Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Alicia - Gefaehrtin der Nacht

Titel: Alicia - Gefaehrtin der Nacht
Autoren: Kerstin Michelsen
Vom Netzwerk:
angriffslustige Haltung ein. Seine Stimme klang für einen Salizaren überraschend hoch, giftig und verzweifelt zugleich. Ich beobachtete Alesh mit Argusaugen. Bei der ersten falschen Bewegung würde ich mich auf ihn stürzen, um Laurean beizustehen. Was dachte er denn, wie er sich ohne Reißzähne gegen den Fürsten der Salizaren im Kampf behaupten würde? Das Weihwasser würde er kaum verwenden, da die Gefahr zu groß wäre, dass er selbst damit in Berührung käme, oder wusste er vielleicht gar nicht, was er war? Im nächsten Moment zog Alesh ein Kreuz aus den Falten seiner Kutte, es ging jedoch so schnell, dass ich zuerst gar nicht begriff, dass diese Reliquie an einer Seite zugespitzt war wie ein Dolch. Mit einer geschmeidigen und kraftvollen Bewegung stieß er Laurean die Waffe in die Brust.
    «Nein, Alesh, er ist dein Vater», rief ich aus und warf mich zwischen die beiden, doch es war zu spät. Laurean sank bereits zu Boden, ich fing ihn im letzten Moment auf und so fielen wir zusammen, sein Kopf an meiner Brust.
    «Mein Vater? », höhnte Alesh und stellte sich über uns. «Mein Vater, der Fürst der Salizaren? Der mich den Mönchen als Sklave ausgeliefert hat?»
    «Das sind doch alles nur Lügen, die Desan erfunden hat, um sein eigenes Volk zu vernichten!», schrie ich. «Du bist unser … Alesh, du bist ein direkter Abkömmling des Salizarenfürsten. Dir ist Großes vorherbestimmt, wir hätten dir das niemals angetan!»
    «Ich glaube dir kein Wort, Menschenhure. Ich weiß, wer du bist! Und wer ist überhaupt dieser Desan, von dem du sprichst? Ich bin mit den anderen Sklaven bei den Mönchen aufgewachsen und sie haben mir jeden Tag erzählt, was Laurean mir angetan hat.»
    Alesh lüftete den Saum seiner Kutte und ich blickte voller Entsetzen auf seinen vernarbten, von zahllosen Schnitten verunstalteten Körper.
    «Es tut mir so leid», flüsterte ich , dann bettete ich Laureans leblosen Körper sanft auf den weichen Waldboden und erhob mich. «Davon haben wir nichts gewusst und als wir es erfuhren, da haben wir versucht dich zu finden…»
    «Dafür ist es jetzt zu spät. Du wirst sterben, Menschenhure, ihr alle werdet vernichtet werden, du kannst dich natürlich auch ergeben und den Mönchen zu Willen sein wie die anderen deines Stammes auch.»
    «Niemals», sagte ich. « Kein Salizar wird sich ihnen jemals ergeben. Es sind die feigen Morganthen, die den Mönchen dienen, um ihr jämmerliches Dasein zu retten. Sie sind nicht würdig, sich Blutdurstige zu nennen. Alesh, man hat dir nur Lügen eingetrichtert und damit deinen Hass geschürt. Du musst mir glauben! Wenn wir gewusst hätten, wo du bist, dann hätten wir dich längst befreit! Du musst uns helfen, nur du kannst die Salizaren retten und Orlathats Verbannung beenden. So lautet die Weissagung!»
    «Ich glaube dir kein Wort! Und ich bin kein Blutdurstiger, es ekelt mich davor! Halbtote Nagetiere oder räudige Hunde werfen sie ihren Sklaven vor. Ich hätte dieses Dasein längst verlassen und wäre bereitwillig in die Hölle hinabgestiegen, die sie mir immer gepredigt haben, aber dich nehme ich mit und den dort auch!»
    Alesh wandte sich um und deutete auf die Stelle, an der Laurean zu Boden gestürzt war, doch da war niemand mehr. Ich konnte es nicht begreifen, wo war Laurean hin, er hatte doch gelegen wie tot? Alesh zog einen weiteren kreuzförmigen Dolch aus der Kutte und wirbelte herum.
    «Du …», rief er und bewegte sich auf mich zu. Im nächsten Moment fiel Alesh wie ein gefällter Baum zu Boden, getroffen von etwas Großem, das fauchte und um sich schlug. Laurean! Er schlug die Reißzähne so schnell in Aleshs blassen Hals, dass dieser nicht einmal dazu kam, sich zu wehren, dann zuckten beide Körper kurz und blieben schließlich reglos aufeinander liegen. Ich heulte auf und fiel auf die Knie, wälzte Laurean zur Seite und erst als er auf dem Rücken ausgestreckt vor mir lag, da bemerkte ich voller Entsetzen, dass das Kreuz noch in seiner Brust steckte. Ich fasste den Schaft mit beiden Händen, doch die Schneide saß zu tief und fest, ich bekam sie nicht heraus, so kräftig ich auch zog und zerrte. Ein rotes Rinnsal sickerte aus Laureans Mundwinkeln. War es Aleshs Blut oder sein eigenes? Ich legte meine Wange an seine Brust, die reglos blieb und still. Der gleichmäßige Takt, der das Herz des Salizarenfürsten hatte schlagen lassen, war verstummt.
    Ich hob den Kopf und richtete meinen Blick auf Alesh. Die Augen waren weit geöffnet und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher