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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache
Autoren: Cayla Kluver
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Gegenwart miteinander zu verknüpfen. Einige Zeit saß ich reglos auf dem Sofa und beachtete meinen Gast absichtlich nicht. Da kam das Tierchen nach und nach näher. Als Kätzchen schließlich auf das Kissen neben mir sprang, hielt ich so still wie möglich, wagte kaum zu atmen und ließ ihn mich inspizieren. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als es schließlich vorsichtig auf meine Knie kletterte und sich endlich zufrieden in meinem Schoß einrollte. Nach einigen Augenblicken wagte ich, sein weiches Fell behutsam zu streicheln. Als es daraufhin schnurrte, empfand ich das als ungemein tröstlich. Immerhin würde ich also nicht ganz allein wohnen.
    Es dauerte einige Tage, aber langsam kehrten die Bewohner in ihre Häuser oder das, was davon noch übrig war, zurück. Galen, den Cannan ausgesandt hatte, die Evakuierung anzuführen, brachte Tiersia mit. Die beiden waren unbeschreiblich glücklich, einander wiederzuhaben. Er hatte auch seine Mutter und seine Zwillingsschwestern wiedergefunden und nahm sich die Zeit, ihnen beim Wiedereinzug in den Stammsitz der Familie zu helfen, wo es zum Glück nur wenige Schäden zu verzeichnen gab. Cannan brachte Faramay vorläufig im Palast unter, weil er meinte, das in der Stadt herrschende Chaos würde ihre Nerven nur weiter zerrütten. Steldor schien noch nach einem anderen vertrauten Gesicht zu suchen. Von Cannan unbemerkt hatte er nach einem weiteren Familienmitglied Ausschau gehalten, als er den Zug der Rückkehrer entlanggeritten war.
    »Hast du Baelic irgendwo gesehen?«, fragte er, als er mit langen Schritten in den Palast kam und mir dort zufällig in der Großen Halle begegnete.
    Entsetzt starrte ich ihn an, weil mir klar wurde, dass er noch nicht vom Tod seines Onkels wusste. In all dem Durcheinander hatte ihm niemand die schreckliche Wahrheit enthüllt. Bevor ich eine Antwort formulieren konnte, trat Cannan aus dem Vorzimmer, und Steldor wiederholte seine Frage, diesmal an ihn gerichtet.
    »Ich konnte Baelic nirgends finden«, wiederholte er und runzelte bereits die Stirn. In seiner Stimme war ein leises Zittern, denn schließlich konnte jeder im Verlauf der Kämpfe gefallen sein. Auf das, was Cannan ihm gleich mitteilen würde, war er dennoch in keinster Weise gefasst.
    »Steldor, komm für einen Moment mit mir«, sagte der Hauptmann und streckte die Hand nach dem Arm seines Sohnes aus. Doch der Ton war zu sanft, zu mitleidig, und Steldor, der auf einmal begriff, zuckte vor ihm zurück.
    »Was ist passiert?«, verlangte der junge Mann zu wissen, und sein Atem beschleunigte sich. »Wo ist er? Sag es mir sofort!«
    Vor lauter Angst und Schrecken ging sein Temperament mit ihm durch, aber Cannan reagierte sehr ruhig darauf.
    »Komm einfach mit mir, dann erkläre ich dir alles.« Als sein Sohn ihn nicht ansah, fügte er noch hinzu: »Steldor, du musst das erfahren.«
    »Sag mir nicht, dass er tot ist«, rief Steldor, aber es klang mehr wie ein Flehen. »Sag das nicht, sag nicht, dass er tot ist.«
    Cannan antwortete nicht, sondern legte nur eine Hand auf den Rücken seines Sohnes, um ihn in sein früheres Dienstzimmer zu führen. Ich stieg die Prunktreppe hinauf, unfähig dort unten auszuharren. Mir graute davor, was Steldor gleich erfahren würde, und ich erinnerte mich daran, wie es sich bei mir angefühlt hatte. Dabei wusste ich, dass es ihn noch viel mehr schmerzen musste als mich. Ich lief bis in den zweiten Stock hinauf und betrat Londons Zimmer. Dort setzte ich mich an sein Bett. Halias begab sich, sichtlich dankbar für die Ablösung, sofort auf den Flur hinaus.
    Bei London zu sitzen, war fast so, als wäre man allein. Aber wenigstens konnte ich ihm dabei nahe sein und mir einreden, er wäre nicht nur rein körperlich anwesend. Der Schmerz quälte ihn nicht mehr, und er schien friedlich zu schlafen, aber er kam einfach nicht zu sich. Die Hohepriesterin besuchte ihn täglich, aber es gab nichts, das sie noch für ihn hätte tun können. Körperlich schien er erholt, doch sein Geist weigerte sich offenbar, in sein Bewusstsein zurückzukehren. Auch ich bemühte mich, jeden Tag eine gewisse Zeit bei ihm zu verbringen, und las ihm oft vor, weil ich hoffte, der Klang meiner Stimme könne ihn vielleicht wecken.
    Nach einigen Stunden ließ ein Klopfen an der Tür mich hochschrecken. Ich antwortete nicht, hörte aber kurz darauf, wie die Tür aufging und erwartete, sogleich jemand neben mir zu finden, doch weil der Besucher offenbar auf der Schwelle stehen
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