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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II
Autoren: Robert Thurston
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schwierig für ihn.«
    Ich machte eine Pause und wartete darauf, daß er etwas sagte, zum Beispiel ja, ja, zu schwierig, aber er blieb stumm und blickte mich an.
    »Er versuchte, uns allen hindurchzuhelfen. Er riet mir – das fällt mir jetzt gerade ein, ich hatte es vergessen –, das Beste aus meinem Leben zu machen, zum Wohle der Menschheit zu wirken, alles zu tun, um die Ausbreitung von Intelligenz und menschlichem Mitgefühl zu fördern. Das hört sich für Sie wohl alles recht töricht an?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Er verwandte viel Zeit darauf, mir Ratschläge dieser Art zu geben. Im Alter wurde er ein bißchen senil. Mehr als ein bißchen. Dauernd drohte er mit Selbstmord. In seinen letzten Tagen wachte ich bei ihm und gelobte, mein Leben der Arbeit für die Menschheit zu weihen, ganz wie er es wünschte. Nach seinem Tod überwachte ich den Transport seiner Leiche zur nächsten Erneuerungskammer, und wenige Tage später kam die schlechte Neuigkeit.«
    »Schlechte Neuigkeit?«
    Ich glaube, er neigte sich noch einen halben Zoll weiter vor.
    »Ja. Sehen Sie, es war irgendein Fehler passiert, der vielleicht auf ihn selbst, vielleicht auf den Erneuerungsprozeß zurückzuführen war. Die Übertragung seiner Seele aus seinem natürlichen Körper in einen Konservierungsbehälter, wo sie hätte ruhen können, bis eine Hülle zur Verfügung stand, war mißlungen. Man schickte eine Nachricht, er könne nicht erneuert werden, wir würden ihn in keiner Gestalt mehr wiedersehen, er sei – wie es in solchen Fällen immer heißt – offiziell tot.«
    »Aha. Und das war die schlechte Neuigkeit?«
    »Ist das keine?«
    »Das kommt darauf an. Sie haben Ihre Mutter nicht erwähnt.«
    »Ja, also, das ist ein bißchen unerfreulich. Die Nachricht, mein Vater könne nicht erneuert werden, traf sie sehr schwer. Sie wurde nie wieder ganz sie selbst. Wie mein Vater reiste sie mit uns zu einigen neuen Orten, aber es war nicht das Gleiche. Es gab keinen, gar keinen Grund für das Umherziehen. Und als sie starb, unterschrieb sie den Antrag auf Erneuerung nicht. Sie weigerte sich, in einem neuen Körper wiedergeboren zu werden. Sie sei es ganz zufrieden, sagte sie, in ihrem alten zu sterben.«
    »Und auch das war eine schlechte Neuigkeit, wie?«
    »Natürlich.«
    »Hatte Ihr Vater geplant, zu seiner Familie zurückzukehren?«
    »Gesagt hatte er es, aber er war wirklich senil und benahm sich seltsam.«
    »Vermissen Sie ihn?«
    Reynal drehte den Spieß um und fragte mich aus, wie ich ihn in den letzten beiden Tagen ausgefragt hatte. Die Antwort machte mir Mühe.
    »Ob ich ihn vermisse? Ich glaube schon, ich habe seit Jahren nicht mehr darüber nachgedacht. Sein Tod und dann die Nachricht, er könne nicht erneuert werden, waren Schocks, die mich umwarfen, wie Sie sich vorstellen können.«
    »Ja, ich kann es mir vorstellen.«
    »Ich litt lange Zeit unter Depressionen. Monate. Aber vielleicht war es gut für mich. Ich tauchte mit einem festen Entschluß aus der Finsternis auf. Was ich mit meinem Leben auch anfangen würde, ich wollte es für ihn, für meinen Vater tun. Deshalb bewarb ich mich um einen Posten bei der Behörde für Erneuerungsforschung.«
    »Erneuerungsforschung, oh.«
    »Das hört sich an, als seien Sie enttäuscht.«
    »Ganz und gar nicht, aber vielleicht haben wir unterschiedliche Begriffe vom Wohl der Menschheit. Erhielten Sie den Posten?«
    »Nicht den, den ich wollte. In der Erneuerungsforschung selbst war keine Planstelle frei.«
    »Es gab sicher viel Andrang.«
    »Genau. Meine Empfehlungsschreiben verschafften mir eine Stellung in der Klon-Forschung, die tief unter der Erde in einem Forschungskomplex in Arizona betrieben wurde. Die amerikanische Regierung, die damals auf dem letzten Loch pfiff und paranoider war als je zuvor, hatte alle ihre Forschungs- und Entwicklungsinstitute unter der Oberfläche vergraben.«
    »Ich habe ein paar besichtigt. Viel später natürlich. Das Klonen hat mich immer interessiert, aber ich bin über die Forschungsergebnisse nicht auf dem laufenden geblieben.«
    »Ja, vielleicht, wenn wir mehr Erfolg gehabt hätten – ich erinnere mich nur noch daran, wie ich mich freute, an einem Projekt arbeiten zu dürfen, das sich in Übereinstimmung mit den Wünschen meines Vaters befand, und gleichzeitig aus der Häßlichkeit der Alltagswelt in eine saubere und sozial gesunde Umgebung fliehen zu können.«
    »Sie waren ein Eskapist wie Ihr Vater.«
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen.« Ich hätte
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