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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache
Autoren: Cayla Kluver
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gegenüber verhalten sollte. Vielleicht hatte er Lady Tanda nicht in Verlegenheit bringen wollen.
    Dann hielt ich aus alter Gewohnheit nach Steldor Ausschau und erwartete eigentlich, ihn allein zu sehen. Doch ich hätte wissen müssen, dass er von Vätern und ihren Töchtern umringt sein würde, denn die Annullierung unserer Ehe hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, und nun galt er wieder als einer der begehrtesten Junggesellen des Landes. Früher hätte er bei dieser Gelegenheit unverbesserlich kokettiert, doch nun staunte ich, als ich merkte, dass sein Blick auf mir ruhte. Er grinste und schüttelte den Kopf, woraufhin ich laut auflachte, auch wenn niemand in meiner Nähe das Amüsante der Situation verstanden hätte. In vielerlei Hinsicht kehrte das Leben in seine normalen Bahnen zurück, doch ich spürte, dass darin noch etwas fehlte.
    Nach einer Weile wurde es stickig im Saal, und die offenen Balkontüren lockten mich hinaus in eine willkommene Abendbrise. Ich durchquerte also den Ballsaal und trat auf den nur schwach beleuchteten Balkon hinaus. Diesmal erschrak ich nicht wie damals, als ich bemerkte, dass ich nicht allein war. Narian lehnte mit dem Rücken am Geländer. Seine Hände ruhten links und rechts von ihm auf dem dunklen Holz. Die hypnotisierend blauen Augen waren auf mich gerichtet.
    »Guten Abend, Lord Narian«, sagte ich höflich, trat neben ihn, um auf die Stadt hinunterzublicken, und spürte, wie mein Herz schneller schlug.
    »Guten Abend, Großherzogin Alera«, erwiderte er mit einem angedeuteten Lächeln und neigte respektvoll den Kopf. Dann drehte er sich zu mir und ließ dabei einen Unterarm auf dem Geländer liegen.
    »Wollt Ihr wieder einmal der Menschenmenge dort drinnen entfliehen?«, fragte er und wiederholte damit die Worte unserer ersten richtigen Unterhaltung auf eben diesem Balkon.
    »Vielleicht«, antwortete ich lächelnd und freute mich, dass er jene Nacht offenbar noch ebenso gut in Erinnerung hatte wie ich. »Und Ihr?«
    »Ich konnte die Einladung Eurer Schwester nicht ausschlagen«, erwiderte er lässig, obwohl seine Blicke mich zu durchbohren schienen. »Das war sehr großherzig von ihr. Aber ich glaube, dass die Menschen in Hytanica noch nicht so weit sind, mich mit offenen Armen zu empfangen. Und ehrlicherweise kann ich das auch nicht von ihnen erwarten.«
    »Ich vermag nicht für alle zu sprechen«, antwortete ich leichthin, und nun hämmerte mein Herz schon so laut, dass ich meinte, er müsse es hören. »Nur für mich selbst.«
    Das Lächeln erschien wieder flüchtig, dann schaute er weg, von mir zu den winzigen Lichtern der Laternen in der Stadt.
    »Ich habe gehört, dass Eure Ehe annulliert wurde«, bemerkte er mit ruhiger, nüchterner Stimme.
    »Steldor war nicht der Mann, den ich zu heiraten wünschte«, murmelte ich und versuchte, ihm so zu verstehen zu geben, wie sehr mein Herz sich die ganze Zeit über nach ihm gesehnt hatte.
    Er rührte sich nicht, sondern starrte nur weiter in die Dunkelheit. Ich konnte nicht erraten, woran er dachte. Mit einem tiefen Seufzer drehte er sich endlich zu mir um.
    »Ich bin nicht mehr derselbe.«
    »Auch ich bin nicht länger dieselbe.«
    »Und was bedeutet das für uns?«
    Ich streckte die Hand aus und legte sie auf seine. Dann verschränkte ich meine Finger mit seinen und lud ihn zu einer Berührung ein, die er wohl nicht gewagt hätte.
    »Vielleicht die Gelegenheit, noch einmal von vorn zu beginnen«, sagte ich leise und unterdrückte ein Zittern in meiner Stimme, das meine Bewegtheit verraten hätte.
    »Das würde ich gern, Alera«, sagte er und hielt trotz der Trauer und dem Bedauern, das aus seinen Worten klang, weiter meine Hand. Dann richtete er sich auf, als wolle er gehen. Als er meine verwirrte Miene bemerkte, erklärte er mir: »Du solltest dir Zeit nehmen, um herauszufinden, was du willst. Ich werde hier sein, falls du meine Nähe möchtest.«
    »Ich weiß schon so lange, was ich möchte«, versicherte ich ihm beinahe atemlos.
    Er streckte die Hand aus, um mir zärtlich über die Wange zu streichen, und ich suchte den Blick seiner tiefblauen Augen. Dort fand ich die Liebe, von der ich immer gewusst hatte, dass sie da war. Ich brauchte keine weitere Einladung, sondern machte einen Schritt in seine Arme. Ich schmiegte mich an seine kräftige Brust und sein Duft nach Leder, Kiefern und Zedern umfing mich. Er hielt mich fest, dann hob er mein Kinn, um mich sanft zu küssen. Als die Wärme seines Kusses mich erfüllte,
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