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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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Weihnachten …« Sie bemühte sich zu lachen, aber der Blick des Besuchers ließ sie erstarren. Er war erschrocken. Irgendetwas schien ihn aus der Fassung gebracht zu haben. Hätte sie bloß nicht von Afghanistan angefangen. »Wo waren Sie vorher … stationiert?«
    »Wie bitte?«
    »Na ja, welche Pfarrei haben Sie vorher betreut?«
    Er räusperte sich schon wieder umständlich. »Keine. Das heißt: Ich war in Berlin. In der Verwaltung. In der Verwaltung der kirchlichen Hochschule. Also Bürotätigkeit.« Er sprach abgehackt und eigenartig unbeteiligt.
    »Sie haben sich also an die Basis gemeldet?«
    »Gemeldet?« Er saß kerzengerade, wie bei einer Prüfung. »Ja, ich hatte die Nase voll von all den jungen Pfaffen.«
    Von den jungen Pfaffen?
    Zum Glück pfiff der Wasserkessel. Marie rannte in die Küche und goss das heiße Wasser über den Tee. Als sie wenig später mit der Kanne ins Wohnzimmer kam, stand der Besucher. »Wollen Sie schon gehen?«
    »Ja. Ich muss weiter. Zu den anderen … Nachbarn.«
    »Aber der Tee …«
    »Nächstes Mal. Ich trinke nächstes Mal Tee mit Ihnen.«
    Seltsam. Benahm sich so ein Pfarrer bei seinem Antrittsbesuch? Er flüchtete geradezu aus ihrem Wohnzimmer. Als Marie ihn im Flur einholte, hatte er die Haustür schon geöffnet. Doch er wandte sich noch einmal um. Jetzt versuchte er auch zu lächeln. »Ich weiß, dass das alles sehr schwer für Sie ist. Dass Ihr Mann in Afghanistan ist und Sie hier mit dem Jungen alleine klarkommen müssen.« Er nestelte an seinem Revers. Es dauerte eine Weile, dann zog er ein Kärtchen aus der Innentasche. Er überreichte es Marie. »Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie an! Auch wenn es nur um praktische Sachen geht. Ich helfe gerne. Und ich bin in handwerklichen Sachen geschickt. Auch wenn der Abfluss mal verstopft ist …«
    Komisch, dass alle immerzu Abflüsse reparieren wollten. Erst das Familienzentrum der Bundeswehr und jetzt auch die Kirche.
    Marie schaute sich die Karte an. Es standen nur der Name drauf und eine Mobilfunknummer. Sonst nichts. Sie legte die Karte auf die Garderobe.
    Eigentlich war dieser Herr Theobald ganz nett. Wenn auch etwas unbeholfen. Marie wusste, dass es viele Leute in Koserow gab, die das zu schätzen wussten. Ein Pfarrer, der nicht wie ein Prophet daherkam und sich nicht zu schade war, seinen Gläubigen den Abfluss zu reparieren. Vor allem ältere Koserower würden das sicher gerne in Anspruch nehmen. Vielleicht auch die eine oder andere einsame Frau.
    Sie begleitete ihn noch hinaus. Nun fand sie es angenehm, dass er sie gestört hatte. Jetzt gab es schon zwei Menschen im Ort, die sie um Hilfe bitten konnte: Karls Freund Egon und den jungen Pfarrer. Obwohl sie es sicher in keinem der Fälle tun würde. Marie war eine Frau, die sich zu helfen wusste. Bei ihr musste es schon sehr dicke kommen, bis sie die Hilfe anderer in Anspruch nahm.
    Sie reichte ihm die Hand. »Danke für Ihren Besuch.« Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie immer noch im Morgenmantel war. Wahrscheinlich war es nun an ihr zu erröten.
    Doch dafür blieb ihr nicht die Zeit.
    Vor dem Haus, direkt in ihrer Einfahrt, stand der rote Golf.
    Marie brauchte eine Weile. »Der Wagen da«, stammelte sie. »Stand der schon da, als sie kamen?«
    »Welcher Wagen denn?«
    Sie wurde unwillkürlich laut. Das passierte nur, wenn sie sehr nervös war. »Hier, der. Der rote Golf in der Einfahrt!«
    Er drehte sich langsam um. »Der? Das ist mein Wagen.«
    Marie wich etwas zurück. »Ihrer?«
    »Ja. Ist etwas damit nicht in Ordnung? Hätte ich mich nicht in die Einfahrt stellen dürfen?«
    Marie musste lachen. Sie entspannte sich ein wenig. Es war also sein Wagen. Der Wagen des neuen Pfarrers. Und sie hatte schon gedacht …
    »Ich habe ihn gestern Abend schon auf der anderen Straßenseite stehen sehen und …«
    Er winkte ab. »Ach, deshalb. Wissen Sie, ich habe noch keine Wohnung hier. Es wird noch renoviert, heißt es. Na ja, und da ich meine Wohnung in Berlin etwas voreilig aufgelöst habe, da muss ich halt im Wagen übernachten.«
    Gunter Theobald klang jetzt sehr ruhig und selbstbewusst. Wie ein Pfarrer eben klingen musste.
    »Und heute Nacht schlafen Sie wieder im Wagen? Bei der Kälte.« Sie spürte den Impuls zu helfen. Aber sie konnte dem neuen Pfarrer nicht einfach ein Bett anbieten. So etwas ging nicht in Koserow.
    »Ich bin ab heute im Pfarrbüro. Dort steht ein Sofa. Und morgen werde ich dann bestimmt einziehen können.«
    Er winkte ihr noch mal zu, bevor er in den
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