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Alle Zeit - Roman

Alle Zeit - Roman

Titel: Alle Zeit - Roman
Autoren: Kathrin Gerlof
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Mahlzeit. Weil du so gut gelernt hast, sagt Juli und ruft der Hebamme hinterher, die aus der Küche gehen
     will: Kannst du mal im Internet nachschauen, ob du eine Klara Helmstedter findest? Deutschlandweit am besten, wer weiß, wohin
     es die alte Dame verschlagen hat.

 
    Die Nacht im Hotelzimmer wird noch ziemlich lang. Klara und Aaron können nicht wieder einschlafen, schauen einen Film nach
     dem anderen. Irgendwann im Morgengrauen schläft Aaron dann doch einmal ein. Klara liegt neben ihm und versucht sich zu fassen.
     Aber alles scheint ihrem Kopf zu entgleiten. Das schöne Gefühl auf der Haut ist da. Klara nimmt Aarons Hand, vorsichtig, und
     legt sie sich auf den Bauch. Ihr Nachthemd hat sie nicht wieder angezogen, und Aaron liegt auch mit freiem Oberkörper neben
     ihr. Das hat alles seine Richtigkeit. Nur der Kopf macht Fisimatenten. Fisimatenten, denkt Klara, und Hoffnung macht sich
     breit. Wenn ihr solche schwierigen Wörter gelingen, kann das nur vorübergehend sein mit dem Kopf.
    Sie sind die Ersten beim Frühstück, und das Büffet ist genauso gut, wie sie es sich gewünscht haben.
    Wir werden das einfach einmal im Monat machen, Klara, sagt Aaron und spielt beiden eine Fröhlichkeit vor, die nicht da ist.
     Das Heim wartet auf sie und alles Schlechte, was damit zusammenhängt, auch. Wir sagen einfach, dass wir einmal im Monat meinen
     Sohn und seine Frau besuchen. Und wir mieten hier ein Zimmer. Immer dasselbe.
    Aaron sieht Klara in die Augen und ist beunruhigt. Er kennt diesen Blick. Der verheißt nichts Gutes. Seine Liebe schaut in
     die Ferne, und da sieht sie wohl nicht viel. Aber sie lächelt und nickt und sagt, das fände sie schön, wenn man hier einmal
     im Monat sein könnte.
    Im Heim ist niemand wirklich froh, als sie zurückkommen. Die nette Pflegerin hat heute frei. Klara und Aaron lassen das Mittagessen
     ausfallen. Dafür war das Frühstücksbüffet gut genug. Aaron sitzt in seinem Zimmer und hofft, dass alles eine Weile so bleiben
     kann. Mit Klara. Aber seine Angst ist größer. Es könnte auch sein, dass er bald richtig allein ist. Dafür sollte er einen
     Plan machen. Er geht zum Schrank und kramt in einem Schuhkarton, der ganz unten steht, hinten in der Ecke, wo ihn hoffentlich
     niemand findet. Die meisten Tabletten, die er gesammelt hat, sind schon lange über das Verfallsdatum hinaus. Aber neue wird
     er nicht bekommen, er kann nur hoffen, dass alles noch ausreichend Wirkung zeigt. Wenn es gebraucht wird. Und wenn mich Klara
     darum bittet, denkt Aaron, was mache ich dann? Für zwei reicht das Zeug doch nicht. Er schiebt den Schuhkarton und den Gedanken
     weit weg. In die hintere Schrankecke, und schlägt die Schranktür mit einem kleinen Knall zu.
    Klara kommt nicht zum Abendessen, und Aaron geht, bevor sie wieder alle in ihre Zimmer gesperrt werden, noch einmal zu ihr.
     Sie erkennt ihn. Immerhin. Sofort. Aber man kann zusehen, wie sie immer kleiner wird, seine Klara.
    Mein Verstand will nicht mehr, Aaron, sagt sie und zieht den alten Mann zu sich heran. Sie legt beide Hände auf sein Gesicht,
     damit er nicht sehen kann, wie ihr das Wasser aus den Augen läuft. Ein Pfleger kommt ins Zimmer geschossen, hektisch, laut
     und schnell mit freundlichen Floskeln auf die beiden Alten einprügelnd. Aaron sagt, er wird sich um Klara kümmern und sie
     ins Bett bringen.
    So ginge das aber nicht. Der Pfleger ist verunsichert. Noch nicht lange hier im Heim und keine Erfahrung mit bockigen Alten.
     Aaron schiebt ihn aus dem Zimmer und behauptet mutig, das habe man schon öfter so gemacht. Schließlich seien er und Klara
     ja ein Paar.
    Richtig überzeugt ist der Pfleger nicht, aber er hat auch keine Zeit. Jedenfalls keine zum Diskutieren. Hat die paar Minuten,
     die ihm hier für die Simon zustehen, sowieso schon fast verbraucht durch die Diskussion.
    Nicht vergessen, noch mal auf die Toilette zu gehen, ruft er dem Alten zu, der ja noch ziemlich fit zu sein scheint. Ob das
     der ist, überlegt der neue Pfleger, den sie hier fast schon mal in der Stufe drei hatten? Wie war bloß der Nachname? Manchmal
     passieren ja, das hat er selbst in der kurzen Zeit gelernt, Wunderheilungen. Dann fängt ein Seniler wieder an zu reden, und
     eine Demente spielt Schach. Dann gehen sie wieder zurück in die niedrigere Pflegestufe. Gefällt hier auch nicht jedem. Ist
     schließlich bares Geld. Das war doch die Simon, oder? Die sie wieder runtergestuft haben. Oder der Alte, dessen Name ihm jetzt
    
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