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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman
Autoren: Ursula Schroeder
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Karlheinz mussten wieder an die Arbeit. Das bedeutete, dass einer der Tische wieder mitgenommen wurde. Henning und Hannes begleiteten sie mit ein paar Stühlen nach unten, um sich auf dem Weg Hannes’ Firma und vermutlich auch sein Auto anzugucken.
    Nicole griff zur Fernbedienung und wandte sich wieder ihren Soaps zu. Einzig Christoph und Andrea hatten es nicht eilig, während ich mit den Kindern den Tisch abräumte und die Reste verpackte.
    »Am besten spült ihr jetzt gleich«, sagte ich zu Nuala und Gonzalez. »Kevin kann eben die leeren Pizzakartons unten in den Müllcontainer werfen, dann ist doch das Schlimmste passiert.«
    »Und das ist jetzt echt unser Tisch?«, fragte Gonzalez noch mal, um ganz sicher zu gehen.
    »Geil, was?«, meinte Kevin dazu. Er hatte bereits seinen Ranzen geöffnet und war sehr motiviert, nun an diesem Tisch auch seine Hausaufgaben zu machen.
    Andrea, Christoph und ich räumten noch einmal ein wenig um, damit der Tisch mit den Stühlen dauerhaft in das Nowakowski’sche Wohnkonzept integriert werden konnte. Wenn man denn von so etwas sprechen konnte. Es machte natürlich den Raum noch viel voller, und sobald wieder die gewohnte Unordnung Einzug hielt, würde sie vermutlich auch eine so geeignete Ablagefläche wie die Tischplatte nicht verschonen. Aber die Kinder waren sehr glücklich damit. Mehr konnte man nicht verlangen.
    Schließlich verabschiedete ich mich von Nicole und den Kindern, um unten Henning aufzulesen und nach Hause zu fahren. Schließlich wollten wir morgen früh in die große weite Welt, und ich hatte noch nicht gepackt. Andrea begleitete mich, weil sie gern eine rauchen wollte,und so standen wir noch einen Moment vor der Fabrik in der Sonne.
    »Und Sie werden jetzt hier das Kommando übernehmen?«, fragte ich sie mit einem gewissen Respekt. Schließlich hatte ich diese Aufgabe auch schon mal angefangen und gemerkt, dass das nicht so leicht war.
    »Kommando wohl kaum«, meinte sie. »Aber ich habe schon so meine Vorstellungen, was hier nötig ist.«
    Daraus sprach ein gewisses Selbstbewusstsein. »Die hatte ich auch«, gestand ich. »Aber das war nicht immer so realistisch.«
    »Immerhin haben Sie schon was Tolles erreicht«, sagte sie und nahm genießerisch einen tiefen Zug.
    »Ich habe was erreicht?«, fragte ich verblüfft zurück. »Es fühlt sich eher nicht so an.« Ich dachte an Nicole und ihr unverändertes Phlegma, an Nuala und Gonzalez, deren Finger heute wieder genauso dreckig waren wie sonst.
    »Kennen Sie dieses Zitat von St. Exupéry, dass man die Leute nicht lehren soll, Schiffe zu bauen, sondern ihnen die Sehnsucht nach dem großen weiten Meer vermitteln?«, fragte sie zurück. »Ich glaube, Sie haben zumindest den Kindern diesen Wunsch nach dem Tisch vermittelt. Und das steht in meinen Augen dafür, dass sie auf Dauer nach der Struktur streben werden, die ihre Mutter nicht hat.«
    Ihre Aussage rührte mich und machte mich gleichzeitig skeptisch. »Aber ob sie das schaffen werden?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich sehe viel Potenzial«, sagte sie. »Der Rest wird sich zeigen. Auch Sie konnten doch früher nicht wissen, was mal aus Ihren Kindern werden wird, oder?« Zum Beispiel so ein sympathischer Kerl wie der, mit dem sie sich die letzte Stunde so angeregt unterhalten hatte.
    Diese junge Frau war sehr weise für ihr Alter. Hoffentlich begriffen die viereinhalb Nowakowskis da oben, was sie an ihr hatten. Oder, hm, auch unser Sohn. Er könnte es schlechter treffen. Und ich zumindest hing nicht an Jana.
    In diesem Moment kam Henning um die Ecke. Ein guter Zeitpunkt zum Aufbruch. »Wir werden wohl demnächst nach Asien umsiedeln«, sagte ich zu Andrea. »Aber solange ich noch hier bin, werde ich die Kinder ab und zu mal holen und etwas mit ihnen unternehmen, wenn Sie nichts dagegen haben. Ich verspreche auch hoch und heilig, mich nicht in Ihre Konzepte einzumischen, was den Umgang mit der Familie betrifft.«
    »Das ist doch eine gute Idee«, meinte Andrea. »Wo werden Sie denn hinziehen?«
    »Mein Mann muss beruflich nach Zentralchina. Und da gehe ich mit.« Ich warf einen vorsichtigen Blick zur Seite, aber Henning untersuchte gerade mit Stirnrunzeln eine Nachricht auf seinem Handy. »Ach so, noch eins. Christoph weiß das noch gar nicht, es wäre nett, wenn Sie ihn noch nicht darauf ansprechen.«
    »Wird gemacht«, sagte sie mit einem feinen Lächeln. Was besagte, dass es durchaus zu weiteren Konversationen mit unserem Sohn kommen könnte.
    Henning
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