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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman
Autoren: Ursula Schroeder
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erklärte ich ihm entschuldigend.Ich wüsste ja, dass er das nicht mag, aber dafür habe er doch sicher Verständnis.
    Henning zog kritisch die Augenbrauen hoch. »Ich hatte angenommen, er wollte um neun Uhr los?«
    Ich wand mich ein bisschen. Christophs Tendenz zur Unpünktlichkeit war immer ein Streitpunkt zwischen ihm und seinem Vater gewesen. »Na ja, er brauchte etwas länger, bis er alles zusammen hatte. Aber er war dann um elf weg.« Ich sah auf die Uhr und fühlte sofort wieder eine bekannte Besorgnis. »Er müsste längst angekommen sein! Ob ich mal auf dem Handy…?«
    »Auf keinen Fall!«, sagte Henning mit Nachdruck. »Wenn was passiert wäre, dann hätten wir es gehört. Und du hörst jetzt endlich auf, den Jungen zu bemuttern. Er ist dreiundzwanzig, da kann er ja wohl sein Leben allein bewältigen.« Mit einem etwas leidenden Gesichtsausdruck schüttete er sich mehr Parmesan auf seine Nudeln. Natürlich würden sie ihm damit nicht besser schmecken, aber es dokumentierte, dass er alles versucht hatte. »Hat Lotta sich heute schon gemeldet?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Heute hat sie den ganzen Tag Tutorium. Ich vermute, wir telefonieren heute Abend.«
    »Dann sag ihr bitte, sie soll sich endlich mal mit ihrer Visakarte zurückhalten«, sagte er und schnitt damit gleich das nächste leidige Thema an. »Wenn das so weitergeht, dann werde ich die Karte sperren lassen. Ich bin nämlich kein Goldesel, falls sie das denkt.«
    Oje. Heute erwischte es mich aber auch von allen Seiten. »Ich glaube, sie hat im Augenblick so einige Sonderausgaben für die Uni«, sagte ich. »Das Semesterticket war fällig, und ein paar Fachbücher brauchte sie auch.«
    Henning sah mich stirnrunzelnd an. »Kauft man das Semesterticket neuerdings bei Esprit?«, fragte er mit spöttischem Unterton. »Und die Fachbücher gibt es beiMango? Marie, erklär deiner Tochter endlich mal, dass man in der Universität studiert und nicht im Einkaufszentrum.«
    »Ich spreche mit ihr darüber«, versprach ich und verfasste innerlich schon eine Mahnrede an unsere Tochter. Natürlich ärgerte ich mich auch darüber, dass sie so oft neue Klamotten kaufte und dafür immer wieder das ihr zugestandene Budget überzog. Auf diese Weise kam es regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Henning und mir, so als ob ich dafür verantwortlich wäre, dass Lotta nicht vernünftiger mit ihrem Geld umging. Er meckerte nicht mit ihr, sondern mit mir. Da waren wir plötzlich nicht mehr gemeinsam Lottas Eltern, sondern ich war in der Rolle des Abteilungsleiters, der seine Leute nicht im Griff hat. Ich sollte das Kunststück schaffen und ihr das Geldausgeben abgewöhnen? Das fand ich unfair.
    »Und was hast du vor in nächster Zeit?«, wechselte Henning übergangslos das Thema.
    »Na ja   … Ich werde mir mal Christophs Zimmer gründlich vornehmen   … Am Freitag gehe ich zum Friseur   …« Ansonsten, merkte ich, hatte ich keine besonderen Termine. Dabei hätte ich gerade jetzt so gut welche brauchen können, um mich ein bisschen abzulenken.
    »Vergiss bitte nicht, dass morgen Abend das Clubmeeting mit Damen ist«, bemerkte Henning. »Der Distriktpräsident kommt, und ich brauche meinen dunkelgrauen Anzug. Ist der noch in der Reinigung?«
    »Den kann ich heute abholen«, sagte ich etwas zerstreut. Schon wieder ein Präsidenten-Besuch in Hennings Club? Der letzte war doch noch gar nicht so lange her. Ich konnte mich erinnern, dass ich ein ausgeschnittenes Kleid angehabt und der Würdenträger mir sehr intensiv ins Dekolleté geglotzt hatte. »Ist das immer noch derselbe Distriktpräsident? Dieser große Dünne aus Gelsenkirchen?«
    »Nein, wir haben einen neuen«, antwortete Henning, inzwischen wieder besser gelaunt. Sein Club ist meistens ein komplikationsfreies Thema. Obwohl es eigentlich schlecht zu ihm passt, sich in einen Verein aufnehmen zu lassen, der ähnlich wie die katholische Kirche auf Frauen verzichtet und in seiner Struktur bis zum Weltpräsidenten, der irgendwo in Amerika residiert, so straff organisiert ist wie das Olympische Komitee. Aber vermutlich reizte ihn die Möglichkeit, auf diese Weise in angenehmer Gesellschaft karitativ tätig zu sein und jeden Donnerstagabend eine Menge neuer Witze zu hören, die keineswegs alle stubenrein waren. »Irgendein Rechtsanwalt aus dem Hochsauerland. Du kannst also das Kleid gefahrlos wieder anziehen.«
    Auf keinen Fall. Auch wenn der Distriktpräsident wechselte, die Gattinnen in Hennings Herrenclub
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