem Stacheldraht und Methangestank, und er dachte an die Rasierklingennarben und an die Mutter hinter dem Fenster, mit dem zusammengerafften Vorhang in der Hand, und er dachte an die Freunde, die sich auf die Rückbank gezwängt hatten, um bei der zweihunderttausendsten Meile dabei zu sein, und er dachte, wenn einer das S auf dem Schild einer Shell-Tankstelle kaputt schießt, nur um mit seinen Kumpeln zusammen zu sein, dann SadJoe.
    Tabachnik wollte Molly gegenüber nichts davon erwähnen, und so sagte er stattdessen: »Die Hölle sind die anderen.«
    Molly wandte sich vom Fenster ab und sah ihn scharf an. »Wirklich?«
    »Nein, ich meine, das ist ein Zitat. Das stammt nicht von mir.«
    Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und sagte: »Das habe ich noch nie gehört.«
    Tabachnik schaute zum Fenster hinaus, aber es war zu dunkel, um draußen etwas sehen zu können. Er sah nur sein eigenes Gesicht, das sich in der Scheibe spiegelte, und Mollys gesenkten Kopf und die leeren Sitze um sie herum.

    Sie gingen in ein rund um die Uhr geöffnetes türkisches Restaurant in der Houston Street, tranken kleine Tässchen bitteren schwarzen Kaffees, aßen siruptriefende Baklava. Der Türke an der Registrierkasse hatte das Kreuzworträtsel der Daily News zwischen den Ellbogen auf dem Tresen liegen. Er kaute auf dem Radiergummi am Ende seines Bleistifts herum.
    »Ich werde dich zum Star machen«, sagte Tabachnik zu Molly. Er lächelte nie, wenn er diese Worte sagte; er machte nie Witze damit. Er sagte den Satz ganz ruhig, sprach jede Silbe deutlich aus und blickte seinem Gegenüber dabei direkt in die Augen. Er wusste, dass alle Kids in Amerika nur darauf warteten, diese Worte zu hören, zumindest alle Kids, die ihm wichtig waren. Sie wollten ihm glauben. Sie brauchten es, ihm zu glauben.
    Molly holte tief Luft. Sie lächelte und blickte hinunter auf ihre Finger, die die einzelnen Schichten des Gebäcks auseinanderzupften. Sie wirkte sehr jung, sehr schüchtern, ein errötender Backfisch beim ersten Rendezvous.
    »Ich vögle auch so mit dir«, sagte sie. »Du musst mir nicht in den Arsch kriechen.«
    Tabachnik nahm Blickkontakt mit dem Türken am Tresen auf. Der Türke grinste.
    »Zahlen«, sagte Tabachnik.

    Sie hatte ein kleines Zimmer in einer Wohnung in Alphabet City, die sie sich mit fünf weiteren Musikern und Schauspielern teilte. Sie führte Tabachnik an der Hand durch die düsteren Flure, vorbei an Stapeln schmutziger Wäsche,
einem schlafenden Hund und einer Wasserpfeife, die umgekippt und ausgelaufen war.
    Als sie in ihr Zimmer kamen, machte sie die Tür zu und schob den Schließriegel vor. Sie sah Tabachniks hochgezogene Augenbrauen und sagte: »Hier passieren merkwürdige Dinge. An Silvester wurde ein Typ niedergestochen.«
    Tabachnik wollte keine Details hören. Er legte die Hand an ihre Wange und küsste sie auf den Mund, und sie schnallte seinen Gürtel auf und öffnete den Reißverschluss seiner Hose, und er dachte, Herrgott, wozu die Eile? Und dann wurde ihm bewusst, dass er sehr, sehr alt war. Bald war es so weit, dass er keine Ahnung mehr hatte, was die Kids im Radio hören wollten. A&R-Leute wurden nicht mit Würde alt - entweder stiegen sie auf oder sie wurden abgesägt. Tabachnik war gut, ein Mann für alle Jahreszeiten, aber er hatte nie den ganz großen Treffer gelandet. Er hatte nie eine Gruppe unter Vertrag genommen, aus der eine Supergruppe wurde wie Nirvana oder R. E. M. oder Pearl Jam. Die Männer, die Supergruppen unter Vertrag nahmen, waren nicht mehr A&R. Sie waren VVVVIPs.
    Er zog den Reißverschluss an ihrem Catsuit auf. Ihre Haut war wunderschön, die Farbe einer Zimtstange, und rötete sich an den Stellen, die sein Mund berührte. Molly schälte sich aus dem Catsuit und stand nackt vor ihm, die Hände aus gespielter Scham vor ihr Geschlecht gelegt. Tabachnik küsste ihren Hals und ihre Brüste und ihren Bauch, ging tiefer und tiefer, bis er vor ihr kniete.
    Hinterher lagen sie auf dem Rücken im Bett und hörten dem schlafenden Hund zu, der im Flur im Traum stöhnte.
    »Ich möchte dich nach L. A. mitnehmen und drüben Demotapes mit dir machen.«

    »Wir haben Demos«, sagte Molly und deutete auf einen schwarzen Gettoblaster, auf dem Musikkassetten aufgestapelt waren.
    »Ich möchte professionelle Tapes. Wir können morgen rüberfliegen.«
    »Was ist mit den anderen? Ich lasse die Band doch nicht
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