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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht
Autoren: Wolfgang Burger
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Einstellung des Verfahrens kein allzu großes Problem. Muriel Jörgensen hatte ihren Sohn nie offiziell als vermisst gemeldet. Mit etwas Bauchgrimmen konnte ich auch behaupten, sie habe seine Entführung nicht angezeigt. So war Frau Dr. Steinbeißer zwar konsterniert, unterschrieb aber schließlich die entsprechende Verfügung, da ich ihr versichern konnte, Mutter und Sohn seien wohlbehalten in Montenegro aufgetaucht und von der dortigen Polizei zweifelsfrei identifiziert worden.
    Die Einzige, die sich in der Sache unbestreitbar strafbar gemacht hatte, war Angelina Sereno, Ivas Freundin. Ohne ihre Hilfe wäre es Iva nie und nimmer gelungen, Tim über alle Grenzen hinweg in den Süden zu schmuggeln. In ihrem kleinen Skoda waren sie Ende September zu dritt nach Süden aufgebrochen. An den Grenzen hatten sie für Tim den Kinderausweis von Frau Serenos Sohn vorgezeigt, der ungefähr im selben Alter war und Tim mit etwas Mühe auch ein wenig ähnlich sah. Die Zöllner dieser Welt achten nämlich streng darauf, dass keine Kinder illegal über Grenzen verbracht werden.
    Auch der Verkauf des Jörgensenschen Anwesens verlief überraschend problemlos. Der Bedarf nach Immobilien scheint im Großraum Heidelberg unstillbar zu sein. Marie von Heerfeldt hatte das Objekt auf eine halbe Million geschätzt, und der Preis, den sie am Ende erzielte, lag sogar noch ein wenig höher.
    Anfangs telefonierte ich hin und wieder mit den beiden Müttern. Selbst an der Adria war das Wetter Ende November schlecht geworden, und jetzt regnete es dort fast noch mehr als bei uns. Dennoch waren die drei ein Herz und eine Seele.
    Auch mit Sven Balke ging es endlich wieder aufwärts. Er gähnte nicht mehr ständig, und sein Blick war hin und wieder so unternehmungslustig wie früher, in seinen wilden Zeiten. Sein Handy meldete plötzlich wieder häufiger den Eingang einer SMS zu den unpassendsten Zeiten. Er war wieder auf der Piste.
    An einem stürmischen Montagmorgen überraschte Klara Vangelis die halbe Polizeidirektion dadurch, dass sie handgeschriebene Einladungen zu ihrer Hochzeit verteilte. Mitte Januar würde das Fest steigen, natürlich in der Taverne ihrer Eltern in Dossenheim, die ich bei diesem Anlass endlich auch einmal kennenlernen würde. Eine Weile hielt sich das Gerücht, sie sei mit einem Kollegen verbandelt, aber schließlich stellte sich heraus, dass sie sich einen jungen Ladenburger Zahnarzt angelacht hatte.
    »Echo of a night« erreichte Platz eins in den deutschen Charts und schien sich dort eine Weile halten zu wollen.
    Die »Twins« hatten tatsächlich noch einen zweiten Auftritt in einem heruntergekommenen Jugendtreff im Norden Mannheims, der leider desaströs schlecht besucht war und in Streit und Tränen endete. In Französisch schrieben sie eine Zwei und eine Drei.
    Mitte Dezember begann es zu schneien, was man in Heidelberg nicht häufig erlebt. Aber noch bevor die Bewohner recht zum Schneeschippen kamen, taute es schon wieder, und die ungezählten Weihnachtseinkäufer packten wieder die Regenschirme ein und ließen die Wintermäntel zu Hause. Auch ich hatte begonnen, mir um Geschenke Gedanken zu machen. Für Theresa hatte ich eine CD gekauft, von der ich hoffte, dass sie ihr gefiel. Saxofon, was sonst. Einige der Stücke darauf hatten wir schon live in unserer neuen Wohnung gehört. Wegen der Geschenke für meine Töchter hatte ich wieder einmal Sönnchen um Rat bitten müssen.
    Noch immer war es uns nicht gelungen herauszufinden, woher das zweite Kind kam, das Adam Crocoll in seinem Garten begraben hatte. Vielleicht würde dieser Fall für immer ungelöst bleiben.
    Am zwanzigsten Dezember, inzwischen hatte ich längst neue Fälle im Kopf und auf dem Tisch, erhielt ich spät abends einen Anruf aus Montenegro, der dazu führte, dass ich am nächsten Vormittag noch einmal Hermann Jörgensen aufsuchte.

31
    Ich konnte seinen nahen Tod förmlich riechen. Das vor Wochen trotz der Krankheit noch breite, trotzige Gesicht war eingefallen, die Miene ohne Hoffnung, die Stimme kraftlos.
    »Was wollen Sie denn schon wieder?«, brummte er, als seine Pflegerin mich zu ihm brachte.
    Inzwischen musste er in seinem Rollstuhl angegurtet werden, um nicht herauszufallen. In die Nase führen zwei durchsichtige Schläuche, deren anderes Ende mit einer Sauerstoffflasche verbunden war. Aus seinem linken Mundwinkel lief ein dünner Speichelfaden. Leona ohne Nachnamen zückte ein kariertes Tuch und wischte ihn sorgfältig ab.
    »Es gibt da noch
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