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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter
Autoren: Hans G. Bentz
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und hoben Peterle vorsichtig auf den Hintersitz. Er stöhnte leise, aber dann lag er wieder ganz still. Weffi blieb bei dem Drogisten.
    »Vielen Dank, Herr Zimmermann«, hörte ich mich sagen. »Wenn Sie Cocki irgendwo sehen, nehmen Sie ihn fest und behalten ihn auch bei sich.«
    Er nickte: »Gut, fahren Sie vorsichtig!«
    Ich fuhr ganz langsam. Wir sprachen kein Wort und horchten nur nach hinten. Ab und zu drehte sich Frauchen um und flüsterte ein paar Worte.
    Der Waldweg bis zur Autobahn war tief ausgefahren. Immerzu mußte ich bremsen, weil große Huckel kamen. Bei jedem Huckel krampfte es sich in mir zusammen, weil ich an Peterles Schmerzen dachte. Wenn wir doch bloß erst auf der Autobahn wären! Da, endlich, die Abzweigung. Aber auf der Autobahn war es noch schlimmer. Sie war spiegelblank mit tiefen Furchen. Weiße Nebelschwaden darüber. Die Scheiben waren sofort mit Eisblumen bedeckt. Die Wischer rutschten wirkungslos darauf hin und her. Ich konnte nichts mehr sehen, kurbelte das Fenster herunter und schaute mit zusammengekniffenen Augen seitwärts heraus. Er mußte leben — ich mußte ihn retten — es konnte doch nicht sein... Der schwere Wagen schlingerte, rutschte und tanzte. Ab und zu klammerte sich Frauchen an mich. Das schlimme war, daß sich jetzt der Biß bemerkbar machte. Mein Bein wurde steif und schmerzte. Jedesmal, wenn ich die Kupplung trat, tat es höllisch weh. Aber was war das alles gegen das eine, Unfaßbare, Grauenvolle — mein kleines Wesen da hinter mir, mein schwarzer Odysseus — war er dazu heimgekehrt? Das kannst du doch nicht zulassen, Gott!
    »Paß auf!« schrie meine Gefährtin.
    Da war die steile Abfahrt nach Dengelstedt. Wir kamen ins Rutschen. Ich versuchte gegen die Böschung zu steuern. Das Steuer drehte sich leer. Ich bremste — kein Erfolg. Handbremse als letztes. Der Wagen drehte sich herum und stand mit dem Hinterteil zur Fahrtrichtung. So rutschte er weiter, aber Gott sei Dank jetzt gegen die Böschung. Ganz wenig Gas — scharf rechts einschlagen. Die Steuerung griff. Jetzt wieder scharf links und zurück — jetzt wieder vor. Und nun — weiter. Das Peterle hatte einmal aufgewimmert. Die Gefährtin schluchzte leise vor sich hin. Es war wie das Stöhnen eines angeschossenen Tieres. Nach einer Viertelstunde waren wir bei dem Tierarzt.
    Er legte die Decke mit ihrem furchtbaren Inhalt vorsichtig auf den Operationstisch, zog Peterles Augenlider herauf, sah sich sein Zahnfleisch an, machte ein bedenkliches Gesicht.
    »Eine schwere innere Blutung.«
    »Gibt es denn gar kein Mittel? Es muß doch ein Mittel geben! Er hat doch gar keine Verletzung!«
    Der Mann sah mit einem traurigen Blick von einem zum anderen, seufzte dann: »Ich werde ihm eine Spritze geben — um die Blutung zu stillen«, fügte er hastig hinzu.
    »Hat sie denn schon mal geholfen?« stammelte Frauchen.
    »Ja, mitunter. Manchmal stockt dadurch die Blutung, und nach einiger Zeit absorbiert der Körper dann das schon ausgetretene Blut. Hauptsache, das Tier bleibt ganz ruhig, ohne jede Bewegung, ohne jede Aufregung.«
    Er gab die Injektion. Peterle rührte sich nicht. Er lag auf der Seite, das eine Vorderbein angekrümmt, als ob er laufe. Seine Augen wichen nicht von mir. Sie waren ganz groß, fast schwarz. Ich hatte sie niemals so schön gesehen. Der Arzt brachte ein Körbchen, ich legte Peter hinein.
    »Am besten dorthin — an den Ofen«, sagte der Arzt, »damit er es warm hat, Wärme ist sehr wichtig. Warten Sie, hier die zwei Decken legen wir noch drüber.«
    Er sah auf die Uhr: »Jetzt fahren Sie am besten wieder heim. Ich habe noch einen schweren Fall in der Nachbarschaft.«
    »Wann darf ich Sie anrufen?« fragte ich.
    »In zwei Stunden.«
    Frauchen und ich standen ratlos herum. Der Arzt zog sich an: »Also...« Er sah uns freundlich, aber ungeduldig an.
    Wir beugten uns nieder und küßten Peterchen auf das Naschen. Es war ganz kühl. Dann gingen wir zögernd.
    »Er war so ruhig«, sagte Frauchen dann im Wagen, »vielleicht schafft er’s. In der Stille und Wärme.«
    Ich erwiderte nichts, starrte nur vor mich hin.
    »Was macht dein Bein?« fragte sie nach einer Weile.
    »Ist doch ganz egal.«
    »Ich möchte wissen, was dein Bein macht.«
    »Tut weh, ‘n bißchen.«
    Die Tür des Doktorhauses ging auf. Wir fuhren herum und sahen ihn herankommen. Er winkte uns zu und ging zu seinem Wagen, der gegenüber stand. Meine Gefährtin rief ihn an und fragte ihn nach der Adresse eines Arztes für mich. Er gab
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