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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang
Autoren: Benioff David
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Jungen, den ich gevögelt hatte, einen stillen Punkrocker mit orangefarbener Stachelfrisur. Wir dachten, dass es lustig wäre, in der Endzone des Footballfeldes unserer Highschool zu poppen, und das war es, wir lachten wie verrückt, als wir einander die Kleider vom Leib rissen. Doch dann verstummte er plötzlich, wandte sich auf allen vieren ab und bot sich mir an. Es war ein Samstagabend, in der Schule waren alle Lichter aus, die Grillen zirpten schrill, der Wind raschelte in den Kiefernzweigen. Sterne überall, sie hingen über den Bergspitzen, über dem Uhrenturm der Schule, über unserer eigenen dampfenden Haut.
    Aber das gehörte zu Hectors Spiel. Er wollte, dass ich mich vergaß, das Rasiermesser fallen ließ und ihn hernahm, hier und jetzt, mitten auf der nassen Plane stehend. Ich glaube nicht, dass sich unser Publikum beschwert hätte; alle starrten uns fiebrig an, warteten.
    Ich kniete mich hin und seifte die von zwei Adern durchzogenen Rhomben von Hectors Waden ein. Er stellte sich auf die Fußballen, um die Muskeln anzuspannen, und ich merkte,
dass Hector seinen Körper in- und auswendig kannte, viel besser als ich meinen. Er wusste ganz genau, wie er dastehen musste, wie er sich bewegen musste, wo er die Hände hinlegen musste. Er wusste, was vibrierte, wenn er die Arme ausstreckte. Hector, das wurde mir klar, hatte eine lebenslange Liebesbeziehung mit Spiegeln.
    »Hast du keine Angst?«, fragte er, auf mich herabblickend, das Kinn auf die Schulter gestützt, in leicht spöttischem Ton. »Willst du nicht lieber Handschuhe anziehen?«
    »Ich werde dich nicht schneiden.«
    Ich legte den Schwamm auf die Plane und begann Hector zu rasieren. Kurze, schnelle Striche, dem Weg der Haare folgend. Ich hatte vergessen, einen Streichriemen mitzubringen, doch Hector erlaubte seinem Körperhaar nie, lange zu wachsen - eine Rasur war bei ihm so nötig wie bei einem jungen Mädchen. Aber schließlich war das eine Performance. Die Klinge blieb scharf, und ich wanderte seine Beine hinauf, behutsam und geduldig an den heiklen Winkeln des Knies. Ich hätte ihn zu gerne gefragt, wie er diesen Körper geschaffen hatte, aber das gehörte nicht zu dem Part, den ich hier spielte; ich hatte eine stumme Rolle. Ich fuhr mit dem Rasiermesser über die muskulöse Neigung seiner Schenkel, hörte dem gedämpften Schaben von Stahl auf Haut zu und dankte im Stillen dem Mann, der festgestellt hatte, dass er nicht zu dieser Party kommen konnte.
    Ich rasierte ihn von dem scharfen V seines Beckengürtels bis zu der Haut um seine nussbraunen Brustwarzen, von der glatten, harten Wand seines Bauches bis zur Wölbung seiner Achselbögen. Ich wünschte, jemand würde allen Männern auf dem Parteitag der Republikaner Schwellsensoren an die
Schwänze kleben und Hector dann nackt auf die Bühne stolzieren lassen. Die Delegierten würden sich mit den Daumen die Augen ausstechen - Hector war unwiderstehlich.
    »Umdrehen!«, brüllte der Fotograf. »Wir wollen nicht den ganzen Tag sein Gesicht sehen. Zeig uns seine bessere Seite!«
    Ich griff leicht an sein Becken, und er folgte meiner Anweisung, leise lächelnd, machte eine Kehrtwendung. Einer der zwölf Zuschauer stöhnte laut auf. Ein anderer murmelte: »Lobet den Herrn«, und alle lachten. Ich schrubbte Hectors stolzes Hinterteil mit Seifenwasser, und er drängte gegen mich, flirtete mit den Hüften.
    »Die eigentliche Frage«, sagte der Kritiker, »ist doch, wer zum Teufel ist der Nächste?«
    Hector bog den Rücken durch und blickte mich über die Schulter an, immerzu halb lächelnd. Mit Koketterie ist stets eine gewisse Bosheit verbunden, die Grausamkeit einer Katze, die mit einer ihr hilflos ausgelieferten Kreatur ihr Spiel treibt. Aber selbst seine Grausamkeit erregte mich.
    Endlich war ich bereit für sein Gesicht. Ich presste meinen Oberkörper an seinen und legte einen Arm um seine Taille, damit er stillhielt. Nicht dass man ihn hätte zum Stillhalten ermahnen müssen: Hector konnte stundenlang in der gleichen Pose verharren. Aber ich wollte meine freie Hand dort unten liegen haben, seine noch glitschigen Hüften liebkosen. Ich rasierte seinen Hals, schob dabei mit dem Daumen der Hand, die das Rasiermesser hielt, sein Kinn nach oben, damit die Haut straff gespannt blieb, rasierte seinen Unterkiefer, rasierte die Mulde unterhalb seiner Wangenknochen. Als ich fertig war, ließ ich meine Handflächen über sein Gesicht und seinen Körper gleiten, um mich zu vergewissern, dass ich
keine
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