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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II
Autoren: Robert Thurston
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bekommen zu haben, und jetzt gebe es keinen Ausweg mehr. Trotzdem verlangte und erhielt er eine zweite Testwiederholung. So etwas hatte es noch nie gegeben, und es war auch vergeblich. Wie zuvor lag ihr Testergebnis eine Winzigkeit unter dem Minimum für die Qualifikation.
    Ausnahmen wurden nicht gemacht.
    Wie mag sie ausgesehen haben, als sie in der Schlange stand?
    Ob sie, die sich immer von den anderen ihres Status unterschieden hatte, auf dem ganzen Weg bis zum Eingang der Kammer lächelte?
    Mehr als das, was ich aus dem widerstrebenden Claude Reynal herausholte, zuzüglich der paar Informationen, die ich mir durch andere Quellen beschaffte, hätte ich nicht erfahren, wenn nicht ein glücklicher Zufall eingetreten wäre. Während meiner letzten Tage in Atlantica Spa machte eine Tante Alicias väterlicherseits einen Überraschungsbesuch.
    Offensichtlich konnte Mr. Reynal sie nicht ausstehen, denn er fand ständig Ausreden, um ihr aus dem Weg zu gehen. So saß ich viele Stunden zu Füßen der schwatzhaften Frau, einer Erneuerten, die in ihrem zweiten Körper schon wieder alterte, und hörte mir den letzten Teil der Geschichte von Alicia I an.
    In der Erneuerungskammer löschte man das Bewußtsein der ersten Alicia endgültig aus. Der immer noch lebende Körper, zur leeren Hülle geworden, wurde durch eine Reihe von Röhren in die Inspektionskammer gesaugt. Dort zeichneten die Inspektoren mit rotem Stift die notwendigen Reparaturen an, und die als Chirurgen ausgebildeten Mechaniker kamen ihrer Aufgabe nach, Teile instandzusetzen oder auszutauschen.
    Andere Röhren beförderten die Hülle in die Nährkammer, wo man den Körper der ersten Alicia pflegte und ernährte, bis das alte Wrack, das ihn erben sollte, entweder starb oder gestorben wurde. Nach einer Reise durch wieder neue Röhren wurde die neue Bewohnerin der Hülle implantiert und angeschlossen.
    Schließlich trat die frühere Alicia unsicher aus dem Rekonvaleszentenhaus. Sie war jetzt Martina Skotch, die berühmte Kybernetik-Psychiaterin, die sich in ihrem neuen Leben einen Namen als Hauptdarstellerin in Fühlfilmen machte, bevor sie verboten wurden. Mit anderen Worten, sie machte von dem Körper der ersten Alicia den angemessenen Gebrauch. Funktional.
    Wenn die zweite Alicia darüber Bescheid gewußt hätte, was hätte sie bei einem Fühlfilm mit Martina Skotch empfunden?
    Hätte sie voll Haß gegen die Emotionen angekämpft, die der Film ihr aufzwingen wollte? Ich stellte sie mir vor, angeschlossen an eine Simulation der Nervenzentren Martina Skotchs, teilhabend an den Aufwallungen, die die Schauspielerin entsprechend dem Inhalt des Films in sich erzeugt hatte. Alicia, die mit Martinas Augen sah und mit ihren Händen berührte. Hätte Alicia in dem Teil ihres Bewußtseins, der auch während des Fühlfilms selbständig und unverändert blieb, darüber nachgedacht, daß diese Hülle, jetzt ein simulierter Teil ihrer selbst, einst ihrer Mutter gehört hatte?
    Daß sie in diesem Leib, der sich jetzt in Leidenschaft wand, einmal geborgen gewesen war? Abwegigere Fragen als diese sind Fühlfilmbesuchern schon mitten in einer Vorstellung durch den Kopf geschossen. Kein Wunder, daß man sie verbot, sagten ihre Gegner später.
    Hätte Alicia II für den als Opposex bekannten Nervenkitzel, bei dem die Frau in die Rolle des Mannes schlüpfte und umgekehrt, extra bezahlt? Dann hätte sie, zusammengeschaltet mit Aren Kral oder Steve Dimond oder welcher Schauspieler gerade zu der Zeit der Publikumsliebling war, sich die Hülle von Martina Skotch ansehen, ein paar Jahre abziehen (aber nicht die Gesamtzahl der Jahre seit dem Tod der ersten Alicia, weil Martina alles tat, um sich kosmetisch und chirurgisch jung zu erhalten) und die Schönheit ihrer Mutter studieren können.
    Vielleicht ihre eigene Schönheit an der Quelle.
    Aber Opposex wurde nach kurzer Blütezeit aufgegeben, und Martina Skotch verblaßte in ihrer Abgeschiedenheit. Das Publikum vergaß ihre Filme, die nicht einmal mehr für Vorführungen ohne Fühleffekte wieder aus der Mottenkiste geholt wurden. Wie ich hörte, waren Martinas Fühlfilme einfach fürchterlich, aber trotzdem bedauere ich manchmal, daß ich sie verpaßt habe. Die zwei oder drei Fühlfilme, die ich gegen Ende meiner ersten Lebensspanne sah, als sie für mich wenig praktischen Nutzen mehr hatten, waren meiner Meinung nach unvollkommen synchronisiert. Liebesszenen vermittelten nicht die richtigen Berührungen und Emotionen. Regentropfen trafen
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