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Alera 02 - Zeit der Rache

Alera 02 - Zeit der Rache

Titel: Alera 02 - Zeit der Rache
Autoren: Cayla Kluver
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etwas Gutes abzugewinnen.
    Ich hatte Cannan nicht hereinkommen gehört, aber er machte sich bemerkbar, indem er sich räusperte.
    »Sie sind da, Alera. Alle erwarten Euch in der Versammlungshalle.«
    Ich erhob mich und ging ihm entgegen. Er deutete eine Verbeugung an.
    »Dinge lassen sich ersetzen«, sagte er und ließ die Augen durch den Saal schweifen. »Aber die Brutalität des Overlord, werde und kann ich niemals vergessen. Mit diesen Erinnerungen muss ich bis an mein Ende leben. Aber dennoch weiß ich die Chance zu schätzen, die die Hohepriesterin uns gewährt hat. Und ich glaube, dass Ihr die richtige Entscheidung getroffen habt. Wir haben viel verloren, Alera. Und wir werden noch lange trauern, aber dann werden wir den Wiederaufbau angehen. Und zwar zu Ehren derjenigen, die ihr Leben lassen mussten.«
    Nachdem wir am Abend alle gemeinsam als Gäste der Hohepriesterin gespeist hatten, musste ich noch mit Steldor sprechen. Ich war froh festzustellen, dass er im Laufe der letzten Woche, in der ich ihn nicht gesehen hatte, fast wieder ganz der Alte geworden war. In seinen Augen war wieder Lebenslust zu erkennen. Gemeinsam begaben wir uns in mein Arbeitszimmer. Dort konnten wir ungestört miteinander reden, außerdem war der Raum nicht so schlimm beschädigt wie die anderen Räumlichkeiten im Erdgeschoss. Familie und Freunde blieben zurück, um das Wiedersehen zu feiern.
    Ich schaute auf den östlichen Innenhof hinaus, dessen Brunnen wundersamerweise unversehrt war, obwohl rundherum alles wie umgepflügt und von Tausenden Stiefeln zertrampelt war. Dann erklärte ich ihm das Abkommen mit der Hohepriesterin und hoffte, er würde es nicht so verstehen, dass ich damit seine Macht an mich gerissen hatte. Er stand neben mir am Fenster, hörte mir aufmerksam zu, zeigte jedoch, selbst nachdem ich fertig war, eine ganze Zeit lang keinerlei Reaktion.
    »Ich bin nicht mit der Erwartung hierher zurückgekehrt, weiterhin König zu sein, Alera«, sagte der endlich. Dabei lächelte er zwar nicht, aber aus seiner Stimme klang auch keine Verärgerung.
    »Du wirst immer ein König bleiben«, erinnerte ich ihn an die hytanische Tradition. Einmal König, immer König .
    »Glaub mir, dir steht die Krone besser als sie mir jemals gestanden hat.« Nachdem er mein verwirrtes, furchtsames Gesicht sah, erklärte er weiter. »Ich bin eigentlich Soldat, Alera. Mir steht es besser an, Beschützer zu sein als Schutzbefohlener. Damit bin ich bedeutend glücklicher.«
    Seine Augen versenkten sich in den meinen und blickten auf einmal voller Zärtlichkeit. Da wusste ich, dass er mir noch mehr zu sagen hatte.
    »Halias hat uns berichtet, was sich auf der Lichtung zugetragen hat. Es tut mir leid, was du ertragen musstest, denn eigentlich wäre es an mir gewesen, das auf mich zu nehmen. Und was Narian angeht … manches lässt sich niemals vergessen, aber ich werde ihm auf alle Fälle für das danken, was er für dich getan hat.«
    Er streckte die Hand aus und wickelte eine meiner kurzen Haarsträhnen um seinen Finger. Es war eine mir vertraute liebevolle Geste. Plötzlich hielt er inne und schaute auf seine Hand.
    »Ich denke, den sollte ich jetzt dir geben«, überlegte er laut, zog sich den Königsring vom Finger und hielt ihn mir hin.
    »Und ich habe etwas, das dir gehört«, erwiderte ich, nahm den Ring entgegen und streifte dann den Talisman in Form eines Wolfskopfes von meinem Hals.
    »Ich hatte mich schon gefragt, was daraus geworden ist«, sagte er erfreut. »Ich danke dir.«
    Einen Moment lang musterte er den Anhänger, dann zog er sich noch den Ehering vom Ringfinger seiner linken Hand und presste ihn in meine Handfläche. Verblüfft rang ich um eine Antwort, aber er legte mir einen Finger auf die Lippen und gebot mir auf diese Weise zu schweigen.
    »Unsere Ehe war ein Zweckbündnis«, erinnerte er mich, obwohl die Trauer in seiner Stimme unüberhörbar war. »Und nun erfüllt sie keinen Zweck mehr, nicht wahr?«
    Er strich mir über die Wange, schien den Moment in sich aufzunehmen, drehte sich um und ging.
    »Aber … wie?«, stammelte ich, immer noch völlig perplex.
    Er hatte bereits den halben Raum durchquert, drehte sich aber, die Hand auf dem Schwertknauf, noch ein letztes Mal zu mir um.
    »Eigentlich ist es fast komisch. Die einzige Grenze in unserer Ehe, die ich nicht überschritten, sondern stets respektiert habe, ist nun der Schlüssel zu ihrer Auflösung. Wir haben nie das Lager geteilt, unsere Verbindung niemals vollzogen. Und
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