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Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion

Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion

Titel: Alex Delaware 25 - Tödliche Lektion
Autoren: Jonathan Kellerman
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zu stellen?«
    Er zuckte zusammen, als wären sämtliche Möglichkeiten grauenhaft. Dann nahm er den Silberling heraus und schob ihn wieder in eine Hülle aus durchsichtigem Plastik. Er machte sich nicht die Mühe, vorher Handschuhe anzuziehen; man hatte an der DVD bereits Fingerabdrücke gesichert und nur die von Elise Freeman gefunden.
    »Wohin willst du damit?«, fragte ich.
    Er drehte den Kopf hin und her. »Hast du Kaffee? Vielleicht auch einen Toast?«

2
    Wir verließen mein Haus mit zwei Plastikbechern schwarzem Kaffee und sechs Scheiben dick mit Butter bestrichenem Toast.
    Wenn Milo nachdenken, telefonieren, simsen oder schlafen will, bittet er mich manchmal zu fahren. Das verstößt zwar gegen die Dienstvorschriften des LAPD, aber das gilt für vieles. Er revanchiert sich für die Fahrtkosten, indem er mir hin und wieder in Bars einen ausgibt.
    Da er mit dem Toast beschäftigt war, bot ich an, meinen Seville zu nehmen. Er schüttelte den Kopf, verstreute Krümel und ging zu seinem neuesten Zivilfahrzeug, einem bronzefarbenen Chevrolet Malibu mit phlegmatischer Zündung. Während er auf dem Beverly Glen Boulevard in Richtung Norden fuhr, steuerte er mit einer Hand und stopfte sich mit der anderen Roggentoast in den Mund.
    Der Polizeifunk war ausgeschaltet. Der Burrito lag auf dem Rücksitz und erfüllte den Wagen mit seinem Duft.
    »Um deine Frage zu beantworten: eine totale Sauerei«, sagte er.
    »Das stand auf meiner Frageliste ganz unten. Wohin fahren wir?«
    »Dorthin, wo sie gestorben ist, nach Studio City.«
    »Dann ist die Polizei in West L.A. gar nicht zuständig, aber du bist trotzdem an dem Fall dran.«
    »Offiziell ist es nicht mal Mord, und trotzdem hab ich die Sache am Hals.«
    Der Unterschied zwischen einem erfahrenen Psychologen und einem Anfänger besteht darin, dass Ersterer weiß, wann er die Klappe zu halten hat.
    Ich lehnte mich zurück und trank Kaffee.
    »Vielleicht gibt’s dort eine Mikrowelle, in der ich den Burrito aufwärmen kann«, sagte Milo.
     
    Elise Freeman hatte in einem grünen, mit Dachpappe gedeckten Bungalow an einer schmalen, im Schatten von Bäumen liegenden Straße östlich des Laurel Canyon und nördlich des Ventura Boulevard gewohnt. So nahe an der Durchgangsstraße, dass der Verkehr zum Valley zu hören war, aber die Vegetation und größere Häuser verdeckten den Blick auf die urbane Umgebung.
    Der kleine, grüne Kasten stand am Ende einer langen, unbefestigten Auffahrt, die von einem Betonstreifen durchschnitten wurde. Eine graue Limousine parkte nahe der Haustür. Ein stattliches Auto, aber nicht groß genug, um die Schönheitsfehler des Bungalows zu kaschieren: die verwitterte, rissige Verschalung, die stellenweise bis aufs rohe Holz erodierte Farbe, die welligen Bretter, eine deutliche Schlagseite nach rechts, weil sich das Fundament abgesenkt hatte.
    Keine Absperrbänder weit und breit, auch keine Uniformierten, die den Tatort bewachten.
    »Wann wurde sie gefunden?«, fragte ich.
    »Letzte Nacht, von ihrem Freund. Er sagt, er hat vor drei Tagen mit ihr telefoniert, aber danach hat sie ihn nicht mehr zurückgerufen. Der Zeitrahmen von achtundvierzig Stunden passt auch zur Todeszeitschätzung des Rechtsmediziners. Vermutlich eher früher Morgen. Offenbar schmilzt Trockeneis nicht, es sublimiert  – geht also unmittelbar vom festen in den gasförmigen Zustand über  –, deshalb gibt es kein Restwasser, anhand dessen man den Abbau schätzen könnte. In einer Kühlbox liegt die Sublimationsrate bei zweieinhalb bis viereinhalb Kilo innerhalb von vierundzwanzig Stunden, aber bei normaler Raumtemperatur verdunstet es schneller.«
    »Wurden Eisbeutel zurückgelassen?«
    »Nein. Das ist ja das Problem.«
    Jemand hatte aufgeräumt.
    »Ist der Tatort noch intakt?«
    Er zog eine missmutige Miene. »Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir den Tatort anzuschauen, weil ich erst seit heute Morgen um halb sechs damit befasst bin, als mich der stellvertretende Polizeichef Weinberg aus einem selten schönen Traum gerissen hat. Zehn Minuten später wurden die DVD, der Schlüssel für das Haus und etwas, was gerade noch so als Ermittlungsakte durchgeht, per Bote zu mir nach Hause gebracht.«
    »Höchst konspirativ und nicht unbedingt die übliche Verfahrensweise«, sagte ich. »Klingt nach Befehl von ganz oben.«
    Er steuerte langsam die Auffahrt hinauf und musterte die Umgebung. Jede Menge Grün auf der linken, eine einstöckige Villa im Kolonialstil auf der rechten Seite.
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