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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman
Autoren: Ursula Schroeder
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Teenager. »Lappenspanner!«, prustete ich.
    »Zipfelfalter!«, jaulte Henning. »Und ich dachte, ich müsste platzen, als er anfing zu erklären, dass die Raupen in Ruhestellung steif und schräg nach oben stehen!«
    »Und von irgendeinem dieser Viecher befinden sich die männlichen Säcke kurz über dem Boden und sind schwer zu finden!«, zitierte ich japsend.
    »Tatsächlich?«, fragte er. »Das habe ich gar nicht gehört. Die Ärmsten.«
    »Ich habe gut aufgepasst«, behauptete ich, während ich mir schon die Tränen aus den Augen wischen musste. »Wer weiß, wann man dieses geballte Wissen noch mal gebrauchen kann!«
    »Und da fragst du noch, warum ich damals in diesen Club eingetreten bin.«
    »Tja, ich dachte wohl, da gäbe es nur stinklangweilige, nicht enden wollende Vorträge über Themen, die maximal ein halbes Prozent der Bevölkerung wenigstens marginal interessieren.«
    »Und stattdessen hast du nun heute herausgefunden, dass wir stetig dabei sind, uns weiterzubilden und gleichzeitig unsere Schlagfertigkeit zu trainieren«, stellte Henning grinsend fest.
    Ich nickte. »Ich habe mich ja immer gefragt, warum ihr so viele ausgesprochen alte Mitglieder habt«, sagte ich. »Jetzt weiß ich, dass eure Meetings in Wahrheit Abhärtungsübungen für die Härtefälle des Lebens sind. Von euch könnte selbst ein indischer Yogi noch was lernen.«
    »Genau«, sagte er. »Aber du darfst es keinem verraten. Das ist nämlich der Grund, weshalb wir keine Frauen aufnehmen. Die würden dieses Geheimnis sofort ihrer besten Freundin erzählen, und dann wäre es ja kein Geheimnis mehr.«
    »Und was ist mit mir?«, fragte ich ihn. »Musst du mich jetzt umbringen, weil ich zu viel weiß?«
    »Ich hoffe nicht«, sagte er. »Immerhin brauche ich dich doch noch. Vielleicht reicht es, wenn ich dich für den Rest deines Lebens in deinem Zimmer einsperre und nur rauslasse, wenn der Bezirkspräsident kommt und wir unsere Frauen und deren Oberweite vorzeigen müssen.«
    »Kein guter Plan«, sagte ich ziemlich unbeeindruckt. »Dann hast du niemanden mehr, der deine Anzüge in die Reinigung bringt.«
    »Auch wieder wahr«, musste er mir zustimmen. »Dann lassen wir das mal erst und hoffen, dass du schweigen kannst.«

3
    Wir waren ziemlich unbeschwert an diesem Abend und fühlten uns, als wären wir einem schlimmen Schicksal entronnen, weil wir nicht noch ein oder zwei Magazine mit Raupendias hatten anschauen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war es nur eine amüsante Episode, dass Henning die Termine durcheinandergebracht hatte, ich in eines der heiligen Herrenmeetings geplatzt war und so die Teilnahme an der Scheckübergabe im Kindergarten aufs Auge gedrückt bekommen hatte. Aber im Nachhinein stellte es sich als eine der Kleinigkeiten heraus, die viel verändern   – nur ein kleiner Irrtum für die Menschheit, aber ein großer für mich, mit Konsequenzen, die ich zu diesem Zeitpunkt nie hätte absehen können.
    Denn ich weiß nicht, ob ich sonst jemals Kevin Nowakowski kennengelernt hätte. Und diese Begegnung hatte doch erheblichen Einfluss auf mein weiteres Leben.
    Dabei hätte ich ihn zunächst fast übersehen, denn es regnete ein bisschen, als ich am Montagmorgen zu meinem Date mit Clubpräsident Bernhard und dem Zeitungsreporter in den Kindergarten kam. Da rechnet man natürlich nicht mit einzelnen Kindern, die, statt drinnen sommerliche Dekorationen zu basteln, lieber draußen auf dem Sandkastenrand sitzen und traurig vor sich hin starren.
    Auch nach all den Jahren konnte ich es nicht ertragen, dass ein Kind ohne Jacke im Regen saß, sogar wenn es nicht meins war. Dabei war es an sich nicht kalt, aber getreu dem Motto »Ein Pullover ist das, was das Kind anziehen muss, wenn die Mutter friert« war ich einfach der Meinung, dass Kinder bei Regen eine Jacke brauchen. Also näherte ich mich dem Jungen, der seinen nassen Haaren nach zu urteilen hier schon etwas länger hockte, und sagte: »Hör mal, du musst da reingehen, sonst wirst du krank.«
    »Is mir scheißegal«, sagte das Kind. Nicht aggressiv oder unfreundlich, aber mit einer gewissen Entschlossenheit.
    Das hätte es mir natürlich auch sein können, denn trotzige Kinder im Sandkasten waren eindeutig nicht mein Problem, sondern das der Kindergärtnerinnen. Aber so schnell wollte ich nicht aufgeben. »Deiner Mutter ist das aber sicher nicht egal«, sagte ich.
    »Die is schon krank«, teilte mir das Kind mit.
    Das nutzte ich natürlich zu einem pädagogischen Einsatz. »Na hör
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