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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland
Autoren: Helen Smith
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zu vervielfältigen, sitzen im Schlamm mit geöffneten Mündern, um Plankton reinsickern zu lassen, völlig selbstvergessen angesichts der sexuellen Aufladung im nahen Cruising-Bereich.
    Der untreue Ehemann und sein Freund stiefelten Richtung Teich. Ich stand hinter einem Baum und schaute fasziniert zu, wie sie am Rand des Teichs in die Hocke gingen. Die Blätter, hinter denen ich mich versteckte, verdeckten auch das, was sie taten, aber die Dringlichkeit ihrer Bewegungen war unmissverständlich, also kam ich näher. Sie nahmen sich die Flusskrebse, um sie in Restaurants im West End zum Tagespreis zu verkaufen. Sie arbeiteten schnell, stapelten sie in Körben in einem dunkelblauen Lieferwagen, der auf der Straße geparkt war, die entlang des Teichs durch den Park führte. Sie benötigten eine Erlaubnis hierfür und sie hatten keine, deshalb machten sie es heimlich. Im Haus seines Freundes wusch sich der Ehemann die Spuren von Teich und Schalentieren von seinem Körper, bevor er nachhause zu seiner Frau ging, so dass sie nichts von den beschämenden Dingen erfuhr, die er tat, um über die Runden zu kommen.
    Da ich neu war in diesem Detektivspiel, fand ich die Geschichte ziemlich anrührend und berechnete der Frau die Zeit, die ich für die Verfolgung brauchte, nicht. Trotzdem bestand sie darauf, mir die sieben Pfund neunundneunzig zu geben, die die Entwicklung der Fotos kostete. Ich trage immer noch eines der Flusskrebsfotos in meinem Portemonnaie mit mir herum, zur Erinnerung, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint.

Kapitel 2 – Taron und Jeff
    Der Tag, an dem ich den Anruf bekomme, der mein Leben verändert, ist ein Donnerstag. Vier oder fünf Jahre waren vergangen, seit ich den Mann mit dem Flusskrebs verfolgt hatte. Ich laufe runter zum Büro, um meinen Scheck abzuholen und Papierkram zu erledigen. Es ist April, Frühlingsanfang. Wässriges Sonnenlicht und ein blauer Himmel bringen mich dazu, mich auf den Sommer zu freuen. Ich trage keinen Mantel und fühle mich leicht und glücklich.
    Ich laufe an unserem Briefträger vorbei, der übersinnliche Kräfte besitzt. Er macht häufig Kommentare über die Briefe, die er austrägt. »Gute Nachrichten«, sagt er, wenn er etwas in den Briefkastenschlitz von jemandem steckt. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, die Genauigkeit seiner Voraussagen zu überprüfen, da er mit mir noch nie über meine Post gesprochen hat. Möglicherweise ist der einzige Grund seines Wissens, dass es sich um gute Nachrichten handelt, die Tatsache, dass er immer diese Briefe von Reader’s Digest ausliefert, die einem draußen auf dem Umschlag mitteilen, dass man fünfundzwanzigtausend Pfund gewonnen hat. Doch trotz alledem – ihn morgens zu sehen, heitert mich jedes Mal auf. Er trottet vorbei, eine Kippe rauchend, bleibt stehen und redet mit jedem, den er trifft.
    Vor kurzem wurde eine Briefträgerin in Amerika fristlos entlassen, weil sie auf ihren Runden zu langsam gelaufen war. Ihr Vorgesetzterwar ihr gefolgt und in ihrem Entlassungsschreiben hieß es: »Die Entfernung zwischen Ihrem vorderen Fuß und dem nachfolgenden war niemals größer als 10 Inch«. Unser Briefträger bewegt seine Füße nicht mal vom Boden weg, er könnte seinen Job also niemals behalten, würde er auf der anderen Seite des Atlantiks leben. Seine Uniform passt ihm nicht richtig oder er hat sie sich ein bisschen zurechtgeschneidert, so wie Schulkinder es tun, um zu zeigen, dass sie Individuen sind unter all der Vorschriftskleidung. Ich frage mich, ob es gegen die Vorschriften ist, dass er während des Dienstes raucht. Es macht keinen großen Unterschied, er ist ja sowieso schon in Schwierigkeiten, weil er so oft frei nehmen muss wegen der Kopfschmerzen, die ihm seine übersinnlichen Erscheinungen bereiten. Heute hat er keine Post für mich, der Großteil meiner Post geht ohnehin in die Agentur, aber er lächelt mich an, als er an mir vorbeigeht.
    Während ich weitergehe, blendet mich ein Sonnenstrahl, reflektiert von einem Stück Metall. Eine alte Frau beugt sich über ein Abflussgitter, schnippt Münzen durch die Stäbe und wünscht sich etwas für jede Münze, die ins Wasser unter ihr purzelt. Das Büro ist im ersten Stock eines roten Backsteingebäudes, über einer Reihe von Geschäften. Ich überquere die Straße an der Ampel, um zu den Geschäften zu kommen und schaue durch die raumhohen Schaufenster von Woolworth, während ich weiterlaufe. Ich mag die große Auswahl an alltäglichen, annehmlichen
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