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Alien Earth - Phase 3

Titel: Alien Earth - Phase 3
Autoren: Frank Borsch
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Jetzt kann er es nicht mehr.

     
    Eine Rauchwolke steht über der Ebene. Sie ist hässlich und schwarz und mutet ihn wie ein Raubtier an, das sich anschickt, den Schnee zu verschlingen. Er hört Gewehrfeuer. In den letzten Tagen ist es zu einer Konstante geworden, wie das Singen der Vögel im Sommer und das Zischen der Maschine, die ihm beim Atmen hilft. Mit jedem Tag kommt das Gewehrfeuer näher.
     
    Es geht zu Ende.
    Nur: wie?
     
    Noch hat er Optionen. Paulo hat ihm mit dem Gewehr Taschenwelten gebracht. Ein Dutzend hat er zur Auswahl. Er kann in eine Taschenwelt fliehen und verdursten, ohne es zu bemerken. Er kann einfach hier sitzen und verhungern. Er kann das Gewehr nehmen, nachladen und es auf sich selbst richten. Er kann sich von der Lungenmaschine abstöpseln. Er kann warten, bis die ersten Menschen aus der Ebene zu ihm gelangen.
     
    Oder er wagt ein neues Leben, auf Sigma V.
    Er rollt ans Fenster, die Schokolade im Schoß. Er lässt die Scheibe zur Seite fahren, lädt die Kälte zu sich ein.
    Als ihm das letzte Stück Schokolade im Mund zergeht, zieht ein glühender Stern seine Bahn über den Himmel. Er nimmt es als Zeichen und lässt los, endlich los. Das Gefängnis seines Körpers bleibt zurück.
     
    Er braucht es nicht mehr.
    Er ist entkommen.
    Er ist nicht länger ein Mensch.

KAPITEL 39
    Am Anfang steht der Marsch.
    David, der Dummkopf mit dem breiten Kreuz, der keine Müdigkeit kennt, führt sie an. Pasong ist damit zufrieden. David kennt die Gegend um New Providence wie kein Zweiter. Er hat sie seit Jahren durchstreift, beim Holzhacken, beim Pflügen oder wenn er sich in hellen Vollmondnächten davonstahl, um einen Hauch von Freiheit zu schmecken und anschließend wieder zur Sicherheit der Farm zurückzukehren, zu dem Mann, der für ihn wie ein Vater geworden ist. David glaubt, auf der Farm aufgewachsen zu sein. Sie ist seine Heimat, seine Welt.
    Jetzt bricht er auf, um eine verlorene Welt wiederzuentdecken: seine Eltern. Sie leben irgendwo hoch oben im Norden, wohin Homeworld Security sie verschleppt hat. Dort errichten sie im Schweiße ihres Angesichts ein neues Zuhause und warten darauf, dass David und die anderen Kinder - die übrigen fünfzig Dummköpfe, die anstelle von Lasteseln mit ihnen marschieren - zu ihnen zurückkehren. Die Eltern werden die Kinder mit offenen Armen empfangen. Die Kinder und ihre Gefährten. Es ist eine gute Entscheidung. Sie bewegen sich gegen den Strom. Der Winter wird die Menschen nach Süden treiben.
    Wolf, der sich für den Anführer des Marschs hält, lässt David und die übrigen Dummköpfe in dem Glauben, sie wären auf dem Weg zu ihren Eltern. Alles andere wäre eine unnötige Grausamkeit und eine große Dummheit. Die Dummköpfe brauchen den Glauben an ihre verschleppten Eltern, um sie anzutreiben. Dabei, ahnt Wolf und weiß Pasong, trennen sie
nur ein paar Schritte von ihrem wahren Vater: Michael Carmel. Er ist ihr Vater, ihre Mutter und ihr Gott. Er hat sie erschaffen, aus einer Eingebung heraus, deren Genialität er wahrscheinlich niemals erkennen wird.
    Carmel stapft keuchend und fahrig. Er ist unverletzt, aber nicht mehr der Jüngste. Er ringt mit dem, was geschehen ist. Carmel hat mit ansehen müssen, wie seine Smarties verbrannt sind. Die Kreaturen, die er für sein Meisterwerk hält, zäh, stark und klug. Smarties können am Land und im Wasser leben, ihre dicken Häute schützen sie vor Gewehrkugeln. Wenn nötig, überstehen sie Wochen ohne Nahrung. Was sie nicht überstehen, ist das Feuer, das ein in nächster Nähe explodierender Luftfisch entfacht. Die Smarties sind auf der Piste verbrannt, zusammen mit den klugen Wissenschaftlern. Die Smarties und die Wissenschaftler sind tot, und die Dummköpfe leben noch. Sie sind zäh und stark und zu dumm, als dass sie Träume hätten, an denen die Pillen hätten ansetzen können, die die Menschenfrau den Wissenschaftlern, Smarties und Dummköpfen hat zukommen lassen. Dummköpfe existieren im Augenblick, sie haben keine Fantasie, um sich einen anderen auszumalen. Deshalb leben sie noch. Deshalb, glaubt Pasong, werden sie überleben, sich vermehren und gedeihen. Nichts kann die Dummköpfe überraschen, geschweige denn erschüttern.
    Ob Carmel überlebt? Pasong wünscht es ihm. Wenn er überleben will, muss er von den Dummköpfen lernen, die Vergangenheit und die Zukunft, seine Träume vergessen und im Augenblick aufgehen.
    Schweigend marschieren sie, lassen New Providence hinter sich zurück. Der Atem der
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