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Alex Rider 08: Crocodile Tears

Alex Rider 08: Crocodile Tears

Titel: Alex Rider 08: Crocodile Tears
Autoren: Anthony Horowitz
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Reverend. Er sprach abgehackt und näselnd und hatte kleine, fast farblose Augen. Alex beobachtete, wie er zwischen McCain und den offenen Karten hin und her sah. »Ich weiß, dass Sie bluffen«, fuhr der Steuerberater fort. »Sie wollen uns nur Angst machen, damit wir aussteigen. Das funktioniert aber nicht.« Er schob seinen Haufen in die Mitte und die Chips vermischten sich mit denen von McCain. Der Berg war um rund zehntausend Pfund gewachsen.
    Insgesamt ging es jetzt um gut fünfundzwanzigtausend Pfund. Jeder Gedanke an Wohltätigkeit hatte sich verflüchtigt. Das Aufdecken einiger Karten würde zeigen, wem diese fantastische Geldsumme zustand.
    Alex sah auf sein eigenes Häufchen. Verglichen mit dem anderen wirkte es erbärmlich klein, dennoch schien McCains Einladung auch für ihn zu gelten.
    »Ich gehe mit«, sagte Alex.
    »Also gut, Leo!« McCain nickte dem Steuerberater zu. »Zeigen Sie, was Sie haben.«
    Der Steuerberater deckte seine beiden Karten auf. Unter den Zuschauern wurde beifälliges Gemurmel laut. Er hatte tatsächlich noch ein zweites Ass – das Karo-As s –, außerdem eine Pik-Zwei. Zusammen mit den offen daliegenden Karten konnte er zwei Paare bilden: Asse und Buben. Ein ausgezeichnetes Blatt. Um ihn zu übertreffen, brauchte McCain mindestens einen Drilling.
    Als Nächster wäre eigentlich Alex an der Reihe gewesen, aber McCain überging ihn.
    »Zu schade!«, frohlockte der Gastgeber, » Gott hat dich in meine Hand gegeben – wie es im ersten Buch Samuel, Kapite l 23 heißt.« Er beugte sich vor, um seine Karten aufzudecken, und das silberne Kruzifix an seinem Ohr leuchtete kurz auf. Einen Moment hielt er inne, dann drehte er sie nacheinander um.
    Die erste Karte war der Kreuz-Bube. Ein Drilling. Damit war der Steuerberater geschlagen. Doch dann kam erst der eigentliche Triumph. Als McCain die zweite Karte aufdeckte, kam der vierte Bube zum Vorschein – der Pik-Bube. Das Publikum tobte. Die Wahrscheinlichkeit, beim Texas Hold’em einen Vierling zu bekommen, liegt bei viertausendeinhundertvierundsechzig zu eins. McCain hatte unglaubliches Glück gehabt. Es grenzte an ein Wunder.
    Jetzt war Alex klar, warum McCain von zwei Paaren gesprochen hatte. Er hatte untertrieben, um die anderen ins Spiel zu locken. Die Taktik war aufgegangen, zumindest teilweise.
    »Ich habe die bösen Buben und damit haushoch gewonnen!«, brüllte McCain. Seine Augen glänzten vor Freude und er begann die Chips mit den Händen zu sich zu schieben.
    »Und meine Karten?«, fragte Alex ruhig.
    »Deine Karten?«, wiederholte der Reverend verständnislos. Er hatte völlig vergessen, dass Alex überhaupt da war. Wie um sich zu vergewissern, sah er noch einmal auf sein Blatt. Seine vier Buben konnte doch gewiss nichts schlagen, oder? Er entspannte sich. »Verzeihung, Alex«, sagte er. »Du wärst mit dem Aufdecken vor mir dran gewesen. Wir sehen uns deine Karten gerne noch an. Was hast du denn?«
    Alex wartete. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet, aber er wollte, dass McCain sich an diesen Moment erinnerte. Vielleicht nur deshalb, weil es ihn kränkte, übersehen zu werden.
    Dann drehte er seine Karten um. Zuerst die Herz-Acht. Dann die Herz-Zehn.
    Ein langes Schweigen folgte. Niemand wagte sich zu rühren. Die Herz-Sieben, die Herz-Neun und der Herz-Bube lagen bereits aufgedeckt auf dem Tisch. Mit ihnen hatte Alex einen Straight Flush, eine Straße in einer Farbe: Sieben, Acht, Neun, Zehn, Bube. Und nach den Pokerregeln schlägt ein Straight Flush einen Vierling.
    Alex hatte gewonnen.
    McCain, der immer noch die Hände um die Chips gelegt hatte, erstarrte. Alex blickte unverwandt auf den großen Haufen. Der Berg gehörte ihm! Er hatte soeben mehr Geld gewonnen, als er je in seinem Leben besessen hatte. Zugleich bereute er, was er getan hatte. McCain war sein Gastgeber. Es hätte sein großer Abend werden sollen. Stattdessen hatte er gerade rund fünfundzwanzigtausend Pfund an jemanden verloren, der erst mit seinem Geld in das Spiel hatte einsteigen können. Schlimmer noch. Ein unbekannter Vierzehnjähriger hatte ihn vor seinen Freunden und Gästen gedemütigt. Wie würde er darauf reagieren?
    Alex blickte auf. McCain starrte ihn über den Tisch hinweg an. In seinen Augen lag blanke Wut.
    »Tut mir lei d …«, begann Alex.
    McCain klatschte in die Hände, wie um den Bann zu brechen, lehnte sich zurück und begann dröhnend zu lachen. »Tja, Hochmut kommt vor dem Fall!«, rief er so laut, dass alle es hören konnten.
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