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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst
Autoren: Louise Millar
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zu schieben. Sie hatte das verzweifelte Bedürfnis, eine Verbindung zu ihrem Mann herzustellen, egal welcher Art. Wäre sogar schon zufrieden, wenn er über ihre Verzweiflung lachte. Dann könnte sie mitlachen, und sie würden einander umarmen und über ihren Wunsch, noch mehr Babys zu bekommen, Scherze machen. Alles wäre ihr recht, wenn es nur dieses Schweigen zwischen ihnen aufbräche.
    »Schluss jetzt, verdammt«, schrie er plötzlich, packte ihre beiden Handgelenke und riss sie zu ihren Schultern hoch. »Hörst du nicht?
Ich will nicht
.« Ihre Blicke bohrten sich ineinander, aus gefährlicher Nähe. Suzy versank im Schwarz seiner geweiteten Pupillen. Ein Sturz ins Bodenlose.
    Da sah sie zu ihren nackten Beinen hinunter, die schwach nach Teichwasser rochen, und spürte das Gewurstel der losen Träger unter ihrem Kleid. Scham brannte ihr rot auf den Wangen.
    »Okay. Dann lass mich los«, flüsterte sie.
    Unten klingelte es. Callie mit den Kindern.
    Jez hielt ihre Handgelenke noch einen Moment fest. Dann lockerte er den Griff.
    »Okay«, sagte er, wieder mit normaler Stimme. Einen Augenblick lang wurden seine Züge weicher.
    Gott, da begriff sie. Er hatte Mitleid mit ihr.
    Unten klopfte es.
    Wieder senkte Suzy den Blick.
    »Ich bin deine Frau«, flüsterte sie, aber so leise, dass sie nicht sicher war, ob er es überhaupt hörte. Dann verließ sie das Büro.

Kapitel 3 Callie
    Als wir den Park hinter uns gelassen haben und die Churchill Road erreichen, fassen sich Rae und Henry an der Hand. Wir gehen die ruhige Straße mit den viktorianischen Reihenhäusern entlang und schauen uns die Blumenkästen der Nachbarn an. Ich sage »Nachbarn«, dabei teile ich mit den Bewohnern der Churchill Road, Suzy ausgenommen, nur zufällig die Postleitzahl. Als ich einzog, wohnte im Haus Nr.  25 eine nette Frau in meinem Alter. Ich habe sie einmal gefragt, wo sie ihre schmiedeeisernen Blumenkästen her habe. Sie gab mir freundlich Auskunft, und ich nahm mir vor, sie bald zu einer Tasse Tee einzuladen. Zwei Tage später stand vor ihrem Haus ein Umzugswagen, und weg war sie. Ich weiß nicht einmal ihren Namen.
    Wir gehen durch Suzys Gartentor, Hausnummer  13 . Leere Umzugskartons stehen vor der Nr.  15 . Hoffnung steigt in mir auf. Vielleicht sind die neuen Bewohner nett.
    Ich klingle an Suzys Tür und warte. Niemand kommt.
    Ich klopfe.
    Nichts.
    Merkwürdig. Ich drücke die Briefschlitzklappe in der Tür auf und höre den Fernseher laufen. Sie müssen im Garten sein. Ich krame in meiner Handtasche nach Suzys Schlüssel; vor langem haben wir einmal unsere Ersatzschlüssel getauscht. Als ich den Schlüssel im Schloss herumdrehe, hoffe ich inständig, dass wir nicht wieder hereinplatzen, während Jez nackt und vom Jetlag übermüdet durchs Haus läuft wie beim ersten Mal. Danach konnte ich ihm einen Monat lang nicht in die Augen sehen.
    Als ich die Tür aufschiebe, poltern Schritte die Treppe herunter.
    »Tut mir leid – ich war auf dem Klo. Hi, Süßer!« Suzy begrüßt Henry mit hoher Stimme, hebt ihn in die Höhe, um ihn zu knuddeln, und küsst ihn ab. »Wie war’s heute in der Schule? Ich habe dich vermisst.« Henry zappelt herum und unterdrückt mit Mühe ein Grinsen.
    »Bleibt ihr zum Essen?«, fragt Suzy. »Es gibt Frikadellen.«
    »Wenn’s dir nichts ausmacht?«, frage ich.
    »Ich freu mich!«
    Wenn Suzy mich einlädt, kann ich nie widerstehen. Ich sollte es ab und zu versuchen, tue es aber nicht. Ich habe die Wahl: Entweder bleibe ich hier, oder ich gehe nach Hause – dann fällt die Wohnungstür hinter mir ins Schloss wie eine Gefängnistür, und ich bin dazu verurteilt, bis morgen keinen Erwachsenen mehr zu sehen.
    Suzy hebt auch Rae hoch und gibt ihr einen Kuss. »Du siehst heute so hübsch aus, meine Süße.«
    »Danke, Aunty Suzy.«
    »Einfach supi, das Mädchen«, sagt Suzy und küsst sie noch einmal, bevor sie sie wieder absetzt. Rae sieht in Suzys Armen so behütet aus, und ich bin immer froh, wenn ich den Eindruck habe, dass Rae gut aufgehoben ist.
    In der Küche räume ich die Stifte und das Papier zurück in die Schublade und helfe das Essen für die Kinder auszuteilen.
    »Ist Jez hier?«, frage ich.
    »Mhm«, antwortet sie und deutet nach oben. »Er verhandelt gerade mit den Kanadiern über ein Großprojekt; nächsten Monat soll der Vertrag geschlossen werden. Aber danach will er mit uns nach Devon fahren, in ein Hotel mit Kinderclubs und Kindermädchen, wo Mummy und Daddy ein bisschen Zeit für sich
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