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Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim

Titel: Alex Benedict 01: Die Legende von Christopher Sim
Autoren: Jack McDevitt
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natürlich die Gefahr, die ihnen allen drohte, begruben ihre alten Streitigkeiten und griffen in den Krieg ein. Doch da waren Christopher Sim und die Corsarius schon nicht mehr.
    Als die Dellacondaner und ihre Verbündeten nach Grand Salinas auf verzweifelt wenige Schiffe reduziert worden waren und die Hoffnung aufgegeben hatten, zog Sim die Überreste seiner Flotte zur Wiederinstandsetzung und Neubewaffnung nach Abonai zurück. Doch die Ashiyyur erkannten die Gelegenheit, ihren alten Feind zu vernichten, und bedrängten ihn hart; und die Dellacondaner bereiteten sich auf ein Gefecht vor, von dem sie sicher waren, daß es ihr letztes sein würde.
    Und dann, am Vorabend der Schlacht, geschah etwas, das eine bereits zwei Jahrhunderte anhaltende historische Debatte auslöste.
    Die meisten Darstellungen stimmten überein, Talino und die sechs anderen Mannschaftsmitglieder der Corsarius hätten, entmutigt und ohne Hoffnung auf Entkommen, ihren Kapitän zu überreden versucht, den selbstmörderischen Kampf aufzugeben und sich ihrem erbarmungslosen Feind zu ergeben, und, als er sich weigerte, ihn im Stich gelassen. Sie hätten angeblich eine Nachricht zurückgelassen, die ihn und den Krieg verdammte, und wären auf die Oberfläche von Abonai geflohen.
    Andere behaupteten, Sim habe, selbst von der Vergeblichkeit weiteren Widerstands überzeugt, seine Mannschaft zusammengerufen und sie von ihren Pflichten entbunden. Diese Version erschien mir immer unbehaglicher als die andere. Es ist wohl einfach, in einem warmen Zimmer zu sitzen und Taten zu verdammen, die unter extremem Zwang begangen wurden; doch irgendwie erscheint die Vorstellung, Talino und seine Gefährten hätten die Großzügigkeit ihres Kapitäns ausgenutzt und ihn in solch einem Augenblick im Stich gelassen, noch verächtlicher als die ehrliche Feigheit, sich in die Dunkelheit fortzustehlen.
    Wie es sich auch zugetragen haben mochte, dieses Ereignis war der Ursprung einer Legende: Sims Landung auf Abonai; der Zug durch die Bars und Nachtklubs dieses elenden Ortes; die Bitte um Hilfe an Fahnenflüchtige, Pflichtvergessene und Sträflinge, die zu dieser Grenzwelt geflohen oder getrieben worden waren; und letztendlich natürlich sein unsterblicher Ausfall mit ihnen gegen einen übermächtigen Feind.
    Es war eine Zeit, die für Größe geschaffen war. Jedes Kind in der Konföderation kannte die Geschichte der sieben namenlosen Männer und Frauen von dieser lebensfeindlichen Welt, die ihm folgten und damit in die Geschichte eingingen. Und wie sie ein paar Stunden später, während des letzten Gefechts mit den Ashiyyur, mit Sim starben und sich damit unauflöslich mit seiner Legende verbanden. Die meisten Forscher stimmten überein, daß sie Flottenerfahrung gehabt haben mußten, doch einige behaupteten, ein paar Techniker hätten es auch getan. Wie dem auch gewesen sein mochte, sie waren ein beliebtes Thema für Doktorarbeiten, Romane, die schönen Künste und Tragödien.
    Über Talino waren nur wenige Fakten bekannt. Geburt und Tod. Ingenieurdiplom, Universität Schenk, Toxicon. Hat den Kapitän im Stich gelassen. Keine Anklage erhoben, da es die Flotte, in der er diente, kurz nach der Tat nicht mehr gab.
    Ich rief Barcrofts impressionistische Tragödie Talinos ab. (Er fügte das s am Schluß hinzu, um dem Namen eine aristokratische Aura zu verleihen und des dramatischen Effekts wegen.) Ich wollte sie schnell Seite für Seite durchlaufen lassen, blieb jedoch im ersten Akt hängen. Das überraschte mich, denn normalerweise interessiere ich mich nicht besonders für das klassische Theater.
    Talino wurde von einem langgliedrigen, bärtigen Simulat von beträchtlicher physischer Präsenz als getriebene, melancholische Gestalt dargestellt. Er wird von Haß auf die Ashiyyur verzehrt, und auf die mächtigen Welten, die blindlings abwarten, während die kleine Flotte der Verbündeten allmählich zur Machtlosigkeit aufgerieben wird. Seine Loyalität für Christopher Sim und seine Leidenschaft für Inaissa, die junge Braut, deren Ehe niemals Frieden gekannt hat, treiben die Handlung voran. Das Drama spielt am Vorabend des sich zuspitzenden Gefechts vor Rigel.
    Sim hat die Hoffnung auf persönliches Überleben aufgegeben, will jedoch seine Mannschaft retten. Er will die Corsarius allein hinausführen, die Schläge verteilen, die er kann, und einen Tod hinnehmen, der die Menschenwelten vielleicht aufrütteln wird. »Wenn nicht«, sagt er zu Talino, »wenn sie immer noch nicht
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