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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Autoren: Ann Benson
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verloren und wärt niemals hierher zurückgekehrt, um Euer eigenes Leben zu retten. Ihr wolltet, daß diejenige leben sollte, die Ihr liebtet, aber Eures war das Leben, das gerettet werden sollte, und indem Ihr lebt, werdet Ihr bezahlen, was Ihr schuldig seid. Es ist noch vieles für Euch zu tun. Gott ist nicht mit Euch fertig.«
    Sie streckte die runzligen Hände aus und sagte: »Kommt. Ich will Euch ein letztes Mal den Weg zeigen.« Er reichte ihr beide Hände; er hätte nicht sagen können, ob er ihre Haut fühlte oder nur die Vorstellung davon, doch das war ihm gleich, denn beides war ein Trost. Er konnte das Schlagen ihres Herzens hören, als ströme ihr Blut durch ihn, und langsam und unter Schmerzen begann er aufzustehen.
    Ganz plötzlich zog sie ihn mit großer Kraft hoch und zwang seine Beine, ihr zu gehorchen. Die alte Frau flog vor ihm her, und er folgte dicht dahinter, noch immer ihre knorrige Hand haltend. Er konnte nicht spüren, ob seine Füße den Boden berührten, aber er wußte, daß er lief, aus aller Kraft vorwärtsstürmte.
    Die Gespenster erhoben sich alle gleichzeitig und protestierten laut gegen seine Flucht. Matthews und Alderon machten sich an seine Verfolgung und mühten sich ab, die alte Frau einzuholen, die mit unerklärlicher Schnelligkeit mit ihrer Beute davoneilte. Alejandro schaute zu den beiden zurück, als sie alle auf das Tor aus den zwei Eichen zujagten, und er sah, daß alle fünf Soldaten und die verbrannten Juden sich der Jagd angeschlossen hatten und schnell näher kamen. Nur Hernandez blieb zurück und sah traurig der sich entfernenden makabren Parade nach.
    Das Klappern der Pfeile kam näher, und Alde- rons fauler Atem wehte Alejandro warm in den
    Nacken. »Schaut nicht zurück!« rief Mutter Sarah. »Die Vergangenheit wird Euch nichts nützen!«
    Gerade als die Geister seiner Mißerfolge über ihn herfallen wollten, hörte er Mutter Sarah rufen: »Lebt wohl, und möge Gott Euch beschützen!« Dann wurde er heftig zwischen den Eichen hindurchgeschleudert, als stoße ihn der Schoß der Erde persönlich aus; der frische Wind traf sein Gesicht wie ein Guß kalten Wassers, und er wußte, daß er auf der anderen Seite war.
    Kate stand da und starrte bestürzt auf den nassen Fleck auf dem Boden der Hütte, wo die gelbliche Flüssigkeit in der Erde versickerte. Der Arzt hatte in seinem Delirium um sich geschlagen und ihr die Schüssel aus den kleinen Händen geschleudert; entsetzt beobachtete sie, wie die Hälfte der noch verbliebenen Medizin verlorenging.
    Er würde wissen, was zu tun war, aber sie konnte ihn nicht wecken; er war weit jenseits allen Bewußtseins und ließ sich nicht zurückrufen. Sie würde einfach ohne seine Hilfe ihr Bestes tun müssen. Also bückte sie sich und kratzte die nasse Erde in die Schale. Nachdem sie flüsternd um Erfolg gebetet hatte, preßte sie seine Nasenflügel zusammen, wie sie es die Nurse bei kleinen Babys hatte tun sehen, die irgendeine übel schmeckende Medizin brauchten, und zwang ihn, die Lippen weit genug zum Atmen zu öffnen. Mit der anderen Hand faßte sie den ganzen Klumpen Schlamm und steckte ihn ihm in den offenen Mund.
    Er würgte und spuckte und versuchte, die Masse wieder von sich zu geben, aber sie drückte auf sein Gesicht, wie er es ihr gezeigt hatte, und bedeckte dabei auch seine Nase. Er würde schlucken oder ersticken müssen.
    Er hielt fast zu lange durch, denn sie war am Ende ihrer Kraft, aber sie drückte weiter, so gut sie konnte, und flüsterte unter angstvollen Tränen: »Doktor, ich schulde Euch ein Leben ...«
    Endlich schluckte er, und sie brach, vor Erleichterung weinend, auf seiner heftig atmenden Brust zusammen.
    Das Dienstmädchen, das in ihren letzten Lebenstagen für Kates Mutter gesorgt hatte, war ein seltsamer und erheiternder Anblick, denn es hatte die feinen Gewänder seiner toten Herrin angelegt. Die zarten Kleider der zierlichen Frau, der sie gedient hatte, waren für ihre kräftigen Formen viel zu eng, doch sie hatte ihren üppigen Körper mit Gewalt hineingezwängt. Mit ungeübter Hand hatte sie auch die Schminkutensilien ihrer Lady benutzt, was ihr ein lächerliches, clownhaftes Aussehen gab.
    Und so war sie, wie sie jetzt unsicher auf dem kleinen Pferd der Lady durch die Straßen Londons paradierte, in der Tat ein bizarrer Anblick. Doch aus der Ferne wirkte sie wie eine achtbare Frau, die vielleicht ihren Geschäften, einer Besorgung oder einem Besuch nachging, und Sir John Chandos hielt seine Truppe
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