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Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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    1
    V or ungefähr einem Monat habe ich einen Pfahl durch das Herz des einzigen Mannes getrieben, den ich jemals geliebt habe. Zum Glück – oder auch zum Pech, je nach Wochentag und Stimmungslage – hat das aber nicht ausgereicht, ihn umzubringen.
    Bei Anbruch der Apokalypse wurde ich zur Anführerin einer Schar von Sehern und Dämonenjägern. Viel von diesem biblischen Prophezeiungsmist hat sich tatsächlich als wahr entpuppt.
    Für mich ist es eigenartig und gleichzeitig auch erschreckend, dass ausgerechnet ich auserwählt wurde, in der letzten Schlacht gegen das Böse die Guten anzuführen. Denn eigentlich war ich doch bloß eine Kellnerin, die früher mal Polizistin gewesen ist.
    Ach ja, und dass ich übersinnliche Fähigkeiten habe, muss ich auch noch erwähnen. Schon immer hatte.
    Nicht, dass mir diese Fähigkeiten jemals irgendwelche Vorteile verschafft hätten, außer vielleicht, dass sie mich den einzigen Job gekostet hatten, an dem ich hing, und auch den einzigen Mann, nämlich den zuvor schon erwähnten und so schwer vom Leben zu trennenden Exfreund Jimmy Sanducci. Ich hatte es sogar geschafft, dass mein Partner während des Einsatzes erschossen wurde. Darüber bin ich eigentlich nie hinweggekommen, obwohl mir seine Frau unermüdlich beteuert, dass es gar nicht meine Schuld gewesen sei.
    Um diese Schuld irgendwie wiedergutzumachen – als wenn das überhaupt ginge –, hatte ich die Frühschicht in einer Kneipe übernommen, die der Witwe Megan Murphy gehörte. Dabei wurden wir auch noch die besten Freundinnen. Wie das zustande kam, konnte ich mir auch nicht so recht erklären.
    Nachdem es im letzten Monat nur Tod und Zerstörung gegeben hatte, bin ich nach Milwaukee zurückgekehrt, um mir hier die nächsten Schritte zu überlegen. Die Armee der Finsternis war auf dem Siegeszug. Drei Viertel meiner Soldaten waren tot, der Rest versteckte sich.
    Für mich gab es keine Möglichkeit, sie aufzustöbern, ich wusste ja noch nicht einmal, wer sie waren. Außer … ich fand Jimmy. Doch diese Suche gestaltete sich weit schwieriger als gedacht.
    Also, während ich hier herumlungerte und auf eine alles klärende Vision wartete, hatte ich meine Arbeit im Murphy’s wieder aufgenommen. Schließlich musste eine Frau ja auch noch essen und außerdem die Hypothek abzahlen. Erstaunlicherweise bekam man als Anführerin der übersinnlichen Sonnenscheinfraktion – ich mache Witze, tatsächlich nennen wir uns Föderation – kein bisschen Kohle.
    In der Nacht, als die Hölle losbrach – mal wieder –, schob ich gerade eine Doppelschicht. Der Barkeeper, der mich ablösen sollte, erkrankte an der Ich-möchte-lieber-auf-das-Sommerfest-gehen-Grippe, und ich konnte Megan mit dem abendlichen Ansturm ja nicht alleine lassen.
    Nicht, dass es jetzt außergewöhnlich voll gewesen wäre. Die meisten Partygänger waren zum Sommerfest gepilgert, dem berühmten Milwaukeer Musikfestival, das mitten auf einem See stattfand. Von Zeit zu Zeit schneiten ein paar Bullen auf dem Heimweg herein – auf diese Klientel stützte sich Megans Kneipe. Doch um ehrlich zu sein, so tot hatte ich den Laden noch nie erlebt. Deshalb fiel es der Frau, die bei Einbruch der Dunkelheit auftauchte, auch nicht schwer, meine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Sie kam auf gefährlich hohen Absätzen hereingestöckelt, war groß, schlank und dunkel. Ihr Haar trug sie in einen exotischen Knoten geschlungen, mir selbst war eine solche Frisur nie geglückt, auch nicht, als ich noch überschulterlanges Haar hatte. Ihre bronzene Haut und die beinahe kupferfarbenen Brüste, die der tiefe Ausschnitt ihres Blazers freigab, glühten im Schummerlicht gegen das Weiß ihres Anzugs.
    Nach einem kurzen Blick verdrehte Megan die Augen und verzog sich in die Küche. Für Anwälte hatte sie nichts übrig. Wer hatte das auch schon? Die Garderobe, die hohen Hacken und das Transportmittel der Frau schrien doch förmlich: Blutsauger. In meiner Welt hingegen stand immer zu befürchten, dass dieser Ausdruck wörtlich zu verstehen war. Fast hätte ich laut losgelacht, als sie einen Cabernet bestellte.
    „Bei dem Anzug?“, fragte ich.
    Sie verzog den Mund – und ihre perfekt gezupften Augenbrauen kamen über den Rändern der dunklen Sonnenbrille zum Vorschein. Ihre Augen waren dahinter nur schemenhaft zu erkennen. Braun, vielleicht sogar schwarz. Auf jeden Fall nicht blau, so wie meine.
    Die Wangenknochen und die Nase deuteten an, dass sie indianische Vorfahren hatte. Im Gegensatz zu mir
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