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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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roten Golf stieg. Dann fuhr er davon. Marie winkte ihm hinterher. Doch dann fiel ihr ein, dass die Nachbarn einen seltsamen Eindruck bekamen, wenn sie sie im Morgenmantel so vertraut hinter dem neuen Pfarrer herwinken sahen. Sie kehrte schnell ins Haus zurück.
    Marie war erleichtert – jetzt erst spürte sie, dass dieser rote Golf mit den angelaufenen Scheiben sie sehr beunruhigt hatte. Wie kam so etwas? Sie ließ sich doch sonst nicht so leicht aus der Fassung bringen.
    Nun war wieder alles im Lot. Sie setzte sich an ihr Manuskript und trank den kalt gewordenen Tee. Die Geschichte vom kleinen Direktor, der jeden Tag ein Stück schrumpfte, gefiel ihr von Seite zu Seite besser. Dann fiel ihr Blick auf die Küchenuhr. Kurz vor eins. Höchste Zeit, dass sie Felix von der Schule abholte. Vorher musste sie sich noch anziehen. Es ging nicht an, dass sie im Morgenmantel auf dem Schulhof erschien.
     
    Marie war mit ihrem alten Damenrad nicht schnell genug. Felix fuhr ihr mit seinem Mountainbike davon. So stand er auch schon auf der Straße vor dem Haus, als sie um die Ecke bog.
    Sie bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Felix war abgestiegen. Er rührte sich nicht. Sonst war er immer zuerst zu Hause und lag schon mit der Fernbedienung auf der Couch, wenn sie eintraf.
    Felix starrte die schwarze Limousine an, die vor dem Haus parkte. Ein Y und eine Zahl. Ein Bundeswehrkennzeichen.
    Marie trat in die Pedale. Sie dachte nicht nach. Sie wollte nur schnell zu ihrem Kind.
    Felix stand immer noch bewegungslos da. Ob der Junge mehr wusste als Marie?
    Marie hatte nur die Limousine im Blick. Sie sah aus wie ein Flugobjekt aus einer fremden Galaxis. Dieses glänzende Schwarz. Ein Diamant. Kein Wunder, dass der Junge wie gebannt war.
    Doch dann – sie hatte nur noch wenige Meter bis zu ihrem Kind – bemerkte Marie, dass Felix gar nicht zu der Limousine hinüberblickte. Von der Straße aus war das gar nicht sofort zu sehen gewesen. Er blickte zum Haus. Was war denn an ihrem Haus so interessant, dass der Junge vom Rad stieg und sich nicht mehr rührte?
    Marie bremste scharf ab. Beinahe hätte sie ihr Kind niedergefahren. Sie stieß mit ihrem Vorderrad gegen sein Schutzblech. Der Junge wurde vom Sattel gestoßen. Er schaute sich erzürnt um. »Mama!«
    »Hast du dir wehgetan?«
    Er verzog sein Gesicht. Aber es war nicht schlimm, das sah eine Mutter sofort.
    »Was wollen die?«
    Marie folgte seinem Blick. Vor der Haustür standen sie. Wie eine Ehrenwache. Rechts von der Tür einer, links einer. Mit dem Rücken zur Wand. Die Hände über dem Bauch gefaltet. Mit starrem Blick ins Nichts. Sie trugen die schreckliche mausgraue Ausgehuniform. Marie würde sich nie an die Farbe des Heeres gewöhnen können.
    Marie legte ihre Hände auf den Kopf von Felix, drehte ihn so, dass er sie anblickte, und zog ihn an sich heran. Als müsste sie ihn vor dem Anblick der Uniformierten bewahren.
    Der Junge machte sich los. »Was hast du denn?«, fuhr er seine Mutter an.
    »Bring dein Fahrrad in den Schuppen!«
    Der Junge stieg ab und schob das Rad durch das offene Gartentor.
    Marie folgte ihm, schloss das Tor, als sei alles ganz normal und als stünden keine zwei Uniformierten mit langen Gesichtern vor ihrer Haustür. Sie stellte ihr Rad ab.
    Dann ging Marie langsam und mit verschränkten Armen durch den Vorgarten auf die Männer zu. Sie wollte, dass es alltäglich wirkte. Vielleicht ließ sich so noch abwenden, was nun geschehen sollte.
    Die beiden nahmen gleichzeitig ihre Mützen ab. »Frau Blau?«
    Marie blieb stehen. »Ja.«
    Einer war groß und hager, er hatte ein scharfes Raubvogelgesicht und der steife Hemdkragen schürfte die Haut am Hals ab. Sein Begleiter war kleiner und hatte einen rosigen, verschmitzt wirkenden Teint und eine Borstenfrisur. Ein seltsames Paar, dachte Marie, der Melancholiker und der Spaßvogel.
    Der Kleinere trat vor und deutete ein Kopfnicken an. Es wirkte zackig. Marie hätte gerne gelacht. Ihr Blick fiel auf seine Rangabzeichen. Karl hatte sie gelehrt, sie zu lesen. Das war wichtig für einen Offizier – und für die Frau eines Offiziers. Es handelte sich um einen Hauptmann. Er hatte drei Sterne auf der Schulterklappe. Sicher war er beliebt bei der Truppe. Einer, der die anderen mit Scherzen aufmunterte.
    Ein Hauptmann war nicht irgendwer. Er kam gleich nach dem Oberleutnant. Warum schickten sie einen Hauptmann zu ihr? Um diese Zeit. Kurz vor dem Mittagessen.
    In Maries Kopf ging alles durcheinander. Bei der
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