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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman
Autoren: Ursula Schroeder
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diese ruckartigen Kopfbewegungen drauf, die mich so an einen Papagei erinnert hatten.
    »Guck mal, ich hab schon eine Schultüte«, sagte Kevin statt einer Begrüßung.
    »Ach«, sagte Maik und sah mich grimmig an. »Mussten Sie sich schon wieder einmischen?«
    »Waren Sie heute früh da, um sich um alles zu kümmern?«, konterte ich. Hier vor allen Leuten würde er mir wohl nicht doof kommen oder eine Waffensockeschwenken, obwohl   … Man weiß ja nie. Jedenfalls fühlte ich mich längst nicht so selbstsicher, wie es sich anhörte.
    »Ich kenn mich da nich so mit aus«, brummte er. Er sah Kevin schulterzuckend an. »Na ja, dann hast du nachher mehr Süßes. Kannste den andern beiden was abgeben.«
    Das würde er vermutlich auch müssen, dachte ich. Es hatte nicht den Anschein gehabt, dass es irgendeine Form von Mittagessen geben würde.
    Ich hielt ab und an Ausschau nach Hannes. Ich würde mich schon ein wenig wohler fühlen, wenn er auch dabei wäre. Aber bisher konnte ich seinen silbergrauen kurzgeschorenen Kopf noch nirgends ausmachen. Stattdessen erkannte ich ein anderes wohlbekanntes Gesicht über einer Schultüte, die eindeutig als Gesamtkunstwerk an einer Tankstelle verkauft worden war. Die Reste eines Preisschilds klebten noch an der Cellophan-Verpackung.
    »Christoph!«, sagte ich überrascht. »Was machst du denn hier?«
    »Na, ich musste doch eine Schultüte besorgen«, sagte er und blickte etwas frustriert von Kevin zu Maik, die beide eine hatten, die deutlich größer war. »Aber es scheint, dass das überflüssig war.«
    »Wie kamst du denn auf die Idee?«, fragte ich verwirrt.
    »Papa hat mich angerufen«, antwortete er und sah sich um. »Ist der noch nicht hier?«
    Jetzt war ich völlig konsterniert. »Papa will hierherkommen? Aber der ist doch in Hannover!«
    »Nicht mehr«, sagte Christoph. »Als ich das letzte Mal mit ihm telefoniert hab, hatte er das Westhofener Kreuz schon passiert. Ich glaube, dahinten kommt er gerade.«
    Jetzt sah ich ihn auch: Henning mit seinen angegrauten Schläfen, in einem dunklen Anzug, mit dem er eindeutig zur besser gekleideten Gruppe der anwesenden Männerzählte. Während er sich langsam durch die Menge zu uns durchkämpfte, spürte ich eine unglaubliche Freude, dass er gekommen war. Und das, nachdem wir gestern noch so ein schwieriges Gespräch geführt hatten. Ich nahm an, dass ihm die Maik-Problematik keine Ruhe gelassen hatte. Und das rechnete ich ihm hoch an.
    »Hallo!«, rief er uns entgegen und grinste. Er sah so entspannt aus, als wäre er bereits im Ruhestand, statt in aller Frühe aufzustehen und über zweihundert Kilometer auf der Autobahn abzureißen. »Sieht so aus, als hätte ich mich in puncto Schultütensituation etwas verschätzt.«
    »Das macht doch nichts«, sagte ich und sah in die Runde. »So, dann wollen wir das mal klären. Das sind mein Mann Henning und mein Sohn Christoph, und das ist Kevins Vater Maik.«
    »Hallo«, murmelte Maik und rieb sich verlegen den Nacken. Vielleicht war ihm das Hemd unbequem. Vielleicht störte ihn auch, dass er nach Kevin der Kleinste in der Runde war, weil ich zur Feier des Tages Schuhe mit hohen Absätzen trug.
    »Guten Tag«, sagte Henning. »Angenehm« oder »Freut mich« wäre auch gelogen gewesen. Er beugte sich zu Kevin. »Na? Freust du dich schon?«
    Kevin nickte aufgeregt. Er zeigte auf die hässliche Schultüte, die Christoph mitgebracht hatte. »Guck mal, da sind Bären drauf. Und ich komme doch in die Bärenklasse!«
    »Das hab ich doch geahnt, Kumpel«, sagte Christoph geschmeichelt.
    Ich sah mich um und stellte fest, dass sich die Kirchentüren geöffnet hatten. »Vielleicht sollten wir reingehen«, schlug ich vor. Immerhin wäre es eine Ortsveränderung, alles war besser, als hier herumzustehen und nicht zu wissen, worüber man sich unterhalten sollte.
    Aber da entdeckte ich aus dem Augenwinkel eine bekannte Gestalt, die sich rasch näherte. Hannes hatte es doch noch geschafft und sich sogar von seiner Latzhose getrennt. Jetzt trug er eine Jeans, die deutlich besser aussah als die von Maik, und zur Feier des Tages ein blaues Leinensakko über seinem weißen Polohemd. Auch mit ihm konnte man sich blicken lassen.
    Er nickte uns allen zu. Dann sah er speziell meinen Mann an. »Hallo Henning!«
    »Hallo Hannes«, sagte Henning. »Lange nicht gesehen.« Danach verbesserte sich die Gesprächssituation nicht wesentlich.
    »Vielleicht sollten wir reingehen«, wiederholte ich. Und dann saßen wir zusammen
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